Interview zum Abschluss der Saison mit den Nationalmannschafts-Debütanten Miro Schluroff und Mathis Häseler
Handball-BundesligaRaus aus dem Mittelmaß - Gummersbach will mehr

Die Neu-Nationalspieler Mathis Häseler und Miro Schluroff blicken auf eine ereignisreiche Saison zurück
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Im zweiten Jahr in Folge mischt der VfL Gummersbach in der oberen Tabellenhälfte der Handball-Bundesliga mit und verpasste nur knapp einen erneuten internationalen Startplatz. Verletzungspech und ein straffer Spielplan forderten die Mannschaft in der abgelaufenen Saison besonders heraus. Dennoch sorgten starke Auftritte und spannende Spiele für eine insgesamt solide Saisonleistung. Desiree Horn sprach mit dem Rückraumspieler Miro Schluroff und mit Rechtsaußen Mathis Häseler über die größten Herausforderungen und Highlights der morgen gegen Hannover endenden Bundesligasaison.
Nachdem Sie sich im vergangenen Jahr für die European-League qualifiziert haben, absolvierten Sie insgesamt 51 Spiele mit dem VfL Gummersbach. Hinzu kamen für Sie beide die Nationalmannschafts-Spiele. Wie haben Sie die Belastung wahrgenommen?
Miro Schluroff: Die Belastung war insgesamt schon ziemlich hoch. Auf der einen Seite ist das natürlich schön, viele Spiele zu haben, aber besonders zum Ende der Saison merkt man, dass die Kräfte schwinden. Durch die EHF-Spiele gab es natürlich mehr Einsätze. Bei der Nationalmannschaft war ich nur zweimal jeweils eine Woche dabei – das ging. Aber es gab bei uns viele Ausfälle im Rückraum, das hat man dann schon gespürt.
Mathis Häseler: Für mich war es etwas entspannter. Auf Außen ist die Belastung eine andere als im Rückraum. Ich habe mir die Spielzeit gut mit Lukas Blohme geteilt, das hat geholfen.
Miro Schluroff, Sie werden hin und wieder mit ihrem Teamkollegen Julian Köster verwechselt, ist das manchmal nervig?
Schluroff: Ich nehme das mit Humor. Ich bin da nicht eitel. In der Mannschaft machen alle gerne bei dem Spaß mit, wenn mich jemand mit Julian anspricht – das ist völlig okay.
Was war für Sie Ihr persönliches Highlight der Saison?
Schluroff: Definitiv meine Nominierung für die Nationalmannschaft und mein Debüt im Spiel gegen Österreich. In der Euro-League hatten wir viele deutsche Mannschaften als Gegner – da waren die Auswärtsfahrten nicht ganz so spannend. Das Spiel an Weihnachten in der ausverkauften Lanxess Arena gegen die Füchse Berlin war trotz der klaren Niederlage ein besonderes Erlebnis. Insgesamt waren es aber weniger Highlights als vergangenes Jahr.
Häseler: Für mich war neben der Nominierung für die Nationalmannschaft das Hinspiel gegen Melsungen in der European-League ein kleines Highlight.
Wie bekommen Sie bei dem engen Spielplan noch Familie und Freunde unter einen Hut?
Häseler: Das geht eigentlich ganz gut. Klar, wir waren viel unterwegs – aber wir trainieren meist nur einmal am Tag. Da bleibt schon Zeit für Familie und Freunde.
Schluroff: Ich finde auch, wir haben ein Privileg. Andere arbeiten von morgens bis abends im Büro, wir dürfen Sport machen. Natürlich sind wir dafür oft an Feiertagen und Wochenenden unterwegs – aber für Familie findet man in der Regel Zeit.
Sie beide haben Ihr Debüt in der deutschen Nationalmannschaft gegeben. Wie gehen Sie mit dem Druck und der Aufmerksamkeit um?
Häseler: Das erste Länderspiel war natürlich besonders aufregend – und das Rückspiel gegen die MT Melsungen in der European-League. Ich versuche, mir aber selbst nicht zu viel Druck zu machen. Ich konzentriere mich auf das, was ich am besten kann – und will einfach Spaß am Handball haben. Ein gewisser Leistungsdruck gehört dazu, aber ich lasse das nicht übermäßig an mich ran.
Schluroff: Ich bin auch selten so richtig nervös. Aber vor dem Rückspiel in der European-League gegen Melsungen war die Anspannung schon größer. Wir wussten, wir haben wenig Personal – und müssen es trotzdem irgendwie schaffen. Natürlich will ich performen und bin auch enttäuscht, wenn es nicht so läuft, aber den größten Druck mache ich mir selber. Von Außen nehme ich das nicht so wahr.
Im Profisport kommt es nicht nur auf die Physis sondern auch auf mentale Stärke an. Arbeiten Sie dafür auch mit mentalen Coaches oder Sportpsychologen zusammen?
Schluroff: Ich habe mal während meiner Zeit in Minden mit einem Psychologen zusammengearbeitet, aber das hat mir persönlich nicht viel gebracht.
Häseler: Wir haben die Möglichkeit, darauf zurückzugreifen, wenn Bedarf besteht, aber ich persönlich brauche das momentan auch nicht.
Wie gehen Sie mit Leistungstiefs um?
Schluroff: Wenn ich ein schlechtes Spiel hatte, will ich am liebsten gleich wieder trainieren. Schlimm ist nur, wenn danach eine Pause kommt – dann schleppt man das Gefühl mit sich rum. Ich will Dinge aufarbeiten und schnell besser machen.
Häseler: Wenn die Mannschaft in einer schlechten Phase ist, versucht man alle mitzuziehen und sich gegenseitig zu motivieren.
Schluroff: Das macht Mannschaftssport aus. Man hilft sich gegenseitig – egal, wie es bei einem selbst gerade läuft. Entscheidend ist, dass das Team gemeinsam erfolgreich ist.
Sie haben das Verletzungspech angesprochen, das nicht nur der VfL diese Saison hatte. Wie gehen Sie damit um, wenn Mitspieler sich schwer verletzen – auch mit Blick auf das eigene Risiko?
Schluroff: Man darf sich nicht ständig Gedanken machen, dass es einen selbst treffen könnte. Wenn es passiert, passiert's. Aber natürlich bin ich froh, dass ich bisher verschont geblieben bin.
Miro, Sie sind eigentlich im linken Rückraum ausgebildet, haben aber vor allem diese Saison häufiger auf Rechts gespielt. Fühlen Sie sich da mittlerweile wohler?
Schluroff: Ich fühle mich auf der linken Seite schon wohler und spiele dort seit einigen Spielen auch wieder häufiger. Aber in einer Phase hatten wir viele Verletzte – Teitur Einarsson war raus, Giorgi Tskhovrebadze nicht in Form – da bin ich auf Rechts eingesprungen. Das hat in einigen Spielen auch gut funktioniert.
In einem Jahr läuft Ihr Vertrag aus Mathis, können Sie schon was zu einer möglichen Verlängerung sagen?
Häseler: Da die Gespräche momentan laufen, kann ich da nicht viel zu sagen. Ich fühle mich aber sehr wohl hier. Gummersbach ist in den elf Jahren, in denen ich hier bin, zu meiner Heimat geworden.
Wie lautet Ihr Fazit zur abgelaufenen Saison?
Schluroff: Die Saison war nicht ganz einfach – vor allem wegen vieler verletzter Schlüsselspieler. Trotzdem haben wir das mit der Breite und Qualität unseres Kaders ordentlich gelöst. Ich bin überzeugt: Mit voller Besetzung hätten wir noch mehr erreichen können.
Häseler: Unser Ziel war natürlich wieder ein internationaler Startplatz. Durch die vielen Ausfälle mussten andere Spieler mehr Verantwortung übernehmen. Das war nicht immer leicht – aber wir haben das Beste daraus gemacht.
Abschließend noch eine Kreativ-Frage. Welchen Filmtitel würden Sie der Saison geben?
Schluroff: „Das ist erst der Anfang“. Wir haben uns in den letzten Jahren in der Liga etabliert. Unser Ziel ist es, oben mitzuspielen – nicht nur Mittelmaß zu sein.
Zum Abschluss geht es für den VfL Gummersbach gegen den TSV Hannover-Burgdorf
Zum Abschluss einer intensiven Spielzeit empfängt der VfL Gummersbach am Sonntag um 15 Uhr die TSV Hannover-Burgdorf in der ausverkauften Schwalbe-Arena. Sportlich geht es für beide Teams um nichts mehr, doch die Gummersbacher wollen die Spielzeit mit einem Erfolgserlebnis beenden. „Das ist das letzte Saisonspiel in voller Halle, bei uns zuhause – da kann man sich nichts Besseres wünschen,“ sagt VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson.
Zwar können die Gummersbacher dem Tabellensechsten Hannover den Platz nicht mehr streitig machen, doch an Motivation fehlt es nicht: Im Hinspiel hatte der VfL den Recken die ersten Punkte der Saison abgenommen, nun sollen auch die letzten möglichen Zähler in Gummersbach bleiben. Fraglich ist der Einsatz von Rechtsaußen Mathis Häseler, der im Spiel gegen die Füchse mit einer Fußverletzung ausgewechselt werden musste.
Jeder Spieler hat sich vollkommen in den Dienst der Mannschaft gestellt
Die Saison war für den VfL ein Auf und Ab: Verletzungspech, viele Auswärtsspiele, aber auch deutliche Entwicklungsschritte. „Wir haben viele Rückschläge hinnehmen müssen, aber auch viele Antworten auf unsere Fragen bekommen“, so der Trainer. Besonders stolz zeigt sich Sigurdsson auf das Engagement seiner Mannschaft: „Jeder Spieler hat sich vollkommen in den Dienst der Mannschaft gestellt.“ Formtechnisch gehen die Gummersbacher mit vier Siegen aus den letzten fünf Spielen mit Selbstvertrauen in das Saisonfinale.
Hannover hingegen kommt aus einer schwierigeren Phase. Trotz eines starken 29:29 gegen den THW Kiel am Mittwoch kassierten die Niedersachsen zuvor vier Niederlagen in Folge. Der Isländer erwartet ein Duell auf Augenhöhe. „Es war nicht besser oder schlechter als vergangenes Jahr – einfach anders. Aber das ist Profisport, das lernt man jedes Jahr aufs Neue,“ fasst Sigurdsson die Saison zusammen.