Lebendiges OberbergDie Braunerde zeugt von tropischer Vergangenheit

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Eine Person steht mit Spaten vor einem Erdloch.

Wer einmal ein Loch in seinem Garten gegraben hat, kennt die Eigenschaften der Braunerde-Bodens. Er ist kühl, schwer und lehmig.

Diese Naturerscheinung blüht nicht am Wegesrand und schwirrt nicht über dem See.  Erneut beschäftigen wir uns in unserer Serie mit einem Bodentyp, nämlich der Braunerde.

Die Eigenschaften des Bodens bedingen, welche Pflanzen darauf gedeihen. Die Böden im Bergischen Land gelten als „arm“, verglichen etwa mit den Auenböden aus der Kölner Bucht. Ohne Einflussnahme von Menschen und großen Säugetieren würde auf ihnen ein Mischwald entstehen. Wald wächst im Bergischen Land – dem Eindruck der letzten Jahre zum Trotz – recht gut.

Von Natur aus gute Ackerböden gibt es zwischen Köln und Marburg selten. Da man auf unseren „minderwertigen“ Böden Weizen oder Gemüse auch mit gewaltigen Subventionen kaum konkurrenzfähig für den Weltmarkt anbauen könnte, kultiviert man auf diesen Braunerden eben Gras, denn das wächst (wie der Wald) verhältnismäßig gut und lässt sich als Futter für Rinder, Schafe und Pferde verwerten.

Vor 390 Millionen Jahren herrschten in Oberberg tropische Temperaturen

Aber was ist im Untergrund des Bergischen Landes anders als zum Beispiel in der Zülpicher Börde oder dem Münsterland? Um das zu verstehen, muss man weit zurückblicken. In der Geologie geht es in der Regel nicht um Jahre oder Jahrzehnte. Selbst Jahrhunderte fallen kaum ins Gewicht. Im Devon, der Zeit vor etwa 390 Millionen Jahren, lag das Bergische Land noch viel näher am Äquator und es war entsprechend tropisch. Außerdem war die heutige Landfläche vom flachen Wasser am Rand eines Meeres bedeckt. Vom nahgelegenen Festland wurde permanent Sand und Schlick in das Meer geschwemmt und abgelagert, bis sich dicke Schichten bildeten, die unter Druck zu Sedimentgestein wurden.

Robert Heyn, Autor des Buches „Oberbergische Heimat“ von 1950 beschreibt es folgendermaßen: „Weit zurück liegt die Zeit, in der sich die Gesteine der Heimat zu bilden begannen. (…) Durch gewaltige Sandgebiete zogen Flüsse dahin, deren Bett aber meist trocken lag. Nur, wenn furchtbare Wolkenbrüche ihre Wassermassen über die Wüste ausgossen, dann brausten die Ströme mit riesigen Wassermengen dahin und führten große Sandmengen vom Land hinaus in das Meer. (…) Im Meer kamen die Schuttmengen, die die Ströme brachten, bald zur Ruhe. (…) Ausgedehnte Ablagerungen von Sandstein und Ton entstanden als Urformen von Grauwacke und Schiefer.“

Wie das Oberbergische Land zum Gebirge wurde

Im Zeitalter Karbon wurden die Ablagerungen durch seitlichen Druck gefaltet und herausgehoben. Seit dieser Zeit ist unsere Region Festland, das auf seiner Erdplatte langsam aber stetig nach Norden geschoben wurde. Die Gesteine, die sich zu Bergen aufgetürmt hatten, waren der Witterung ausgesetzt und das Gebirge wurde zu einer Hochfläche eingeebnet. Oder wie es Robert Heyn beschreibt: „Noch ehe die Faltung dieses wilden Hochgebirges abgeschlossen war, griff die Verwitterung ein und begann mit der Zerstörung dessen, was eben geschaffen worden war.“

Viele Jahrtausende später im Quartär, dem heute noch andauernden Zeitabschnitt, erfolgten dann jene Prozesse, die das heutige Landschaftsbild mit den vielen Tälern ausprägten und die Böden, die wir heute vorfinden, entstehen ließen. Und das war aufgrund der silikatischen Ablagerungen des Urmeeres und den Einwirkungen von unzähligen Organismen sowie des Klimas an vielen Stellen des Bergischen Landes die vertraute Braunerde, die uns in Abgrabungen, Baugruben oder Pflanzlöchern von ihrer bewegten Geschichte erzählt.


Oberbergs Boden wird von Grauwacke geprägt

Die Braunerde ist ein im Bergischen Land häufig vorkommender Bodentyp. Auch hier gilt, dass das Ausgangsgestein neben dem Klima die wichtigste Voraussetzung für die Art und Weise ist, wie sich ein Boden entwickelt. In weiten Teilen des Bergischen Landes ist das Ausgangsgestein Sandstein, beispielsweise Grauwacke, ein Sedimentgestein, das aus Silikaten besteht.

Silikate sind chemische Verbindungen aus Silizium und Sauerstoff, die Minerale wie Feldspat und Quarz bilden. Die Bodenreaktion dieser Silikatgesteine zeigt einen niedrigen pH-Wert. Darum sind viele Böden im Bergischen Land eher sauer als basisch. Auf solchen Gesteinen bildet sich unter weiteren Einflüssen, wie häufigen Niederschlägen und gemäßigten Temperaturen, in vielen Fällen der Bodentyp Braunerde. Dort, wo im Bergischen Land Karbonat- bzw. Kalksteine vorkommen, bilden sich entsprechend andere Böden, deren Reaktion basisch ist.

Böden definiert man darüber, wie die Schichten, die Bodenkundler als Horizonte bezeichnen, ausgeprägt sind. Von oben nach unten werden sie vereinfacht als A-, B- und C-Horizont bezeichnet. Die basenarmen Braunerden des Bergischen Landes bestehen aus folgenden Horizonten: unter einer organischen Auflage aus toten Pflanzenteilen bildet der Ah-Horizont (h steht für Humus) die erste Mineralbodenschicht. Der Anteil von Humus liegt hier bei unter 30 Prozent. Darunter befindet sich der viel mächtigere Bv-Horizont (v steht für verwittert), in dem durch Reaktion des im Boden vorhandenen Eisens mit Sauerstoff sowie durch Mineralneubildung eine Verbraunung und Verlehmung des Bodens stattfindet. Darunter liegt der C-Horizont, der rein mineralische Untergrund, also das Ausgangsgestein. 

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