Alte BräucheBaum und Bescherung kamen erst um 1860 nach Oberberg

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Friedrich Bals (1911 bis 1948 Lehrer an der Elementarschule in Waldbröl-Hermesdorf) mit seiner Frau Meta, aufgenommen am Weihnachtsfest, ca. 1912.

Friedrich Bals (1911 bis 1948 Lehrer an der Elementarschule in Waldbröl-Hermesdorf) mit seiner Frau Meta, aufgenommen am Weihnachtsfest, ca. 1912.

Beim „Advent im Museum“ werden die Stuben im LVR-Freilichtmuseum Lindlar weihnachtlich dekoriert, gleichzeitig erfolgt eine Zeitreise.

Aus unserem Zeitungsarchiv. Dieser Bericht erschien zuerst am 10. Dezember 2016.

Etliche historische Stuben sind weihnachtlich dekoriert und veranschaulichen den Wandel der Weihnacht von 1800 bis 1960: Darum geht es bei „Advent im Museum“, einer Veranstaltung, die am Sonntag im LVR-Freilichtmuseum Lindlar stattfindet.

Wie in Oberberg Advent und Weihnachten begangen werden, das war aber auch schon 1965 Thema – in dem Buch „Der Oberbergische Kreis“ aus dem Wilhelm-Stollfuss-Verlag in Bonn. „Das Brauchtum der Adventszeit beschränkte sich bis 1930 auf den Nikolauskult.“ Mit diesem Satz beginnt darin das Kapitel über alte oberbergische Bräuche der Vorweihnachts- und der Weihnachtszeit.

Adventskranz kam in Oberberg erst um 1930 auf

„Der beliebte Vorbote des Weihnachtsfestes hieß früher im Homburger, Waldbröler und Eckenhagener Land wie im Westerwald ,Pelzneckel', heute dagegen ,Neklos', in katholischen Familien auch Klos.“ Im Oberbergischen sei er als persönlich einkehrender Gabenspender erst spät erschienen; „im Homburgischen wurde es erst um 1880 allmählich Brauch, dass er die Kinder in der Vorweihnachtszeit einige Male besuchte.“

Der Adventskranz sei erst um 1930 durch den Einfluss der Kirchen, Schulen und Vereine aufgekommen „und bürgerte sich in bäuerlichen Familien erst nach 1946 ein. „Der älteste Beleg stammt aus Hülsenbusch, wo der Pfarrer 1926 im Konfirmandensaal einen Adventskranz aufhing“, heißt es im zitierten Bericht von 1965.

Historischer Rückblick: Starke Veränderung bei Weihnachtsbräuchen

Besonders starke Veränderungen im Brauchtum habe es bei den eigentlichen Weihnachtsbräuchen festgestellt – und zwar „seit etwa hundert Jahren“, die Wandlungen seien erheblicher als bei allen anderen Festen im Jahresablauf: „Weihnachten war jahrhundertelang ein rein kirchliches Fest ohne Beschwerung und Tannenbaum.“ Höhepunkt und religiöses Erlebnis seien die Christmetten und Gottesdienste gewesen.

„Als sich nach 1880 die Sitte einbürgerte, dass Kirchenchöre schöne Weihnachtslieder sangen, ab 1890 auch Posaunenchöre und andere Musikkapellen weihnachtliche Choräle bliesen, gingen von der Christnacht auch künstlerische Eindrücke aus.“

Allmählich hätten sich nach 1860 sowohl im bürgerlichen als auch im bäuerlichen Milieu der Weihnachtsbaum und die Weihnachtsgeschenke durchzusetzen begonnen – eine weltliche Weihnacht mit neuem Brauchtum entstand.

Die Fichte wird als Christbaum immer beliebter

Um 1880, heißt es in dem Buch, habe sich die Fichte als „Chrestboom“ einzubürgern begonnen, in katholischen Familien erst um 1900, auch nur nach und nach. Ihre Vorläufer waren Kiefer und Stechpalme mit roten Beeren (Hülse, Hölsbösch, Hölschen, Hüenschel).

Mit Gebasteltem wurden die Bäume geschmückt: Blumen und Ketten aus buntem Papier, vergoldete oder versilberte Walnüsse, rote Äpfel, Plätzchen, Ketten aus Beeren der Stechpalme. Als Lichter hätten - vereinzelt wohl bis 1880 - halbe Schalen von Walnüssen mit Dochten gedient, die mit Rapsöl gefüllt und mit Siegellack an den Zweigen befestigt wurden. Kerzen und Glaskugel seien ab 1890 dazu gekommen.

Die Krippen seien in den katholischen Familien Oberbergs eher schlicht gewesen, „mit dem Jesuskind, Maria und Josef, einigen Hirten und Engeln“, Waldmoos, Fichten- und Stechpalmzweigen. „In den Kirchen fanden um 1900 mit Kerzen besteckte große Weihnachtsbäume zu beiden Seiten des Altares Aufstellung.“

Die Kirchenglocken spielten an den Weihnachtsfeiertagen eine große Rolle: „Am Vortage des Festes begannen im Schwarzenbergischen schon um 15 Uhr die Glocken zu beiern. Das eintönige und doch feierliche Gekäut gehörte für alt und jung zur rechten Weihnachtsstimmung.“

Die Feier der kirchlichen Weihnacht begann „früher wie heute in lutherischen Gemeinden mit der morgendlichen Christmette, im Volksmund Christnacht oder Chrestnät genannt“. Damit sei „einstmals im Schwarzenbergischen ein schöner alter Lichtkult verbunden, der heute nur noch von den Dannenbergern gepflegt wird“, hieß es 1965.

Uralter „Lichtkult“ lebt weiter

Im Dezember 2015 berichtete diese Zeitung, dass dieser Lichterbrauch in Dannenberg immer noch lebt. In dem Zusammenhang zitierten wir aus dem Aufsatz „Oberbergische Weihnachtsbräuche“ des Heimatforschers Otto Kaufmann von 1960.

Demnach habe es die Sitte um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert noch in Vollmerhausen (1885), Kotthausen (1893), Ründeroth (1895), Lieberhausen (1900), Hülsenbusch (1914) und bis 1953 in Unnenberg gegeben.

Viele alte oberbergische Bräuche finden sich in dem 1965 erschienenen Buch „Der Oberbergische Kreis“. Einige der Bräuche aus diesem Buch haben wir schon vorgestellt. Heute beschäftigen wir uns mit denen, die sich um die Advents- und die Weihnachtszeit drehen.

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