Die GWN wartet auf Nachricht, ob die Anlagen finanziell gefördert werden. Der Nabu hofft auf mehr Naturschutz.
WindenergieNabu möchte auch in Nümbrecht mehr Biodiversitäts-Schutz

Der Bau von drei Windenergieanlagen in Nümbrecht werfen ihre Schatten voraus. Dabei dürfte es noch dauern, bis die Bagger anrollen.
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„Die Energiewende wird nicht ohne Windkraft gelingen und die Stromversorgung der Zukunft nicht ohne sie funktionieren. Wer das in Frage stellt, der kann auch gleich den Klimawandel leugnen“, sagt Michael Gerhard vom Vorstand des Naturschutzverbandes Nabu Oberberg. Das zu betonen ist ihm wichtig. In einer Nabu-Stellungnahme, die dieser Zeitung vorliegt, pocht er zugleich deutlich auf ein höheres Maß an Rücksichtnahme auf Flora und Fauna als vom Gesetzgeber verlangt.
Die Krise der Biodiversität sei ein gleichwertig global und lokal wirksamer Faktor. Gerhard hofft auf ein Einsehen bei den Gemeindewerken Nümbrecht (GWN), die in der Schlossgemeinde bekanntlich drei Windenergieanlagen (WEA) bauen und betreiben will. „Es wäre schön gewesen, wenn man das kleinste bisschen Biodiversitätsschutz noch mitgemacht hätte, das ist leider nicht geschehen.“
Kontroverse Debatten im Dorf
Wie berichtet, sollen zwei Anlagen im Bereich der Orte Wolfscharre, Alsbach und Heddinghausen errichtet werden, eine dritte bei Hömel. Nicht ganz unerwartet scheiden sich daran die Geister der Anwohner. Gebaut werden sollen Windräder vom Typ Enercon E-175 EP5 – Anlagen mit einer Nabenhöhe von 162 Metern und Rotordurchmessern von 175 Metern.
Der Vorstand des Gemeinnützigen Vereins Heddinghausen schlug vor Monaten Alarm, weil die „Diskussionen im Dorf immer emotionaler und kontroverser geführt“ würden. Der Vorstand schrieb an die Dorfbewohner: „Wir befürchten, dass dies zu einer ernsthaften Störung des friedlichen Zusammenlebens im Dorf führen könnte.“
Nur 499 Meter Abstand
Hört man sich um, äußern viele Anwohner ihre Ängste, sorgen sich etwa um die Folgen altbekannter Begleiterscheinungen von Windrädern wie Infraschall, Lärm, Schatten- und Eiswurf. Sie ärgern sich darüber, dass man sie vor vollendete Tatsachen gestellt hat, weil die Öffentlichkeit nicht beteiligt wurde, und auch über die neuen Abstandsregeln. Sie verweisen auf die Bürgerbefragung vom Februar 2023: Damals hatten in Nümbrecht zwar mehr als 80 Prozent der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger dafür gestimmt, dass die GWN Windkraft über Nümbrecht gewinnen soll.
Aber: Viele seien damals von kleineren Anlagen mit 100 Metern Höhe ausgegangen, und von einer Abstandsregelung von mindestens 1000 Metern zwischen Windrad und Wohnbebauung. Jetzt gelte die Vorschrift, dass der Abstand nur noch das Doppelte der Höhe des Windrads betragen müsse. Bei den geplanten sehr hohen Anlagen in Nümbrecht, deren Rotorspitzen ganz oben an der Marke von 250 Metern kratzen, läuft das auf einen Mindestabstand von nur noch etwa 499 Metern bis zum nächsten Wohnhaus hinaus.
Ein Heddinghäuser legte im August gegen den Kreis als Genehmigungsbehörde vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Klage ein. Die Klage, so heißt es am OVG, habe aber keine aufschiebende Wirkung. Bei der GWN geht man nach Rücksprache mit den eigenen Anwälten davon aus, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe, sagt Karina Tuttlies.
Die GWN-Geschäftsführerin wartet zurzeit täglich auf Nachricht, ob die GWN-Bewerbung um Fördermittel von Erfolg gekrönt ist. Tuttlies: „Wir haben an der Ausschreibung ,Windenergieanlagen an Land' der Bundesnetzagentur teilgenommen.“ Wer den Zuschlag bekommt, bekommt auf Jahre Fördermittel. Die Ausschreibung war allerdings total überzeichnet, weiß sie.
Viele bekommen gar keinen Zuschlag nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Manche Windräder werden dann nie gebaut.
Und wenn es keinen Zuschlag gibt? Dann, so die Geschäftsführerin, würde sich die GWN in der nächsten Ausschreibung erneut bewerben. Michael Gerhard warnt allerdings: „Viele bekommen gar keinen Zuschlag nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Manche Windräder werden dann nie gebaut.“ Dabei hätten die GWN auch ohne Finanzspritze die Option, den Windstrom direkt an ihre Kunden weiterzugeben – „so billig, wie die Windräder ihn erzeugen“, findet er.
Derweil plant die GWN den Bau der drei Windräder weiter, mit dem erklärten Ziel, dass die drei Anlagen in Zukunft 75 Prozent der Energie der Gemeinde liefern sollen. Auch 2026 werde im Zeichen der Planungen stehen, sagt Tuttlies, etwa zu Fragen der Finanzierung – und zur Zuwegung. Man fragt sich: Wie sollen die gigantischen Bauteile wie die 175-Meter-Rotoren überhaupt an Ort und Stelle gelangen?
Problem der Zuwegung
Daran arbeite die Firma Enercon, so Tuttlies. Ein Transport durch das Örtchen Wolfscharre habe dabei übrigens nie zur Debatte gestanden. Michael Gerhard sagt hingegen, auch diese Variante stehe in den Unterlagen. Er hält sie aber für völlig abwegig: „Dafür müssten in Wolfscharre Häuser abgerissen werden.“
Grundsätzlich glaubt Gerhard, der Standort bei Alsbach sei „nicht der schlechtste“. Er findet auch die Planung nicht komplett falsch. Mit Blick auf die Biodiversitätsproblematik sagt er aber auch: „Ich hätte mir gewünscht, dass man das bisschen, was man ohne großen Verzicht noch hätte machen können, auch macht. Das ist Dreh- und Angelpunkt meiner Stellungnahme. “
Hoffen auf Gespräche
Zu den großen Ärgernissen gehöre, dass die Anlagen teils in einen Laubbaumbestand gebaut werden. „Das wäre gar nicht nötig gewesen, man hätte sie auch in den Kahlschlag bauen können.“ Zudem hat er viele Vorschläge zum Schutz von Fledermaus und Rotmilan gemacht.
Er hofft, dass die GWN noch das Gespräch suchen wird. Das allerdings sei nicht vorgesehen, sagt Karina Tuttlies auf Nachfrage: Alle Träger öffentlicher Belange seien beteiligt worden. Auch der Nabu.
Teilplan beschlossen
Am letzten Freitag vor Weihnachten hat der Regionalrat in Köln den „Sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien“ mit 342 Windenergiebereichen mit zusammen 16.100 Hektar Land für den Regierungsbezirk Köln beschlossen. In einer Pressemitteilung schreibt die Bezirksregierung: „Mit dem Abschluss des Planverfahrens setzt die Region einen zentralen Baustein der Energiewende um und schafft klare, rechtssichere Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Windenergie.“
Der Ausbau der Windenergie geht landesweit weiter und lässt sich nicht verhindern. 1,8 Prozent der Fläche in ganz NRW sind für Windrad-Projekte auszuweisen, das entspricht gut 61.000 Hektar. Nach Auskunft des Kreises liegen zurzeit keine weiteren Anträge zur Errichtung von Anlagen für Nümbrecht vor.
Zwei weitere Genehmigungen
Der Oberbergische Kreis hat Errichtung und Betrieb zweier Windenergieanlagen in Hückeswagen-Fockenhausen nahe der Bevertalsperre genehmigt. Das hat der Kreis am Freitag in Form einer Öffentlichen Bekanntmachung mitgeteilt. Die Genehmigung gilt für zwei Enercon-Anlagen mit 138,25 Metern Rotordurchmesser, Nabenhöhe von 160 Metern und einer Nennleistung von 4260 kW pro Anlage. Gegen den Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim OVG erhoben werden. Der Genehmigungsbescheid samt Begründung liegt von Montag, 5. Januar, bis Montag, 19. Januar, bei der Unteren Immissionsschutzbehörde des Kreises, Moltkestraße 42 in Gummersbach, zur Einsichtnahme aus. Telefonische Anmeldung unter (02261) 88-6726.

