Zusammen mit der UWG beantragte die AfD-Fraktion im neuen Bergneustädter Stadtrat ein ums andere Mal die geheime Abstimmung. Das dauerte.
Satte fünf StundenAfD erzwingt Mammutsitzung des Stadtrates in Bergneustadt

Da war die Stimmung noch gut: Die Mitglieder des neu gewählten Bergneustädter Stadtrates unmittelbar nach ihrer Vereidigung.
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Über fünf Stunden hat die erste Sitzung des neuen Stadtrates am Mittwochabend verschlungen – was maßgeblich daran lag, dass AfD und UWG kaum eine Gelegenheit ausließen, um geheime Abstimmungen zu beantragen. Insgesamt zehn Mal wurden die Stadtverordneten einzeln zur Urne im Foyer des Krawinkelsaals beordert, um im Verborgenen ihr Kreuzchen zu machen.
Bergneustadts Bürgermeister erinnert an gemeinsame Verantwortung
Die Ratsmehrheit reagierte auf die Prozedur mit einer Mischung aus Humor, Ratlosigkeit und Entsetzen. Das Theaterstück gipfelte darin, dass UWG-Mann Sven Oliver Rüsche während des neunten geheimen Votums Pizzakartons an seine Mitstreiter verteilte.
Bei der Verpflichtung der neuen Ratsmitglieder hatte Bürgermeister Matthias Thul (CDU) noch an die gemeinsame Verantwortung für die Stadt erinnert. Dass man in der Sache mitunter hart diskutieren werde, sei unumgänglich, ja manchmal sogar wünschenswert. Gleichwohl stünden alle Fraktionen in der Pflicht, die für Bergneustadt besten Lösungen zu finden.
Keine einheitlichen Vorschläge der Fraktionen in Bergneustadt
Schon bei der Besetzung der beiden Vize-Bürgermeister-Ämter war es dann aber vorbei mit der Einigkeit. Mit großer Mehrheit, aber eben gegen die Stimmen von AfD und UWG, die eigene Vorschläge machten, wurden Professor Christoph Stenschke (CDU) und Detlef Kämmerer (SPD) gewählt. Für dieses Votum bestimmt die Gemeindeordnung die geheime Wahl – die Politik ging also das erste Mal durch Gesetz auf Wanderschaft. Früheren politischen Köpfen auf den Zuschauerstühlen schwante trotzdem Böses – es sei das erste Mal seit den Achtzigerjahren, dass es keine gemeinsamen Nominierungen durch alle Fraktionen gebe, hieß es.
AfD Bergneustadt kritisiert Ausschussbildung
Spätestens bei der Einrichtung und Besetzung der Ausschüsse wurde die Spaltung des Stadtrates für jedermann sichtbar. Die neu gebildete CDU/FDP-Fraktion hatte sich im Vorfeld mit SPD, Grünen und Freier Wählergemeinschaft darauf verständigt, die Ausschusszahl von zehn auf sechs zu reduzieren. Um in der Haushaltssicherung Geld zu sparen, sollten separate Gremien für den Sport, die Schulen und die Feuerwehr aufgelöst werden.
AfD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Lenz kritisierte die Absprache dagegen als „Instrument für den Machterhalt von SPD und CDU“, das einzig darauf abziele, der AfD einen zweiten Ausschussvorsitz vorzuenthalten. Auch bezweifelte Lenz die Arbeitsfähigkeit des „Super-Ausschusses“ für Schule, Sport, Soziales, Kultur und Integration mit 14 Mitgliedern plus Schulleiter und Vertreter der Kirchen.
Gezänk ums Organisatorische dauert in Bergneustadt über drei Stunden
In der Folge setzten AfD und UWG – ihre acht Stimmen erfüllten das erforderliche Quorum von einem Fünftel der Mitglieder – die geheime Entscheidung über die Einrichtung und Besetzung sämtlicher Ausschüsse durch, auch darüber, ob ein Ausschuss nun zwölf oder 14 Mitglieder haben sollte. Erfolg hatten die beiden Fraktionen mit keinem ihrer Anträge – das Gezänk ums Organisatorische dauerte dafür allein dreieinviertel Stunden.
In seiner Rede zum städtischen Etat 2026 offenbarte Bürgermeister Matthias Thul zwar ein zu erwartendes Defizit von rund 4,4 Millionen Euro, betonte aber zugleich, dass sich die Ertragslage stetig bessere. Für das kommende Jahr kalkuliert die Kämmerei mit Einnahmen in Höhe von 60,9 Millionen Euro (das sind fünf Millionen mehr als im laufenden Jahr), denen 65,3 Millionen an Ausgaben gegenüberstehen. „Isoliert betrachtet ist das Defizit eine furchtbare Zahl. Sie ist allerdings geringer, als es die Prognose befürchten ließ“, so Thul.
Die Investitionen in Schulen, die Feuerwache Talstraße, die städtische Infrastruktur und vor allem neue Gewerbegebiete will das Rathaus von knapp 20 Millionen Euro in 2025 auf 22,9 Millionen erhöhen – vor allem von den Abgaben sich neu ansiedelnder Firmen verspricht sich Thul eine rasche Gegenfinanzierung. Dazu passt: Die Gewerbesteuer bleibt bei 475 Prozent einer der niedrigsten Sätze für Unternehmen in Oberberg. Logisch, dass auch darüber geheim abgestimmt werden musste. Der Haushaltsentwurf aus dem Rathaus wird nun in den Fraktionen beraten und soll Mitte Januar verabschiedet werden.

