„Ein Durchmarsch wäre schöner gewesen“Matthias Thul lässt im Wahlkampf nicht nach

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Thul

Favorit, aber nicht siegessicher: Auch knapp 20 Prozent Vorsprung im ersten Wahlgang sind für Matthias Thul kein Grund, im Wahlkampf nachzulassen.

Herr Thul, Sie waren im ersten Wahlgang mit fast 44 Prozent knapp dran an der absoluten Mehrheit. Hat es Sie geärgert, noch in die Verlängerung zu müssen?

Nein, ein Durchmarsch wäre schöner gewesen, war aber bei drei Bewerbern aus dem konservativen Lager nicht zu erwarten.

Wie haben Sie den Wahlkampf seitdem fortgesetzt? Welche Themenfelder wurden besonders beackert?

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Zum Teil online, zum Teil auf Veranstaltungen. Ich und meine Parteifreunde besuchen erneut viele Haushalte. Wenn es meine Arbeit im Rathaus erlaubt, gehe ich mit.

Mit welchen Forderungen und Anliegen der Bürger wurden Sie in den vergangenen Tagen konfrontiert?

Zu meinem Erstaunen: der Steinbruch und die Sprengungen dort. Da hoffen die Anwohner auf mehr Gehör im Rathaus. Außerdem interessieren die Menschen die Situation von Wald und Klima, die Stadtteilentwicklung in Wiedenest und die Radwege in der Stadt.

Zur Person

Matthias Thul ist 40 Jahre als, Vater zweier Kinder und evangelischer Christ. Nach dem Abitur in Bergneustadt absolvierte er beim Oberbergischen Kreis das Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH), es folgte das Studium zum Diplom-Betriebswirt (FH). Vor seinem Wechsel nach Bergneustadt 2018 war Thul zuletzt Vize-Abteilungsleiter der Kreis-Ausländerbehörde. Von 2009 bis 2012 war er unter anderem Mitglied des Bergneustädter Feuerwehrausschusses sowie von 2014 bis 2018 Mitglied des Gummersbacher Rates. (kn)

Sie gehen als Favorit in die Stichwahl, wie motiviert man sich da noch für den Wahlkampf?

20 Prozent Vorsprung sind noch lange keine Sicherheit, auch wenn manche Wähler vielleicht deshalb nicht noch mal zur Wahl gehen. Das ist Motivation genug.

Hat es Sie überrascht, dass die Grünen ihren Wählern empfohlen haben, am Sonntag für Sie zu stimmen?

Nein, ich habe mich und meine Ideen zu Umwelt- und Klimaschutz schon vor dem ersten Wahlgang bei den Grünen vorgestellt und um Unterstützung angefragt. Damals hat es nicht funktioniert. Jetzt haben wir erneut gesprochen, und ich habe meine Ideen konkretisiert.

Die FDP unterstützt den SPD-Mann Stamm, die Grünen den CDU-Bewerber Thul – klingt nach verkehrter Welt in Bergneustadt?

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Eigentlich nicht. Auch auf der Bundesebene öffnen sich die Grünen zunehmend für eine Zusammenarbeit mit der CDU. In Bergneustadt gilt die Unterstützung der Grünen im übrigen dem Kandidaten Thul und nicht der CDU. Die Grünen waren im Vorfeld die einzigen, die nicht gegen einen Verwaltungsfachmann an der Spitze der Rathauses waren.

Haben Sie nach der Ratswahl schon mal überlegt, wie sich Ihre Zusammenarbeit mit dem neuen Stadtrat gestalten könnte?

Ja. Die Frage wird sein, wie die Parteien bis zur Stichwahl noch miteinander umgehen und was davon Wahlkampfgetöse ist. Die Mehrheitsverhältnisse im neuen Stadtrat sind nicht klar, da muss man umso stärker an der Sache arbeiten. Ich habe früher schon gesagt, dass für mich Ideen vor Ideologien kommen sollen. Ein Antrag darf nicht abgelehnt werden, bloß weil er von einer anderen als der eigenen Fraktion gestellt wird. Dieses Angebot will ich allen Parteien machen. Sicher ist, dass die Bergneustädter in ihrem Stadtrat kein Gezänk haben wollen, sondern konstruktive Arbeit.

Wenn Stamm am Sonntag gewinnt, können Sie sich vorstellen, auch unter ihm als Allgemeiner Vertreter zu arbeiten?

Grundsätzlich ja, aber das hängt vom Zuschnitt meines Aufgabenbereichs ab. Sollte der deutlich von meinen jetzigen Aufgaben abweichen, werde ich genau nachdenken.

Mit welchem von Thomas Stamms Wahlkampfthemen könnten Sie sich anfreunden, welche lehnen Sie komplett ab?

Bei der Entwicklung von Gewerbegebieten und dem Klimaschutz kämen wir sicher überein. Eigene Stadtwerke lehne ich dagegen ab. So viel finanzielle Freiheit haben wir momentan als Stärkungspaktkommune nicht, um uns das leisten zu können.

Wenn Sie gewinnen, müssen Sie im Stadtrat mit Ihren drei Konkurrenten Stamm, Lenz und Pütz zusammenarbeiten, die alle erklärt haben, dass ein Verwaltungsfachmachmann an der Rathausspitze keine gute Lösung sei. Die werden doch bei jedem Fehler der Verwaltung gleich sagen: Siehste, wir haben’s doch gleich gesagt!

Da wird sicher was kommen, aber die Gegenfrage müssen sie dann schon beantworten, ob ein Nicht-Verwaltungsfachmann den Fehler nicht gemacht hätte.

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