Gefragte BerufeNora Haase aus Wiehl hat ihren Traumberuf am Farbeimer gefunden

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Malerin Nora Haase hält eine Farbrolle und einen Farbeimer in den Händen.

Malerin Nora Haase ist inzwischen im dritten Lehrjahr. Ihr gefällt es, Verantwortung zu übernehmen.

Der Fachkräftemangel wird beklagt, besonders im Handwerk. In unserer neuen Serie stellen wir junge Oberberger vor, die etwas dagegen tun.

„Das hier ist mein Fitnessstudio!“ Die Farbrolle in der einen, den Eimer in der anderen Hand steigt Nora Haase auf die Leiter und lacht. Decke und Wände eines riesigen Wohnzimmers müssen gestrichen werden, alles in strahlendem Weiß. Die 23-Jährige ist Auszubildende im Maler- und Lackiererhandwerk. „Heute ist mal nicht so viel Farbe im Spiel, aber man sieht am Ende das Ergebnis. Jeden Abend weiß ich: Das hab ich heute geschafft. Auch kleine Schritte führen zum großen Erfolg, und darauf bin ich stolz“, erzählt sie voller Begeisterung.

Die Ausbildung zur Hotelfachfrau war nichts für sie

Dabei war es keineswegs ihre erste Wahl, einen Handwerksberuf zu erlernen, gesteht sie freimütig. Sie musste feststellen, dass die begonnene Ausbildung zur Hotelfachfrau nicht zu ihr passte, machte ihr Fachabitur und fand ihren Traumjob schließlich nach mehreren Praktika. „Handwerk – das ist es!“, fand sie heraus. Und weil sie gern kreativ ist und mit den Händen arbeitet, begann sie ihre Ausbildung im Wiehler Malerfachbetrieb Eric Stranzenbach. „Da habe ich zuerst zur Probe gearbeitet, mir hat es gefallen im kleinen Team mit acht Leuten.“ Und auch mit Kollegen „hat es direkt gewuppt.“

Inzwischen ist Nora Haase im dritten Lehrjahr, kürzlich durfte sie selbst einen Flur mit verschiedenen Materialien gestalten, durfte Verantwortung übernehmen. Das hat ihr gefallen. „Es war meine eigene Baustelle!“ Aber es gab auch Ende des ersten Lehrjahrs eine Zeit der Selbstzweifel. „Bei mir muss immer alles direkt funktionieren, alles soll perfekt sein“, gesteht sie selbstkritisch. „Das hat beim Lehmputz und beim Spachteln erst mal nicht so gut geklappt.“ Da habe sie dann die nötigen Tricks von den Kollegen gelernt und die Phase auch durch viele Gespräche überwunden. Zum Glück, findet sie heute.

Jeder hat mal zwischendurch ein Tief.
Nora Haase

„Jeder hat mal zwischendurch ein Tief.“ Da sollte man wie einige ihrer Mitschüler an der Berufsschule nicht gleich daran denken, die Ausbildung abzubrechen, sondern auch an die positiven Seiten denken. „Manche wollen lieber studieren – aber es ist auch cool, im Handwerk von anfang an eigenes Geld zu verdienen, auch wenn es kein Vermögen ist. Und es ist ein sicherer Beruf. Man kann nicht alles durch Maschinen ersetzen“, zählt sie auf.

Manche Vorurteile würden sich hartnäckig halten, zu Unrecht: Längst gehe es auf der Baustelle nicht mehr so rau zu wie früher mal. Und die geforderten Mathekenntnisse seien nicht so krass wie befürchtet. „In der Schule hatte ich in Mathe eine Fünf, heute bin ich Klassenbeste.“  Wichtiger sei es, keine „zwei linken Hände“ zu haben, und auch vor körperlicher Arbeit sollte man sich nicht scheuen.

Der Kontakt zu den Kunden hat ihr von Anfang an gefallen: „Ich freue mich, wenn ich andere glücklich machen kann.“ Nach ihrer Prüfung möchte Nora Haase erst einmal als Gesellin weiter arbeiten, später vielleicht die Meisterprüfung machen.

Anderen, die sich für einen Handwerksberuf interessieren, rät sie, so viele Praktika wie möglich zu machen, um sich auszuprobieren. „Manchmal merkt man dann, diese Richtung gefällt mir nicht, und das ist dann auch ein Ergebnis. Aber wie schön, wenn man wie ich feststellt: Dieser Beruf – das ist so richtig meins!“


Die neue Serie

Der Fachkräftemangel wird überall beklagt, ganz besonders im Handwerk. In den Kitas arbeiten Erzieherinnen und Erzieher am Limit. Rettungssanitäter werden händeringend gesucht – und sehen sich Übergriffen ausgesetzt. Wer möchte in der Pflege arbeiten, wenn immer von hoher Belastung und unzureichender Bezahlung die Rede ist? Wer möchte Lehrer oder Lehrerin werden, wenn ständig die Rede ist von massiven Disziplinproblemen, großen Klassen und immer neuen Aufgaben?

Es gibt junge Leute, die sich nicht abschrecken lassen, und die schildern, warum sie ganz bewusst und gern solche Berufe ergreifen. Monika Siegfried-Hagenow hat einige von ihnen getroffen.

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