Keine Förderungen mehrWasserkraftanlage an der Agger droht Stilllegung

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Würde man die sechs Wasserkraftwerke abreißen, bräuchte es 860 zusätzliche PV-Anlagen, rechnete Karl Freisen vor.

Würde man die sechs Wasserkraftwerke abreißen, bräuchte es 860 zusätzliche PV-Anlagen, rechnete Karl Freisen vor.

Engelskirchen – Die Bundesregierung hat angekündigt, dass sie ab dem Jahr 2023 Wasserkraftanlagen mit einer Leistung bis zu 500 Kilowatt keine Förderung aus den Töpfen des Erneuerbare-Energien-Gesetz mehr zukommen lassen will. Eine solche Anlage steht zum Beispiel an der Agger in der Engelskirchener Ortschaft Osberghausen.

Dieser Schritt freut die Kreisgruppe Oberberg des Naturschutzbundes ebenso wie die Kölner Regionalgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. In einer gemeinsamen Erklärung begrüßen sie diese geplante Änderung im Gesetz: Fachwissenschaftler hätten eingesehen, „dass der Betrieb insbesondere in der Vielzahl von Klein- und Kleinstwasserkraftanlagen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Gewässerökologie und der Biodiversität in und an Gewässern führt“, sagen die Naturschützer. Der Beitrag solcher Anlagen zur Brutto-Stromerzeugung betrage bundesweit zudem nur 0,5 Prozent. Jetzt hoffen beide Gruppen, dass der Aggerverband die Anlage in Osberghausen stilllegt.

Versorgungssicherheit im Aggertal

Vor dem Planungs- und Umweltausschusses des Engelskirchener Gemeinderats aber hat der Looper Karl Freisen in einem Vortrag jüngst die Agger-Staustufen als wichtigen Baustein der Energieversorgung bezeichnet. Dabei beschrieb der studierte Elektrotechniker zudem Aspekte, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und die damit verbundenen denkbaren Folgen für die Energieversorgung an Bedeutung gewonnen haben. Wasserkraftanlagen, so Freisen, tragen zur Versorgungssicherheit im Aggertal bei. Denn sie seien „schwarzstartfähig“.

Damit bezeichnet man die Fähigkeit eines Kraftwerks, aus dem abgeschalteten Zustand hochzufahren, ohne dafür auf externe Energie angewiesen zu sein. Im Gegensatz übrigens zu Photovoltaik- oder Windenergieanlagen – beide, so Freisen, brauchten Strom, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können, waren sie abgeschaltet. Bei einem Blackout wären schwarzstartfähige Anlagen demnach ein Pfund, mit dem Engelskirchen wuchern könne. Würde man entsprechende Maßnahmen planen und gegebenenfalls das Netz umbauen, so könnten die Anlagen an der Agger im Notfall im Inselbetrieb auch Energie für kritische Infrastrukturen in der Gemeinde bereitstellen.

Im Falle eines Blackouts

Ein solcher Inselbetrieb wäre etwa dann ein Thema, wenn das große Umspannwerk in Wiehl-Bomig ausfiele. Freisen: „Wenn Bomig ausfällt, dann geht zwischen Dieringhausen und Bergneustadt das Licht aus.“ Und er ergänzte: Was die Stromversorgung angeht, hänge „ganz Oberberg an drei bis sechs Seilen“. In diesem Zusammenhang rechnete er vor, dass die Wasserkraftanlagen heute rund 60 Prozent der in Engelskirchen erzeugten elektrischen Energie liefern. Die 407 in Betrieb befindlichen Photovoltaikanlagen liefern laut Freisen rund 30 Prozent, etwa zehn Prozent kommen aus 16 Blockheizkraftwerken.

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Würde man die sechs Wasserkraftwerke – wie von Naturschutzgruppen gefordert – schleifen, also abreißen, und wollte man die Jahresleistung, die dort dann nicht mehr gewonnen würde, durch zusätzliche Photovoltaik ersetzen, dann müssten in Engelskirchen 860 Anlagen neu installiert werden.

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