Endstation in AlperbrückPolizei kontrolliert Tuning-Szene in Wiehl

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Fast alles okay ist am rasanten Fahrzeug eines Waldbröler Autofans: Christian Hakenes und Claudia Riss von der Polizei lassen ihn fahren.

Alperbrück – „Diese kurze Spritztour war leichtsinnig, sogar ganz schön dumm.“ Endstation in Alperbrück: Soeben hat die Polizei den aufgemotzten Kleinwagen eines 27-Jährigen aus dem Verkehr gezogen, jetzt steht der Oberberger in Alperbrück auf einem Parkplatz und telefoniert sich durch den Freundeskreis: Jemand muss ihn und das Auto abholen – mit einem Anhänger, denn der Clio im Rallye-Outfit darf nicht zurück auf die Straße.

So wie dem 27-Jährigen ergeht es am Freitagabend prompt noch zwei anderen Autofahrern: Kaum hat die Polizei Posten bezogen an der großen Kreuzung der Landesstraßen 336 und 341, da ist für die Ersten bereits Feierabend. Anzeigen werden geschrieben, Autos zumindest vorübergehend stillgelegt. Denn nicht Raser hat die Mannschaft um Einsatzleiter Wolfgang Weiß im Blick: Die Polizei hält Ausschau nach Autos und Motorrädern, die verändert worden sind.

Polizei beschäftigt sich schon länger mit Tuning-Szene

„Seit etwa einem Jahr beschäftigen wir uns sehr intensiv mit der Tuning-Szene“, erklärt Hauptkommissar Weiß, der zudem den Verkehrsdienst der Polizei leitet. „Denn diese Szene wächst, vor allem in Bergneustadt und Gummersbach.“ So stehen er und seine Kollegen am Freitagabend eben nicht nur in der Wiehler Ortschaft, sondern schwenken auch an weiteren Stellen im Kreis die Kelle, winken Fahrzeuge an den Straßenrand zur Kontrolle. Anlass ist, dass immer mehr Beschwerden bei der Polizei eingehen – heulende Motoren, donnernde Auspuffanlagen, quietschende Reifen. Weiß: „Und weil viele Tuner das schöne Wetter an diesem Wochenende nutzen, um noch mal so richtig zu posen, sind auch wir unterwegs.“

Bilanz der Tuning-Kontrolle

Nicht nur den Renn-Clio hat die Polizei am späten Freitagabend aus dem Verkehr gezogen. Ebenso wenig weiter ging die Fahrt für einen 24-jährigen Bergneustädter, der an seinem Wagen nicht eingetragene Reifen angebracht und einen falschen Auspuff installiert hatte.

Zu laut war dagegen das Auto eines weiteren Bergneustädters (25). Das habe eine Lärmpegelmessung ergeben, sagt die Polizei. Der Mann nahm eine Anzeige mit nach Hause. Ebenso ein 39 Jahre alter Gummersbacher: Sein Fahrzeug hatte keine Kennzeichen, er selbst keinen Führerschein.

Insgesamt erstatteten die Beamten in acht weiteren Fällen Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten und kassierten weitere 13 weitere Verwarngelder. (höh)

Mit im Team ist diesmal ein Kradfahrer: Und der zischt plötzlich los, rast über die Kreuzung und bremst jenen Clio. „Was die Polizei hier macht, das ist absolut richtig“, sagt dessen Fahrer, als er den Beamten eine dicke Kladde in die Hand drückt mit allem, was an seinem Auto, Baujahr 2011, seither verändert worden ist. „Ich wollte dieses Auto haben, weil es selten ist, weil kein anderer so eines hat“, erklärt der 27-Jährige. „Und jetzt wollte ich ausprobieren, wie’s sich fährt.“ Ein Fehler: Fast nichts ist so, wie es in den Papieren steht. „Das Fahrwerk ist nicht okay, ebenso wenig der Auspuff, das Lenkrad ohne Airbag, die Räder und die Rallye-Reifen, die das Fahren bei Nässe lebensgefährlich machen“, fasst Einsatzleiter Weiß zusammen, was der Experte Christian Hakenes zuvor festgestellt hat.

Drei Kleinigkeiten gefunden

Der bekommt später leuchtende Augen: Gerade hat Oberkommissarin Claudia Riss einen BMW M3 an den Rand dirigiert. Der Sportwagen ist Baujahr 1988 und nahezu alles ist original. „Ich habe lange gespart“, berichtet der Besitzer, ein 33-Jähriger aus Waldbröl. Stolz zeigt er seinen Schatz der Polizei – zu befürchten hat er nichts, fast jedes Detail ist in die Papiere eingetragen. Hakenes findet drei Kleinigkeiten: „Wenn er die noch dokumentieren lässt, gibt es wirklich nichts mehr zu bemängeln.“

Er prüft, ob jegliche Emissionen simmen, also ob das Fahrzeug so laut ist wie es sein darf, und ob die Abgaswerte stimmen. Er sieht nach, ob technische Veränderungen eine Gefahr bedeuten und zuletzt, ob die Art des Fahrzeugs noch die ist, die im Fahrzeugschein steht. „Allein in dieser Saison haben wir bisher etwa 180 Fahrzeuge stillgelegt“, schildert Wolfgang Weiß. Beschlagnahmt die Polizei ein Fahrzeug, wird es zu einem Gutachter gebracht. „Und das wird richtig teuer: Der Eigentümer muss nicht nur die Strafe zahlen, sondern auch die Kosten fürs Abschleppen, für den Gutachter und nicht zuletzt den Umbau in den ursprünglichen Zustand.“

Das könnte Sie auch interessieren:

So ergeht am späten Abend einem Gummersbacher (32): An seinem Wagen ist nach Angaben der Polizei eine Auspuffanlage verbaut, die nicht zum Fahrzeug gehört. Und im Inneren finden die Beamten eine Fernbedienung für die Auspuffklappen. Da der Mann keine Einsicht gezeigt habe, bliebt sein Auto bei der Polizei. Stets reagiert die Mannschaft blitzschnell, hört hin, sieht hin. Auch dass ein metallisch-leuchtendes, grünes Coupé an der Tankstelle gegenüber vorfährt, entgeht Claudia Riss nicht: Sie läuft hin, lädt Fahrer und Beifahrer ein, nach dem Tanken zum Kontrollstopp zu kommen. „Alte Bekannte“, erklärt die Polizistin. „Mal sehen, was diesmal anders ist.“ Die Männer fahren vor und lassen die Fachleute der Polizei an den Sportwagen. Und sie sind nicht die einzigen, die ein unerwartetes Wiedersehen erleben.

KStA abonnieren