Am Berufskolleg in Gummersbach-Dieringhausen lernen Schüler praxisnah die vernetzte Produktion von morgen.
IndustrieIn Gummersbach-Dieringhausen steht die Zukunft der Industrie im Klassenzimmer

Die Miniatur-Fertigungsanlage am Berufskolleg Dieringhausen simuliert moderne Industrie-4.0-Prozesse.
Copyright: Desiree Horn
Von außen sieht alles ganz unspektakulär aus – im Inneren des Berufskollegs Dieringhausen wird allerdings an nichts Geringerem gearbeitet als an der Zukunft der industriellen Fertigung. Seit einem Jahr tüfteln Lehrer und Schüler an einer Industrie-4.0-Anlage – im Kleinformat, aber mit großem pädagogischen Anspruch. Industrie 4.0 steht für die intelligente Vernetzung von Maschinen, Produkten und Menschen in der industriellen Produktion mithilfe modernster Informations- und Kommunikationstechnologien.
Hier geht es darum, zu verstehen, wie die Prozesse in den Unternehmen aussehen könnten.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um Automatisierung – vielmehr sollen Produktionsprozesse flexibler, individueller und ressourcenschonender gestaltet werden. Durch smarte Datenanalyse, digitale Planung, vorausschauende Wartung und modulare Fertigung entstehen neue Möglichkeiten für Unternehmen – und neue Anforderungen an zukünftige Fachkräfte.
Damit Schüler diese komplexen Zusammenhänge nicht nur theoretisch verstehen, sondern auch praktisch erleben, wurde im Berufskolleg Dieringhausen eine Miniatur-Fertigungsanlage nach Industriestandards aufgebaut. Robin Ohl, Lehrer für Maschinenbautechnik und Fertigungstechnik, erklärt: „Die Anlage soll eine echte Fertigungsstraße im Kleinen darstellen. Wir könnten auch eine große Anlage hinstellen, aber das hätte keinen pädagogischen Mehrwert. Hier geht es darum, zu verstehen, wie die Prozesse in den Unternehmen aussehen könnten.“
Fächerübergreifende Zusammenarbeit: Maschinenbau, Elektrotechnik und IT
Entstanden ist das Projekt in Zusammenarbeit von vier engagierten Lehrkräften aus verschiedenen Bildungsgängen – von Maschinenbautechnik über Elektrotechnik bis Informationstechnik. Unterstützt werden sie von den Schülern selbst, die sowohl bei der Programmierung als auch bei der Konstruktion und Umsetzung mitwirken. Doch auch für die Lehrkräfte ist das kein gewohntes Umfeld: „Wir haben bei Null angefangen und mussten uns erstmal einarbeiten. Der Prozess, bis so eine Anlage läuft und für den Unterricht einsatzbereit ist, ist enorm aufwendig“, erklärt Robin Ohl.
Immer wieder müsse man Fehlerquellen aufspüren, testen, nachbessern. „Unser Ziel ist es, dass die Anlage irgendwann selbstständig meldet, wo ein Fehler auftritt.“ Kernstücke der Anlage sind unter anderem ein 3D-Drucker, die speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) sowie externe Industrieroboterarme. An den Computern konstruieren die Schüler ihre Modelle, die an den 3D-Drucker gesendet werden und dort gedruckt werden können.
Von der Idee zur Fehleranalyse: Industrie 4.0 als Lernfeld für Problemlösung
Gedruckt wird mit PLA und ABS – Kunststoffen, die je nach Einsatzbereich entweder besonders hart oder flexibel sind. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch um wirtschaftliches Denken. „Die Schüler sollen verstehen: Was ich drucke, muss auch bezahlbar sein“, so Ohl. Produziert wurden etwa Ersatzteile für eine defekte Türverriegelung oder eigens entworfene Vorrichtungen – etwa für die sogenannte Demontagevorrichtung, die bei der „Nacht der Technik“ vorgeführt wurde.
Ein weiteres Highlight: Der eigens für die Schule entwickelte Online-Shop – dort können die Produkte in verschiedenen Farben fiktiv bestellt werden, die anschließend von der Anlage zusammengebaut werden – zumindest theoretisch, denn der Shop dient nur zur Veranschaulichung. „Wir wollten zeigen, wie ein kundenorientierter Fertigungsprozess aussehen könnte – vom Klick im Online-Shop bis zum fertigen Produkt“, erklärt Ohl.
„Wir machen das nicht für Unternehmen im direkten Sinne“, sagt Ohl. „Aber wir bereiten unsere Schüler so vor, dass sie später in der Industrie 4.0 Fuß fassen können und die damit zusammenhängenden technologischen Anforderungen meistern.“ Ihm sei wichtig, dass die Schüler nicht nur Wissen vermittelt bekommen, sondern selbstständig denken, entwickeln und Fehler beheben lernen.
Das Projekt befindet sich noch in der Pilotphase – doch die Fortschritte sind sichtbar. Immer mehr Schülerprojekte werden integriert, unter anderem von Mechatronikern und Werkzeugmechanikern. Sie alle arbeiten Hand in Hand an einer Zukunft, die in der Industrie längst begonnen hat – und in Dieringhausen nun greifbar wird.