Weniger Messen in LindlarDiese Folgen hat der Priestermangel für Kirchgänger

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Kreuz an St. Severin Lindlar. Der Gemeindeverband reduziert die Messen an den Wochenenden.

Kreuz an St. Severin Lindlar. Der Gemeindeverband reduziert die Messen an den Wochenenden.

  • Seit Anfang Februar gibt es in Lindlar weniger Messfeiern als bislang.
  • Grund dafür ist der Priestermangel. Doch nicht überall kommen die Änderungen gut an, es gibt auch Kritik.
  • Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen und erklären, wie es weiter geht.

Lindlar – Seit Anfang Februar gilt für die katholischen Kirchen im Pfarrverband Lindlar eine neue Gottesdienstordnung. Das bedeutet: Es gibt weniger Messfeiern als bislang, auch einige Zeiten ändern sich. Das sorgt zum Teil für Verärgerung. In Hartegasse und Süng wurden rund 180 Unterschriften gegen die Neuregelung gesammelt.

Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ändert sich?

In der Kirche St. Severin findet künftig am Sonntag nur noch eine Messe statt, die Frühmesse entfällt. Die größte Änderung betrifft die Katholiken in Hartegasse/Süng und in Frielingsdorf. Dort findet nicht mehr jeden Sonntag, sondern nur noch jeden zweiten Sonntag eine Messe statt, immer im wöchentlichen Wechsel zwischen den Kirchen St. Agatha/Süng und St. Apollinaris//Frielingsdorf. Diese Messen finden nicht mehr vormittags, sondern am Sonntagnachmittag um 17.30 Uhr statt.

Ein ähnliches Modell gibt es schon lange in Hohkeppel und Schmitzhöhe. Auch hier wechselt der Austragungsort der Sonntagsmesse jede Woche zwischen den beiden Kirchen. Allerdings beginnt die Messe hier um 9.30 Uhr . Auch in Linde bleibt es bei der jetzigen wöchentlichen Messe am Samstag um 17 Uhr, unverändert bleibt auch die Messe im Seniorenzentrum Pfarrer-Braun-Haus. Bislang fanden am Wochenende in Lindlar sieben Messen statt, seit Februar sind es fünf. Unter der Woche bleibt alles beim Alten.

Warum gibt es die neue Gottesdienstordnung?

Auslöser ist die dünne Personaldecke. Mit Pfarrer Martin Reimer und Pater George gibt es derzeit nur zwei Priester, Pfarrer Andreas Büthe ist langfristig erkrankt. Ob und wann für ihn Ersatz kommt, ist völlig unklar. Ein Antrag bei der Personalabteilung sei gestellt, sagt Reimer, Lindlar stehe auf dem Plan.

Wer ist für die neue Ordnung verantwortlich?

Der 17-köpfige Pfarrgemeinderat (PGR), der für alle fünf Gemeinden zuständig ist, und die Seelsorger haben intensiv verschiedene Modelle diskutiert. Schließlich hat sich eine Mehrheit des PGR für die neue Ordnung ausgesprochen.

Freiräume Jesuslob am Sonntag in Süng

Eine Gruppe engagierter Christen will in Kapellensüng die Kirche am Sonntagvormittag mit Leben füllen. Am Sonntag, 8. März, 11.15 Uhr, findet erstmals „Freiräume Jesuslob“ statt. „Ein Gottesdienst für Ausgeschlafene“, mit Musik und Stille, Gesang und Gebet. Geleitet wird er von Gemeindemitgliedern, eingeladen sind alle Christen. „Gerade auch am Weltfrauentag möchten wir zeigen, welche Ressourcen und welcher Schatz Frauen (und auch verheiratete Männer) für die katholische Kirche sein können“, heißt es in der Pressemitteilung der Organisatoren.

Die Freiräume Jesuslob sollen künftig regelmäßig stattfinden, wer mitmachen möchte: Informationen und Kontakt per E-Mail an: freiraeume.jesuslob@gmx.de

Wichtig sei eine verlässliche Lösung, sagen Bettina Willmer und Birgit Ulm, die die Gemeinde St. Severin im PGR vertreten. Sie appellieren an alle Katholiken, nicht dem „Kirchturmdenken“ zu verfallen. Es liege auch an den Christen in den Gemeinden vor Ort, selbst aktiv zu werden und etwas auf die Beine zu stellen.

Am dritten Advent hätten die Priester in allen Messen die neue Gottesdienstordnung angekündigt, im Anschluss standen Mitglieder des Pfarrgemeinderats Rede und Antwort. „Wir haben sorgfältig abgewogen. Eine längere Zeitschiene wäre schön gewesen, aber wir mussten schnell reagieren“, sagt Pfarrer Martin Reimer. Ihm als Seelsorger sei sehr wohl bewusst, dass die Kirchen auf den Dörfern den Menschen Identität bieten. Eine ähnliche Lösung galt übergangsweise auch schon in den Sommerferien.

Was sagen die Kritiker?

In Frielingsdorf ist man nicht glücklich mit der neuen Lösung. „Aber wir akzeptieren sie“, sagt Martin Suhr vom PGR. Die erste Messe, die am Sonntag um 17.30 Uhr in St. Apollinaris stattgefunden habe, sei gut besucht gewesen. Heftige Kritik kommt vor allem aus Hartegasse und Süng. Der Ortsausschuss dort hat rund 180 Unterschriften gesammelt, die sich für den Erhalt der Messe in St. Agatha am Sonntagmittag aussprechen. Die Unterschriften wurden beim Neujahrsempfang an Pfarrer Reimer übergeben. Dazu gibt es ein Begleitschreiben, das der Redaktion vorliegt.

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Der Ortsausschuss sei erst nach endgültiger Meinungsfindung des Seelsorgeteams und des PGR informiert worden. „Wir sind schlichtweg übergangen worden“, beklagt der Ortsausschuss. Eine gerechte Verteilung auf alle Gemeinden habe man sich vorgestellt, jetzt seien Süng und Frielingsdorf – wie schon in den Sommerferien – wieder die Leidtragenden. Mit der Entscheidung werde das derzeitige aktive Gemeindeleben zerstört. Das Schreiben schließt mit der Hoffnung auf neue Vorschläge, der Ortsausschuss stehe für eine konstruktive Zusammenarbeit bereit.

Walburga Hümbs vertritt zusammen mit einem zweiten Mitglied St. Agatha im PGR. „Wir standen unter ziemlichem Zeitdruck, hätten wir mehr Zeit gehabt, dann hätten wir mehr Leute ins Boot mit holen können und auch andere Vorschläge.“ Sie fürchtet, das vor allem im Sommer an einem Sonntag um 17.30 Uhr nur wenige Kirchgänger in die Messe kommen werden. Die Alternative 19 Uhr sei ein Problem für Familien mit kleinen Kindern. Die konservative Ausrichtung des Erzbistums verschärfe das Problem, so Walburga Hümbs. Im Bistum Aachen sei man sehr viel weiter, hier gebe es regelmäßig Kurse für Laien, die Wortgottesdienste anbieten.

Wie geht es weiter?

Pfarrgemeinderat, Seelsorger und Ortsausschuss Süng wollen weitere Gespräche führen. Die neue Gottesdienstordnung soll zunächst für ein Jahr gelten, dann will man bewerten, wie das neue Angebot angenommen wird. Am kommenden Sonntag, 8. März , soll in der Kirche St. Agatha erstmals eine neue Form eines von Laien getragenen Gottesdienstes stattfinden.

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