Zu teuer, zu lange SperrungSchlebuscher stoppen geplanten Neubau der Dhünnbrücke

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Die Dhünnbrücke des Hammerweg in Schlebusch zu erneuern, würde schwerwiegende Folgen für die Umgebung haben.

Leverkusen – „Das ist eine der schlechtesten Verwaltungsvorlagen, die ich je gesehen habe“, schließt Michael Prangenberg (CDU) seinen Rundumschlag gegen einen Plan, der in der gesamten Schlebuscher Bezirksvertretung blankes Entsetzen ausgelöst hat. In einem 17-seitigen Dokument legt die Stadtverwaltung dar, dass die Dhünnbrücke am Hammerweg, der zum Freudenthaler Sensenhammer führt, abgerissen und neu gebaut werden muss.

Fällungen unvermeidbar

Und zwar nicht gerade bescheiden: 1,7 Millionen Euro Gesamtkosten, die Fällung von 25 bis 30 Bäumen plus die Sperrung von rund zehn Monaten, die den rund um den Sensenhammer angesiedelten Unternehmen nicht gefallen dürfte.

Die Kritik an der Vorlage ist umfassend. Zunächst wird in Zweifel gezogen, ob die Brücke tatsächlich neu gebaut werden muss. 1928 in Stahlbetonbauweise hergestellt, hat sie laut Verwaltung ihre „kalkulatorische Nutzungsdauer“ von 80 Jahren bereits um zwölf Jahre überschritten. Die Hauptprüfung durch ein Ingenieurbüro habe 2016 ergeben, dass die Brücke 1969 mit einer neuen Betondecke übergossen wurde, deswegen könne das „Fortschreiten der Schadensbilder nicht mehr ausreichend geprüft werden“. „Da gibt es heute doch ganz andere Möglichkeiten der Prüfung“, sagt Prangenberg. „Einfach sagen: Sanieren geht nicht, verstehe ich nicht.“

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Auch den Winkel, in dem der Hammerweg die Dhünn überquert, wollen die Planer gern ändern. Die Politiker sehen das nicht ein.

Klaus Timpert (TBL) versucht, das Vorhaben zu verteidigen: „Was die Statik der Brücke angeht, müssen wir uns auf das Büro verlassen.“ Früher oder später müsse man in den sauren Apfel beißen, diese Brücke zu erneuern. Man möge sich nur einmal vorstellen, sie könnte plötzlich nachgeben. Auch den Vorwurf, man habe die ansässigen Unternehmen nicht mit einbezogen, weist er zurück. „Wir stehen sehr wohl in Kontakt mit den Anliegern und haben uns auch Gedanken gemacht, zum Beispiel darüber, dass die Bauzeit nicht über Karneval gehen sollte, weil dort auch Zugwagen gelagert werden“, sagt Timpert.

Bis 30 Tonnen belastbar

Das Gutachten des Büros sagt aber auch, dass „eine Belastung der Brücke mit 30 Tonnen weiterhin zugelassen werden kann“. Ob es überhaupt Gewerbetreibende gebe, die dort Lkw von mehr als 30 Tonnen überfahren lassen würden, will Ulrike Langewiesche (Bürgerliste) wissen. „Brauchen wir überhaupt so eine massive Brücke?“ „30 Tonnen reichen vollkommen“, meint auch Prangenberg.

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Bis zu einem Gewicht von 30 Tonnen ist die bestehende Dhünnbrücke immer noch belastbar. 

Laut des Plans soll die Brücke auch neu ausgerichtet werden. Aktuell kreuzt die Brücke die Dhünn mit einem Winkel von etwa 50 Grad. „Dieser Zustand ist für ein Fließgewässer nicht ideal“, heißt es in der Vorlage. Der Fachbereich Umwelt habe in einem Ortstermin empfohlen, die neue Brücke möglichst senkrecht (90 Grad) zur Fließrichtung der Dhünn auszurichten.

Seltsame Begründung

„Wichtig für den Fluss ist doch wohl die Ausrichtung der Pfeiler, nicht der Brücke“, sagt Prangenberg und auch Roswitha Arnold (Grüne) findet die Begründung seltsam „dass die Holzbalken der Fließrichtung der Dhünn folgen sollen.“

Dabei gehe es auch um die Sichtachse, in der Radfahrer auf der Fahrradstraße künftig besser gesehen werden könnten, argumentiert Timpert. Arnold ist nicht überzeugt: „Das ist im Bestand eine kleine Brücke, wie kann man auf die Idee kommen, so einen großen Umbau machen zu wollen?“ Georg Karl Wollenhaupt (CDU) schießt hinterher: „Als der Kneipp-Verein hier eine Anlage einrichten wollte, hat die Stadtverwaltung das wegen eines kleinen Geländers in der Dhünn abgelehnt, und das soll jetzt in Ordnung sein?“

Zündstoff für die Nachbarschaft

Nicht nur die ansässigen Unternehmen dürften über die Sperrung nicht glücklich sein, auch die dann einzig verbleibende Zufahrt zum Sensenhammer birgt Zündstoff. Sie führt über den Freudenthaler Weg. „Da erreichen uns doch jetzt schon die ganze Zeit Klagen über den vielen Baustellenverkehr“, sagt Langewiesche. In der Tat sind die Anwohner hier schon enttäuscht von der Lokalpolitik, weil ihnen eine Entlastung zumindest in einer Testphase versprochen worden war, die nun wegen der Baustellenanlieferung zum Neubaugebiet auf die lange Bank geschoben wird.

Und dann sind da noch die Bäume. Die geplante Baustelle berührt ein Fauna-Flora-Habitat und grenzt an ein Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiet. Deswegen sollen die Eingriffe auf „ein Mindestmaß“ beschränkt werden. „Dennoch ist die Fällung von etwa 25 bis 30 Bäumen unvermeidbar, von denen drei Eichen als besonders schützenswert anzusehen sind“, heißt es in der Vorlage. Der Platz werde weniger für die neue Brücke, als mehr als Stellfläche für einen Kran und für die Zwischenlagerung von Material benötigt. Diese Fläche würde nach dem Bau wieder renaturiert.

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„Wir hätten schon gerne einen Beschluss, dass wir das weiter planen können“, wirbt Timpert. „Den kriegen Sie hier nicht, keine Chance“, sagt Claudia Wiese (Grüne). „Wenn wir hier schon alle dagegen sind, überlegen Sie mal, was dann in Schlebusch los ist: Dann haben wir hier einen Schlebuscher Forst mit Baumhäusern.“ Entsprechend einstimmig wird der Plan abgelehnt.

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