Gefragte BerufeBergneustadt: Gabriela Cwik ergreift mit 40 Jahren ihren Traumjob als Erzieherin

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Ein kleines Kind schaut mit einem Auge in ein Glas. Eine Frau kniet neben dem Kind und zeigt auf den Inhalt des Glases.

Den Beruf der Erzieherin lernt Gabriela Cwik in der Johanniter-Kita Talstraße.

In unserer Serie blicken wir auf Berufe, in denen Nachwuchs gesucht wird. Junge Leute berichten, warum sie sich gerade für diesen Job entschieden haben.

„Guck mal, mein Wurm!“ Mats ist ganz aufgeregt und will unbedingt den Tausendfüßler zeigen, der in seinem Becher   herumkrabbelt. Die Kinder im Außengelände der Johanniter-Kindertagesstätte Talstraße in Bergneustadt beobachten an diesem Morgen, was auf und in der Erde kreucht und fleucht. Ein Mädchen beginnt beim Anblick einer Spinne zu weinen, gleichzeitig wirbelt ein Windstoß die Blätter der Kinder durcheinander, die versuchen, ihre Entdeckungen zu zeichnen.

Gabriela Cwik weiß kaum, wo sie zuerst helfen soll. „Das ist ein ganz schöner Trubel!“, stößt sie ein wenig atemlos hervor und lächelt. „Aber gehört dazu. Da braucht man viel Geduld!“ Sie absolviert im dritten Jahr eine praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieherin, zwei Tage in der Woche geht sie zur Schule, drei Tage arbeitet sie in der Kita. Mit 40 Jahren sei sie die Zweitälteste in ihrer Klasse, erzählt sie. Vorher hat sie viele Jahre lang als Fachverkäuferin Autoreifen verkauft – bis sie durch die Erziehung der eigenen Kinder entdeckte, was ihr sehr viel mehr Freude macht.

Vom Fleck weg engagiert als Integrationshelferin

„Als ich jung war, hieß es, du musst arbeiten gehen, egal was. Da wurde gar nicht nach Interessen und Stärken gefragt, und weil gerade in der Firma eine Lehrstelle frei war, habe ich eben Einzelhandel gelernt.“ Als der Wiedereinstieg nach der Elternzeit anstand, habe sie sich ein Herz gefasst und in Kindergärten nach einem Praktikum gefragt.

Das dauerte dann unverhofft nur eine Woche, dann wurde sie vom Fleck weg engagiert als Integrationshelferin für zwei Kinder mit geistigen Einschränkungen. „Ich habe mir dann in der Freizeit viel Wissen angeeignet, habe Fachliteratur gelesen und habe mich mit Leidenschaft in die Arbeit gestürzt“, schildert sie die Zeit, die sie in ihrem neuen Weg bestärkte. Aber eine Ausbildung machen? In ihrem Alter? Drei Jahre lang von der geringen Ausbildungsvergütung leben?

„Aber ich wollte Beständigkeit anstatt immer wieder Verträge mit einer Laufzeit von nur einem Jahr. Ich hatte auch einen Anspruch an mich selbst und wollte es schaffen.“ Bestärkt von ihrem Mann und der Leiterin der Einrichtung hat sie es gewagt. „Es war schwer“, räumt sie ein. „Ich habe drei Jahre lang abends und nachts gelernt, wenn die Kinder im Bett waren, und habe dann noch so gut es geht einen Teil der Hausarbeit erledigt.“ Was sie motiviert hat, trotz allem durchzuhalten? „Mir geht das Herz auf, wenn morgens die Kinder strahlend auf mich zu stürmen!“, sagt sie. „Wenn sie lächeln. Wenn ich etwas erreichen kann.“

Nein, natürlich gebe es nicht nur gute Tage. Auch schwierige Bedingungen. Am liebsten würde sie sich um jedes einzelne Kind intensiv kümmern. „Aber das ist utopisch“, bedauert Cwik. „Vor allem bei der herrschenden Personalnot.“ Zurzeit sind in der Kita zwei Stellen unbesetzt. „Beim Mittagessen sind wir nur zu zweit, da muss ich die Augen überall haben, um den Überblick zu behalten. Ich muss abwägen, um welches Kind ich mich zuerst kümmere, wer warten und wer zurückstecken muss. Manches muss auch ausfallen, wie etwa das Turnen, wenn wir zu wenige Mitarbeiter sind.“ Das wünscht sie sich anders. Aber es hält sie nicht davon ab, nach den Prüfungen, die jetzt anstehen, in ihrem Traumberuf zu arbeiten. „Mit ganz viel Herzblut!“ Da ist sie sicher.

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