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GesundheitsreportDer Hausarzt weiß in Oberberg oft nicht, was der Facharzt macht

3 min
Zwei Männer halten eine Broschüre ins Bild.

Den aktuellen AOK-Gesundheitsreport präsentierten Frank Mäuer (r.) und Stefan Lopez Seijas am Dienstag in Gummersbach.

Alles soll über den Hausarzt laufen? Die oberbergische Regionaldirektion der AOK fordert in ihrem Gesundheitsreport einen besseren Informationsfluss zwischen den behandelnden Medizinern. 

Der Hausarzt soll immer die erste Anlaufstelle sein. Mit dem sogenannten Primärarztsystem will die Bundesregierung das Gesundheitssystem effizienter machen. Aber wie kann das in einer ländlichen Region wie dem Oberbergischen Kreis klappen, wo laut Statistik der Mangel an Hausärzten eher noch größer ist als die fachärztliche Versorgung?

Die AOK Rheinland/Hamburg glaubt, dass die Umstellung des Systems mit einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten und -ärztinnen verbunden sein muss. Bei der Vorstellung ihres aktuellen Gesundheitsreports für den Oberbergischen Kreis hat die Regionaldirektion darum die „Integrierte Versorgung“ in den Mittelpunkt gestellt. Regionaldirektor Frank Mäuer schickt voraus, dass die AOK ein Drittel der Versicherten unter Vertrag habe und somit repräsentative Aussagen für das ganze Gesundheitswesen machen könne.

Im Oberbergischen   gibt es demnach eine erstaunlich hohe Zahl von Fällen, in denen ein Besuch beim Facharzt keine dokumentierte Wirkung auf die Behandlung der chronischen Erkrankung beim Hausarzt hat. Nur in rund 43 Prozent der Herzerkrankungen und nur in 30 Prozent der   Lungenerkrankungen gab es eine Weiterbehandlung beim Hausarzt. Bei Frauen und Pflegebedürftigen sind die Zahlen besonders hoch.

Zu viel hängt vom einzelnen oberbergischen Arzt ab

Das mag manchmal daran liegen, dass der Hausarzt (oder der Patient) die Therapie etwa wegen einer Unverträglichkeit abgebrochen hat. Aber nicht selten behandelt der Facharzt selbst weiter, obwohl der Hausarzt längst hätte übernehmen können. Schlimmer sind die Fälle, wo etwa nach einem Klinikbesuch gar keine Therapie mehr stattfindet. Regionaldirektor Frank Mäuer sagt über die oberbergischen Ärzte: „Zu viel hängt derzeit von den handelnden Personen ab.“ AOK-Datenanalyst Stefan Lopez Seijas ergänzt: „Und den Patienten allein darf man die Weitergabe der Information natürlich nicht überlassen.“

Bemerkenswert: Das Primärarztsystem als „hausarztzentrierte Versorgung“, auf die sich Patienten schon jetzt freiwillig einlassen können, hat keinerlei Wirkung auf den Informationsfluss, weist die Statistik aus. So oder so müsse es also Verbesserungen an der Schnittstelle zwischen Fach- und Hausärzten geben, sagen die AOK-Experten. Nur in dieser Weise würden die knappen ärztlichen Behandlungskapazitäten effizient eingesetzt.

Die oberbergische Ärzteschaft sollte sich vernetzen und digitalisieren, mahnt Regionaldirektor Mäuer.   Die elektronische Patientenakte werde helfen. Allerdings nur, wenn sie nicht bei der Übermittlung von Arztbriefen stehen bleibt, für deren Lektüre der Hausarzt keine Zeit hat. Die digitalen Facharztdaten müssen direkt in die Praxissoftware einfließen und übersichtlich dargestellt werden. Dann habe der Hausarzt auch wieder mehr Zeit für Anamnese und Diagnose.

Weniger Bürokratie mache den Beruf effizienter und vielleicht auch attraktiver. Die Umstellung des Systems auf den Hausarzt, sagt Regionaldirektor Mäuer, werde in Oberberg nämlich nur gelingen, wenn sich wieder mehr Nachwuchs für die Praxen findet.