Heterogene GruppeZahl der Reichsbürger ist im Oberbergischen laut Staatsschutz zweistellig

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Polizeifahrzeuge sind in einer Zufahrt zu einem Gummersbacher Grundstück abgestellt. Ein Spezialeinsatzkommando durchsuchte das Anwesen im September 2020.

Die Razzia bei Reichsbürgern in Gummersbach sorgte 2020 auch für überregionales Aufsehen.

Auch in Oberberg gibt es eine „Reichsbürger“-Szene. Sie besteht laut Staatsschutz  aus einer niedrigen zweistelligen Zahl von Menschen. 

Nach der Anfang Dezember bundesweit durchgeführten Razzia gegen sogenannte Reichsbürger dauern die Ermittlungen an. Obwohl es nach Kenntnisstand der Pressestelle des Kölner Polizeipräsidenten im Oberbergischen in diesem Zusammenhang keine Durchsuchungen gegeben hat, gibt es auch hier Menschen, die laut Polizei der Reichsbürgerszene zugeordnet werden.

„Für den Bereich des Oberbergischen Kreises ist der zuständigen Kriminalinspektion Staatsschutz der Polizei Köln eine Personenzahl im niedrigen zweistelligen Bereich bekannt, die der heterogenen Reichsbürgerideologie zugerechnet werden kann“, sagt Polizeihauptkommissar Christoph Gilles von der Pressestelle des Kölner Polizeipräsidiums. Der Staatsschutz geht davon aus, dass auch die hiesige Szene keineswegs homogen ist. Diese und andere bekannt gewordene, verdächtige Personen würden diesbezüglich auf eine etwaige Zugehörigkeit und im Besonderen auf eine von ihnen ausgehende Gefahr für andere überprüft.

Mit diffusen Anträgen auffällig geworden

Schon im Jahr 2019 hatte der Staatsschutz eine wachsende Szene in Oberberg beobachtet. Waren Ende 2016 noch hundert Oberberger den Behörden als „Reichsbürger“ bekannt, so ging man Mitte 2019 bereits von 150 Personen aus, die dem Reichsbürger-Milieu zugeordnet werden konnten, wie Gilles jetzt noch einmal bestätigt. Hierbei handele es sich aber in der Mehrzahl um reine Symphatisanten. Lediglich ein Drittel von ihnen seien als aktive Reichsbürger eingestuft worden.

Und wie sind diese Menschen für den Staatsschutz bisher in Erscheinung getreten? „In der Vergangenheit wurden durch diese Personen meist Kommunalverwaltungen, Ministerien und Polizeibehörden mit umfangreichen diffusen Anträgen, Schreiben oder Strafanzeigen sowie der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen überzogen“, sagt Gilles. Die Antragsteller würden in der Regel weder Gerichtsurteile, behördliche Bescheide noch Gesetze anerkennen.

Die polizeilich als sogenannte Reichsbürger bekannten Personen verteilen sich über den Oberbergischen Kreis.
Christoph Gilles, Polizeisprecher

Zu der Frage, ob die bislang bekannten Personen in den Augen der Behörden gefährlich sind, heißt es: „Angehörige der Reichsbürgerideologie im Oberbergischen Kreis stellen derzeit keine konkrete Bedrohung dar.“ Sie setzten aber den Rechtsstaat und die Demokratie unter Druck und stellten deren Legitimation in Frage.

Dass es in der Kreisstadt Gummersbach besonders viele   Reichsbürger gibt, kann Gilles nicht bestätigen: „Hierüber liegen dem Polizeilichen Staatsschutz keine Erkenntnisse vor. Die polizeilich als sogenannte Reichsbürger bekannten Personen verteilen sich über den Oberbergischen Kreis allgemein. Ein Schwerpunkt in Gummersbach ist dabei nicht zu erkennen.“

Bereits im März 2020 hatte es eine bundesweite Durchsuchungsaktion im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Reichsbürger gegeben. Darunter auch eine in einem Gummersbacher Vorort. Im September desselben Jahres durchsuchte die Polizei das Anwesen erneut mit einem Spezialeinsatzkommando. Wie die Generalstaatsanwaltschaft damals bestätigte, wurden in dem Haus unter anderem Waffen gefunden.

Wie das Polizeipräsidium Köln berichtet, wurden die Ermittlungen abgeschlossen und das Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft Köln noch im Jahr 2020 an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf abgegeben. Die Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft sagte auf Nachfrage dieser Zeitung, dass vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Gummersbach die Anklage gegen einen 27-jährigen Beschuldigten wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Waffengesetz verhandelt wird.

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