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Erstes FazitNeues Führungsduo der Bielsteiner Erzquell Brauerei ist seit einem Jahr im Amt

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Tina Haas und Sebastian Brack im Porträt.

Tina Haas und Sebastian Brack sind das Führungsduo in der Bielsteiner Erzquell Brauerei.

Tina Haas (41) und Sebastian Brack (44) leiten die Erzquell Brauerei in Bielstein und blicken auf einen Getränkemarkt, der sich verändert hat.

Seit einem Jahr leiten Tina Haas (41) und Sebastian Brack (44) die Bielsteiner Erzquell Brauerei. Die gelernte Psychologin Haas stieg vor zehn Jahren ins Familienunternehmen ein – an der Seite ihres Vaters Axel Haas, der sich inzwischen aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat. Brack ist, so berichtet der gebürtige Essener, über einen Headhunter an die Brauerei im Oberberbergischen gekommen. Vier bis fünf Monate habe man gesprochen, bis klar gewesen sei, „das ist es“.

Doch warum Bier? Brack ist in der Getränkeszene kein Unbekannter. 2013 gründete er mit einem Partner die Firma Belsazar. Zuvor hatte er mit einem anderen Partner die Tonic-Marke Thomas Henry gegründet. Nicht nur das Produkt Bier habe ihn gereizt, auch der Umstand, mit dem neuen Job wieder nach NRW und zu seiner Familie in Essen zurückzukommen.

Brauerei: Der Getränkemarkt ist nicht einfacher geworden

Dass der Getränkemarkt nicht einfacher geworden ist, wissen die beiden Geschäftsführer nur zu gut. Erst Corona, als die Leute nicht mehr ausgehen konnten und der Gastronomie die Umsätze wegbrachen, dann der Ukraine-Krieg, der die Preise überall habe explodieren lassen. Das ist auch an der Bielsteiner Erzquell Brauerei nicht spurlos vorbeigegangen. Dabei sind die Oberberger, die in Siegen noch die Erzquell Brauerei Siegtal betreiben, im Gegensatz zu vielen anderen Brauereien noch am Markt.

In den vergangenen Jahren seien 100 Brauereien geschlossen worden, sagt Haas. Und auf dem Kölsch-Markt brauen nur noch sechs Brauereien die obergärige Spezialität. Der große Player ist hier der Oetker-Konzern, der mit seinen mittlerweile sechs Kölschsorten bei Früh lohnbrauen lässt. Und die Bielsteiner Erzquell   Brauerei, seit dem Kölsch-Konvent die einzige Brauerei, die außerhalb von Köln diese Sorte brauen darf, eine Art gallisches Dorf. Doch in dieser Rolle fühlt man sich wohl. Man kennt die eigenen Grenzen, wie die beiden erklären.

In Bielstein hat der neue Brauereichef eine „supergute Basis“ angetroffen

Und was hat Brack in Bielstein angetroffen? Eine „supergute Basis, einen in sich gefestigten Betrieb“, wie er sagt. Das Unternehmen könne ganz viel, doch die Rahmenbedingungen hätten sich geändert. Also stelle sich die Frage, wie man die Transformation hinbekomme. Am Ende gehe es darum, die Brauerei zukunftsfähig zu machen. „Evolution statt Revolution“, nennt Tina Haas den Prozess. Also gibt es demnächst Tonic aus Bielstein? Die beiden lachen, betonen, dass Kölsch gesetzt sei, weil es auch besonders sei. „Das wollen wir hegen und pflegen“, sagen beide. Doch das heiße nicht, dass man nicht noch was anderes aufbaue. Also doch Tonic? Ohne ins Detail zu gehen, sagen die beiden, dass es etwas sein müsse, dass für den Aufbau einer neuen Produktion nicht gleich Millionen verschlinge.

Schon jetzt sind die Bielsteiner neben Kölsch und Pils mit Produkten wie dem alkoholfreien Bergischen Sportsfreund und dem Aperitif „Bergischer Spritz“ breiter aufgestellt als viele meinen. Ziel sei es, das alkoholfreie Angebot weiter auszubauen, die Nachfrage werde immer größer. Berichte, nach denen die Erzquell Brauerei sich mehr in Richtung Köln orientieren wolle, wollen die beiden Geschäftsführer so verstanden wissen, dass man sich in den Ballungszentren wie Köln zeigen wolle. Getreu dem Motto „Wir sind auch noch da“. Mehr stecke nicht dahinter. „Wir wollen hier weiter alle glücklich machen“, sagt Brack. Was die Erzquell Brauerei allerdings geschafft hat, ist eine Rückkehr zum VfL Gummerbach in die Schwalbe-Arena.

Hier allerdings nicht mit Kölsch, sondern mit Erzquell Pils. Schon in den 1980er Jahren war die Brauerei Sponsor der Handballer und mit dem Logo auf dem Trikot der Spieler. „Für uns ist das ein emotionales Thema“, sagt Haas. Daher sei man auf den VfL zugegangen. Allerdings solle das nicht heißen, dass die anderen Vereine, die von der Brauerei unterstützt würden, nicht mehr bedacht würden, denn alle seien wichtig.

Offen sind beide bei der finalen Frage nach bevorstehenden Preiserhöhungen. „Auch wir werden eine Preisanpassung vornehmen. Wir sind mit Preiserhöhungen unserer Zulieferer konfrontiert, die wir seit der Corona-Zeit nicht vollständig an den Konsumenten weitergeben“, sagt Haas. Hinter der Produktion eines guten Bieres stecke ein langer und kostenintensiver Prozess. „In den vergangenen Jahren mussten sehr viele kleinere, noch unabhängige Brauereien schließen oder verkaufen, weil sie die gestiegenen Kosten nicht mehr kompensieren konnten. Diesen Weg wollen wir vermeiden“, so die Geschäftsführerin.