Gericht in WaldbrölBohrmaschine geworfen? Gutachter prüft Schuldfähigkeit eines Alkoholikers

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Das Gebäude des Amtsgerichts in Waldbröl.

Amtsgericht Waldbröl: Vorerst kein Urteil gab es im Prozess gegen einen 66-Jährigen.

Vor dem Amtsgericht ist ein 66-Jähriger angeklagt, da er einen Nachbarn mit einer laufenden Bohrmaschine und einem Eisenrohr angegriffen haben soll.

„Njet“, beteuerte der 66-jährige Angeklagte, sein Nachbar habe Sturm geklingelt und gegen die Tür getreten. „Ich habe aufgemacht und gleich eins in die Fresse bekommen.“ Darauf habe er eine auf dem Stuhl liegende Bohrmaschine gegriffen und in Richtung des Angreifers geworfen. Der sei ins Treppenhaus geflüchtet und kurz darauf mit seiner gesamten Familie zurückgekommen.

Den Anklagevorwurf, er habe seinen Widersacher mit einer laufenden Bohrmaschine und einem Eisenrohr angegriffen, bestritt er ebenso vehement, wie die Anschuldigung, er habe dessen Tochter mit einem Messer bedroht und dabei gerufen: „Ich stech’ dich ab!“ – „Alles gelogen, alles Märchen!“, beteuerte der 66-Jährige gegenüber dem Vorsitzenden Richter Peter Glaubach am Waldbröler Amtsgericht.

Eine halbe Kiste Bier am vermeintlichen Tatabend intus gehabt

Nach seinem Alkoholkonsum gefragt, betonte er, weder Schnaps noch Wein zu trinken, weil er doch zuckerkrank sei, aber so eine halbe Kiste Bier habe er am vermeintlichen Tatabend schon intus gehabt. Das rechtsmedizinische Gutachten hatte für ihn tatsächlich noch eine Stunde nach dem Vorfall in einem Waldbröler Mehrfamilienhaus einen Wert von 2,05 Promille ermittelt.

Wegen seiner Alkoholkrankheit und psychischen Problemen ist dem Mann auch ein Betreuer zur Seite gestellt, ein allerdings mittlerweile neun Jahre altes neurologisches Gutachten bestätigt das Krankheitsbild.

Das aus dem März 2014 stammende Gutachten nahm Richter Peter Glaubach im Einvernehmen mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft nun zum Anlass, den 66-Jährigen erneut auf dessen Schuldfähigkeit überprüfen zu lassen und eventuell sogar die Einweisung in eine geschlossene Einrichtung zu verfügen.

Der Verteidiger hatte darauf hingewiesen, dass in den neun Jahren seit Erstellung des Gutachtens sich der Zustand seines Mandanten ganz gewiss nicht gebessert, sondern was die Erinnerungsfähigkeit betreffe, sogar noch verschlechtert habe.

Die drei Zeugen, darunter der mutmaßliche Angreifer, wurden zur Beweisaufnahme nicht mehr gefragt, eventuell wird es einen neuen Prozess geben, wenn das Gutachten vorliegt.

„Das kann jetzt noch eine ganze Zeit dauern“, beschied Richter Glaubach die erschienenen Zeugen.

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