Leverkusener MüllverbrennungCurrentas Katastrophen-Anlage geht wieder in Betrieb

Lesezeit 3 Minuten
Sondermüllverbrennung Bürrig_001

Die Bürriger Sondermüllverbrennungsanlage geht wieder in Betrieb.

Leverkusen – Currenta nimmt bereits am Samstag, 11. Juni, die vor knapp elf Monaten havarierte Sondermüllverbrennungsanlage in Leverkusen-Bürrig wieder in Betrieb. Das teilte der Chempark-Betreiber am Freitag schriftlich mit.

Currenta schafft Fakten

Erst am Mittwoch wurde das von der Bezirksregierung angeordnete Gutachten der Sachverständigen um Anlagensicherheits-Experte Christian Jochum veröffentlicht. Dieses war Voraussetzung, um die Müllverbrennung in Bürrig überhaupt wieder in Betrieb nehmen zu dürfen. Mit der Veröffentlichung verbunden war eine Einladung an die Bevölkerung, bei einer Bürgerversammlung am 23. Juni in Wiesdorf, sowohl den Gutachtern als auch Vertretern von Currenta Fragen zur Wiederinbetriebnahme der Katastrophen-Anlage zu stellen. Doch Currenta möchte offensichtlich nicht auf den Austausch mit der breiten Öffentlichkeit warten – und schafft Fakten.

„Wir können verstehen, dass die Wiederinbetriebnahme der Sonderabfallverbrennungsanlage in Bürrig Erinnerungen wachruft und Sie vielleicht sogar verunsichert", schreibt Currenta in einem Brief, den am Donnerstag Nachbarinnen und Nachbarn des Chemparks erhalten haben. „Daher möchten wir ihnen versichern, dass wir uns in den vergangenen zehn Monaten intensiv mit dem Thema beschäftigt haben."

Auf Nachfrage, warum nicht bis nach der Bürgerversammlung gewartet wird, schreibt ein Currenta-Sprecher: „Currenta nimmt die Fragen, Sorgen und Ängste der Anwohnerinnen und Anwohner sehr ernst. Daher werden wir die Öffentlichkeit über jeden weiteren Schritt bis zur vollständigen Wiederinbetriebnahme offen, umfassend und transparent informieren.“ Auch der Begleitkreis unter Leitung von Christian Jochum werde weiterarbeiten, um die Belange der Nachbarinnen und Nachbarn weiter zu wahren und ein nachhaltiges Format für mehr Beteiligung zu schaffen. Alle Bürgerinnen und Bürger seien dazu eingeladen, im Begleitkreis mitzuarbeiten.

Was der Sprecher nicht erwähnt, aber auch kein Geheimnis ist: Die Unternehmen im Chempark haben einen Entsorgungsnotstand, müssen ihre chemischen Abfälle aktuell in großen Mengen anderweitig entsorgen. Das kostet viel Geld und ist aufwendig. Die gesamte chemische Industrie in der Region sehnt sich daher nach einem schnellen Neustart der Müllverbrennung in Bürrig.

Sondermüllverbrennung Bürrig_002

Schon am Donnerstagabend stieg Rauch aus dem Schornstein der Bürriger Sondermüllverbrennung auf.

„Zunächst wird nur die erste von insgesamt vier Verbrennungslinien wieder angefahren. Dort wird dann ein stark eingeschränktes Abfallspektrum nach engen Vorgaben entsorgt“, schreibt Currenta in seiner Mitteilung am Freitag. Die möglichen Ursachen des Explosionsereignisses am 27.Juli 2021 seien im Sicherheitskonzept berücksichtigt, „um eine Wiederholung des tragischen Ereignisses auszuschließen“. Sieben Menschen waren bei der Explosion des Tanklagers der Anlage gestorben, mehr als 30 weitere wurden verletzt. Die strafrechtliche Aufarbeitung durch die Staatsanwaltschaft dauert an, vier Personen stehen im Interesse der Ermittler.

Die weiteren Schritte des Konzepts zur sicheren Wiederinbetriebnahme würden durch externe Sachverständige überwacht, um für ein zusätzliches Maß an Sicherheit zu sorgen, heißt es von Currenta.

„Auf der Grundlage der vorliegenden Prüfergebnisse bestehen keine sicherheitstechnischen Bedenken, die Anlage in dem jetzt vorgesehenen Umfang wieder in Betrieb zu nehmen“, schreibt eine Sprecherin der Kölner Bezirksregierung auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Eine gesonderte Genehmigung für das neuerliche Anfahren der Anlage brauchte es nach ihren Angaben zufolge nicht. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung aus den 1970er Jahren sei dafür ausreichend.

31 flüssige Abfälle sind zur Verbrennung zugelassen

Die Bezirksregierung habe am Donnerstag lediglich zusätzliche Anforderungen an die Anlage und ihren Betrieb gestellt. Diese ergeben sich aus dem Jochum-Gutachten: So sind aktuell nur 31 flüssige Abfälle zur Verbrennung zugelassen. Diese dürfen weder beheizt noch in den Tanks gelagert werden. Sich selbst zersetzende Abfälle – solche gelten als Ursache für die Explosionskatastrophe – sind derzeit ausgeschlossen. Auch Kontrolluntersuchungen hat die Bezirksregierung angeordnet.

Das könnte Sie auch interessieren:

In einer Mitteilung spricht die Bezirksregierung von „höchsten Sicherheitsauflagen“ für die Bürriger Anlage. Sie werde die Einhaltung der Maßnahmen schon vor Wiederinbetriebnahme der Müllverbrennung „kurzfristig vor Ort überprüfen und auch künftig den Sicherheitszustand der Anlage sowie die Einhaltung der Vorgaben engmaschig überwachen“.

KStA abonnieren