Teurer Lappen?In Oberberg laufen Fahrstunden anders

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Ein Schild mit der Aufschrift «Fahrschule» ist auf einem Fahrschulauto befestigt.

Ein Fahrschulschild auf einem Autodach. In Oberberg ist die Durchfallerquote bei der Fahrprüfung geringer als in Großstädten.

In den größten Städten ist der Führerscheinerwerb deutlich teurer als im Oberbergischen Kreis. Das Interesse am Auto geht hier zurück.

„Ich sollte umziehen“, ruft Niels Klammer spontan aus, als er hört, dass in München Fahranfänger 4202 Euro für den Pkw-Führerschein berappen müssen. Ganz ähnlich sieht es in Leipzig aus, da soll der „Lappen“ 3948 Euro kosten. Das jedenfalls ist das Ergebnis eines bundesweiten Kostenvergleichs von „Paul Camper“ einer Vermittlungsplattform für Campingfahrzeuge, in 20 deutschen Städten. „Der Führerschein war noch nie billig, aber über 4000 Euro? Das sieht hier auf dem Land doch etwas anders aus“, meint der Chef der Fahrschule Blass mit Niederlassungen in Eckenhagen und Strombach.

Die Jungs und Mädchen, die schon eine gewisse Vorerfahrung haben, werden seltener.
Fahrlehrer Niels Klammer über Fahrschüler, die schon mit Mama oder Papa geübt haben

Auch sein Lindlarer Kollege Marc Peters schüttelt den Kopf. Von solchen Summen sei man hier in Oberberg im Durchschnitt doch ein gutes Stück weit entfernt. Dabei komme es allerdings ganz entscheidend auf die Zahl der Fahrstunden an, da sind sich die Fahrschulinhaber, die auch selbst als Fahrlehrer arbeiten , einig. Werden in der Studie 25 Fahrstunden bis zur Prüfung zu Grunde gelegt, rechnet Niels Klammer bei einem deutschsprachigen, 17- bis 18-jährigen Fahranfänger ohne Vorkenntnisse mit 25 bis 30 Stunden, Marc Peters mit 30 bis 35 Fahrstunden einschließlich der vorgeschriebenen zwölf Sonderfahrten: drei über Land, drei im Dunkeln und vier Autobahnfahrten. Die seien bei ihm mit 80 Euro je Stunde teurer als die „normalen“ Fahrstunden, die 60 jeweils Euro kosten, erläutert Klammer. Wie viele ein Fahrschüler davon braucht, ist nicht vorgeschrieben und durchaus unterschiedlich.

In vielen Fällen zahlt die Familie

„Hier auf dem Land kommt gelegentlich jemand, der schon mit 16 Traktor oder Zweirad gefahren ist, der kennt sich dann schon im Verkehr aus und hat ein Gefühl fürs Fahren“, erzählt Marc Peters, dessen Vater 1978 die Fahrschule in Lindlar gegründet hat. „Da sind dann meistens weniger Fahrstunden fällig.“ Doch die „Jungs und Mädchen, die schon eine gewisse Vorerfahrung haben“, wie es Niels Klammer ausdrückt, werden seltener.

Wurde früher mit Mama oder Papa auf Privatgelände heimlich geübt, um Fahrpraxis zu sammeln und entsprechend Fahrstunden einzusparen, so „wollen sich heute viele Eltern nicht einmischen“, hat der Fahrlehrer beobachtet. Jedenfalls nicht , indem sie selbst Zeit und Nerven investieren und Schrammen am eigenen Auto riskieren. Denn ansonsten sind die Eltern durchaus präsent – offenbar mehr denn je. „Mama regelt alles, sogar die Anmeldung für Sohn oder Tochter“, weiß Klammer. Und erst recht, wenn es ans Bezahlen geht. „Das übernimmt die Familie, Oma, Opa, die Eltern stellen das sicher, hier auf dem Land wahrscheinlich viel häufiger als in der Stadt“, beobachtet Marc Peters. „Das stellt sich schon bei der Anmeldung heraus.“ Und Niels Klammer bestätigt, dass 95 Prozent der Führerscheinneulinge den Erwerb der Fahrerlaubnis gesponsert bekommen. Damit fällt dann auch ein gutes Stück Motivation weg, möglichst zügig die Prüfung zu machen.

2500 bis 3000 Euro Kosten

Dabei sollte eigentlich der Wunsch nach individueller Mobilität hier noch größer sein als in der Stadt, meint Peters. In der Lindlarer Fahrschule wird der Führerschein ab 17 mit begleitetem Fahren häufig nachgefragt. Aber „viele von denen hängen dann mit Null-Bock ewig zwischen Theorie und Praxis, manche kommen erst nach zwei bis drei Jahren wieder“, erlebt der Reichshofer Klammer. „Die jungen Leute wissen, wie sie in 30 Sekunden ihr iPhone mit dem Auto verbinden, aber für das Thema Auto interessieren sie sich wenig. Das hat sich in den vergangenen Jahren total geändert.“ Häufig blicke er in gelangweilte Gesichter während der Theoriestunden. Und dann fallen viele im ersten Anlauf durch die praktische Prüfung. In Oberberg, so schätzen die beiden Fahrlehrer, sind es um die 30 Prozent, in Städten wie Köln sogar 40 bis 50 Prozent. Die gehen dann in die Verlängerung mit entsprechenden Mehrkosten.

Teurer als vor vier Jahren sei der Führerschein auf jeden Fall, sagt Peters, je nachdem zwischen zwölf und 20 Prozent. Die Kosten für Kraftstoff und für Mitarbeiter seien gestiegen, „und dann überrascht mich der Hersteller noch mit 15 Prozent Preissteigerung für einen neuen Fahrschulwagen.“

Manchmal komme ein Senior, der bei seinem Vater 1978 seinen Führerschein gemacht habe, und wolle seinen Enkel anmelden. „Der Opa weiß noch, dass er damals, 1987, 600 D-Mark für den Führerschein seines Sohnes, also des Enkelvaters, bezahlt hat“, erzählt Peters. Goldene Zeiten, von denen auch in Oberberg heute keine Rede mehr sein kann, auch ohne Münchner Verhältnisse.

Um die 2500 bis 3000 Euro durchschnittlich kostet der Führerschein B bei Niels Klammer, und auch Marc Peters spricht von einer Summe um die 2500 Euro. Dazu kommen noch Sehtest, Passfoto und Erste-Hilfe-Kurs und Behördengebühren. Damit liegen die Kosten etwas unter dem in der Studie errechneten deutschlandweiten Mittelwert von 3312 Euro.

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