Die Kreisjägerschaft hat einen Fallenlehrgang organisiert. Ist der Waschbär eine Gefahr für die Artenvielfalt in Oberberg?
FallenlehrgangJäger im Oberbergischen Kreis wollen dem Waschbär ans Leder

Lehrgang Fallenstellen: Benjamin Siebrecht demonstriert die Funktionsweise einer speziell für Waschbär und Nutria konzipierten Falle.
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Bernd Steinhausen ist entsetzt. „Es gibt kaum noch Krähen“, hat der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Oberberg festgestellt. Gleichermaßen seien viele Amphibien in der Region auf dem Rückzug. Steinhausen führt diesen Rückgang nicht zuletzt auf die zunehmende Ausbreitung des Waschbären in der hiesigen Region zurück.
Er berichtet, dass viele Naturschutzmaßnahmen von dieser invasiven Art ausgehebelt werden. So gebe es Abkommen mit Landwirten, ihre Wiesen erst sehr spät zu mähen, um bodenbrütenden Vögeln die Aufzucht ihrer Jungen zu ermöglichen – verlockend für den Waschbären. „Aber auch Milane sind vor ihnen nicht sicher“, erläutert der Jäger. Dieser und andere Raubvögel müssten aufgrund ihrer Größe die Nester relativ dicht am Stamm bauen. Da der Waschbär ein hervorragender Kletterer sei, habe er keine Schwierigkeiten, an die Eier oder Jungtiere zu gelangen und sie zu verspeisen.
Auch in Oberberg gibt es immer weniger Amphibien
Dass es immer weniger Amphibien gibt, hat auch Christoph Buchen von der Nabu-Ortsgruppe Morsbach beobachtet. Und der Nabu-Bundesverband gesteht zu, dass der Waschbär ein Problem für diese Arten ist. Eine Bejagung würde aber nicht viel bringen, wichtiger sei der Schutz der Lebensräume.
Die oberbergischen Jäger argumentieren zudem mit dem Ärgernis, dass Waschbären vermehrt in befriedeten Bereichen, also in Wohngebieten, auf Nahrungssuche gesichtet wurden. Die Waschbären öffenen mit geschickten Händen Mülltonnen und durchwühlen sie nach Essbarem. Auf Terrassen verputzen sie von den Besitzern dort platziertes Katzenfutter, und gelegentlich mieten sie sich auch in Schuppen oder auf Dachböden ein. Vizevorsitzender Andreas Engelbert: „Waschbären schieben einfach die Dachpfannen hoch und schlüpfen durch das Loch.“
Waschbären als Gefahr für die Biodiversität im Oberbergischen
Die Kreisjägerschaft sieht diese Art als Gefahr für die Biodiversität und hat kürzlich einen ganztägigen Fallenlehrgang organisiert, um die weitere Verbreitung der vorwiegend nachtaktiven Tiere einzudämmen. 15 Jäger aus dem ganzen Kreis trafen sich in der Nümbrechter Ortschaft Berkenroth, um die Kunst des Fallenstellens zu erlernen.
Die Vorstandsmitglieder Volker Grossmann und Wolfgang Olbrich erläuterten eingangs die rechtlichen Grundlagen. So sei nach dem Landesjagdgesetz der Einsatz einer Totschlagfalle strikt verboten. Auch das Aufstellen einer Lebendfalle sei nur mit einem gültigen Jagdschein und einem zusätzlichen Fangjagdlehrgang erlaubt. Neben Waschbären könnten in dieser Weise zudem Marder, Fuchs oder Kaninchen gefangen werden, als Ausnahme mit besonderer Genehmigung auch Nutria, generell aber nicht innerhalb der Schonzeiten.
Wichtig sei, die Fallen mit einem elektronischen Melder auszustatten, der zweimal täglich Status übermittelt. Ohne diese Geräte müssten Fallen zweimal täglich kontrolliert werden. Bei einer Fangmeldung sei umgehend zu reagieren, das gelte auch für das Ausbleiben einer Statusmeldung.
Für Fallenjagd in Wohngebieten muss Ausnahmegenehmigung beantragt werden
Für die Fallenjagd in Wohngebieten muss eine Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Jagdbehörde beantragt werden. Grundsätzlich ist bei der Fallenjagd das Leid der gefangenen Tiere auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Allerdings gilt: Nach dem Fang werden sie getötet.
Am Nachmittag ging es dann bei strömendem Regen in das Revier von Bernd Steinhausen. Nach dem Schnuppern an verschiedenen Lockstoffen wie Waschbär-Brunz – natürlicher Urin dieser Tiere – stellte der Lohmarer Berufsjäger Benjamin Siebrecht die Lebendfallen vor. Zunächst demonstrierte er die Funktion einer rund fünf Meter langen Betonrohrfalle, in deren Mitte eine auf das Gewicht einstellbare Wippe montiert ist, so dass bei der Jagd auf sechs bis acht Kilogramm schwere Waschbären nicht etwa eine leichtere Ratte den Schließmechanismus auslöst. Auf einer Sandbank im Bach erklärte er eine speziell für Waschbären und Nutrias konzipierte Falle, die es auch nicht übelnimmt, wenn sie einmal überflutet wird.
Siebrecht betont: „Die Fallenjagd braucht Zeit.“ So könnten durchaus mehrere Monate bis zum ersten Fang vergehen. „Es ist sinnvoll, die Fallen schon in der Schonzeit aufzustellen und die Auslösung zu blockieren, damit sich die Tiere an das neue Objekt gewöhnen können.“
Anschließend zeigte er eine Kasten- und eine Kofferfalle. Am Ende kam auch die Sonne wieder hervor. Die Teilnehmer waren jedenfalls begeistert, dass ihnen die Fallen in einer realistischen Umgebung präsentiert wurden.
Waschbär- und Marder-AG der Kreisjägerschaft
Am selben Abend hat sich die Waschbär- und Marder-AG der Kreisjägerschaft unter Leitung ihres Obmanns Jörg Multhaup auf dem Schießstand in der Talbecke getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Die Strecke ist in den letzten zehn Jahren explodiert“, erklärte er angesichts der Zahl der erlegten Tiere. In den 2010er Jahren seien jährlich etwa zehn bis 15 Tiere kreisweit getötet worden, derzeit seien es mehr als 300. „Allein in Engelskirchen hatten wir im vergangenen Jahr 70 Einsätze in befriedeten Bereichen“, berichtet Jörg Multhaup.
Besondere Leckerbissen für die Tiere seien nicht geerntetes Obst im Garten oder Pizzareste und Räucherfisch in Mülltonnen. Bei dem Verdacht auf einen Waschbären im eigenen Garten oder im Haus können Betroffene eine E-Mail an fangjagd@kjso.de schreiben.