Museum MorsbroichWas die neue Ausstellung von Mischa Kuball in Leverkusen bietet

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Es flirrt  im ganzen Raum: Mischa Kuball liefert nicht nur mit seiner Installation  „Five Planets“ Bezüge zum Zeitgeist.

Leverkusen  – Fragen sind es, die unsere Welt derzeit vor allem bestimmen. Fragen – und die Notwendigkeit, angesichts von Problemen wie etwa dem Klimawandel oder dem spürbaren Rechtsruck in der Gesellschaft, etwas zu tun. Aufzubegehren. Solidarität zu zeigen. Insofern ist die von Mischa Kuball bestrittene Ausstellung im Museum, die nun eröffnet, trotz der Tatsache, dass sie ein Wirken der vergangenen etwa 30 Jahre umfasst, eine brandaktuelle.

Weil es Mischa Kuball seit jeher darum geht, auf drängende Fragen hinzuweisen und die Menschen zum Nachdenken nicht explizit über die Kunst – seine Kunst – zu bringen, sondern zum Reflektieren des eigenen Lebens und Lebensentwurfes.

Oder wie er selbst es sagt: „Ich bin keiner, der eine Bühne für sich will. Ich möchte am liebsten Dinge in Gang bringen, die dann ohne mich weitergeführt werden. Ich sehe mich als Katalysator.“

„Leverkusen Transfer“ als Mittelpunkt

Das zeigte Mischa Kuball ja schon 2017 in der Stadt mit seiner Installation „Leverkusen Transfer“, die quasi Dreh- und Angelpunkt der neuen Schau namens „Referenzräume“ ist: Damals war das Museum höchst umstritten, drohte aus reiner, schnöder Wirtschaftlichkeit geschlossen zu werden und geriet in eine Diskussion, in der es nicht einen Deut um Kunst ging. Nur um Profitabilität.

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Kuball nimmt  das Museum für sich ein, wie dies lange keiner  mehr vor ihm schaffte,  und liefert eine Schau, die in jedem Detail auf der Höhe der Zeit ist. 

Kuball legte damals eine Art Teppich mit dem Grundrisse des Schlosses in die City, ließ die Menschen drüberlaufen und ihre Spuren hinterlassen – und überführte die Installation danach wieder zurück nach Morsbroich. Sprich: Er brachte das Museum als Ort der Kunst hinaus zu den Menschen – und die Menschen symbolisch ins Museum. Ein Bild mit politischer Wucht.

„New Pott“ über eine Etage

Ebenso wuchtig wie seine Arbeit „New Pott“, die nun über die gesamte obere Etage des Schlosses gezeigt wird: Kuball ließ 100 im Ruhrgebiet lebende Menschen oder Familien mit Migrationsgeschichte ihre Vita erzählen. Ihre Vergangenheit von Aufbruch, der meist aus Flucht gründete. Er filmte und fotografierte sie in deren Wohnungen. Und bannte nach den zwischen 30 Minuten und vier Stunden dauernden Gesprächen die jeweilige Szenerie noch einmal ohne Menschen im Bild.

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Am Ende stand – und steht – eine beeindruckende, bewegende Dokumentation über Not, Sorge, Tragik, Hoffnung, Optimismus, Gewalt, Tod, Leben und somit eben Menschlichkeit, die gesellschaftlich, politisch, ethisch, moralisch und am Ende natürlich künstlerisch maximal relevant ist.

Die ewige Suche nach Wahrheit

Die ewige Suche des Menschen nach Aufrichtigkeit, nach Wahrheit, nach Antworten auf Fragen wiederum spiegelt sich auch optisch in Kuballs „Five Planets“ – einem Raum, in dem fünf beleuchtete Discokugeln rotieren und unablässig die Name bekannter Planeten unseres Sonnensystems auf Wand und Decke projizieren. Es flirrt und flackert schwindelerregend. Der Mensch jagt – in Trance wie beim Tanz in der Disco – dem Unbegreiflichen des Weltalls hinterher und bleibt doch nur verwirrt zurück. Fazit: Kuball nimmt das Museum für sich ein, wie dies lange kein kunstschaffender Mensch mehr vor ihm schaffte, und liefert eine Schau, die in jedem Detail auf der Höhe der Zeit ist.

„Referenzräume“ von Mischa Kuball ist bis zum 24. April im Museum zu sehen, dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr, öffentliche Führungen sonntags um 15 Uhr. Alle Informationen  sowie die  aktuellen Voraussetzungen für den Einlass  vor dem Hintergrund der Pandemie sind im Internet einzusehen. www.museum-morsbroich.de

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