Für 16 Neubauwohnungen an der Seilerstraße fehlt eine rechtskräftige Baugenehmigung, die Stadt duldet das Wohnen dort nur. Doch in dem Rechtsstreit gibt es jetzt Hoffnung.
BauärgerNeue Hoffnung im Streit an der Seilerstraße in Wipperfürth

Im Vordergrund die neuen Häuser an der Seilerstraße in Wipperfürth, dahinter die Garagen, oberhalb davon stehen ältere Mehrfamilienhäuser.
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Wer in einem Haus oder einer Wohnung lebt, für die es keinen Bauantrag oder Baugenehmigung gibt, wohnt – juristisch gesehen – in einem Schwarzbau. Die Bauaufsicht kann die Nutzung untersagen oder sie vorübergehend dulden. Genau dies ist der Fall bei zwei Mehrfamilienhäusern an der Seilerstraße im Wipperfürther Siebenborn.
Im Frühjahr 2022 bezogen die ersten Eigentümer und Mieter die insgesamt 16 schmucken Neubauwohnungen – und schon begann der Ärger (wir berichteten). Die Wohnungen wurden errichtet von der Fundus Immobiliengesellschaft, einer 100-prozentigen Tochter der Volksbank im Bergischen Land aus Remscheid.
Wir haben ein Nutzungsverbot ausgesprochen, um weiterhin juristisch einen Fuß in der Tür zu haben
Die Wipperfürther Bauaufsicht aber stellte verschiedene Mängel fest. Als erstes untersagte sie die Nutzung der Garagen, weil es Probleme mit der Statik des Hangs geben soll und die Garagen nicht die erforderliche Höhe vorweisen. Bis heute müssen die Anwohner ihre Autos andernorts parken, was mitunter zu Stress mit dem Ordnungsamt führt.
Doch es kam noch schlimmer. Die Bauaufsicht stellte weitere Abweichungen von der Baugenehmigung fest, die damit keine Gültigkeit mehr hat. Die Folge: Auch für die neuen Wohnungen untersagte die Stadt die Nutzung. Rein rechtlich gesehen könnte sie die Wohnungen jederzeit räumen lassen – sie tut es aber nicht, sondern duldet das Wohnen. Allerdings gilt die Duldung immer nur für ein paar Monate und muss dann verlängert werden.
Neuen Bauantrag eingereicht
Sylvia Mehlhorn ist Leiterin der Bauaufsicht der Hansestadt Wipperfürth. „Wir haben ein Nutzungsverbot ausgesprochen, um weiterhin juristisch einen Fuß in der Tür zu haben“, erklärt sie. Es sei keine Gefahr im Verzug. Zwei der Besitzer, ein Ehepaar aus Lindlar, haben ihre Wohnung nie bezogen – sie steht seit drei Jahren leer. Die Besitzer würden sie gerne verkaufen, doch ohne Baugenehmigung ist die Immobilie, die mehr als 400.000 Euro gekostet hat, praktisch wertlos.
Die Fundus, die Volksbank und die Stadt Wipperfürth verkehren seit Jahren nur noch über ihre Anwälte miteinander. Doch jetzt gibt es neue Hoffnung. „Der Bauträger hat im Januar dieses Jahres eine neue Bauvoranfrage eingereicht, die wir als Bauaufsicht positiv beschieden haben“, sagt Mehlhorn. Seit dieser Woche liegt auch ein Bauantrag zur „Errichtung einer Winkelstützwand“ vor. Das, so Mehlhorn, sei ein gutes Zeichen, auch wenn Bauvoranfrage und Bauantrag nur einen Teil der „illegalen Anlagen“ beinhalten würden.
Sorgen um die Stabilität des Hanges
Verwickelt in die Rechtsstreitigkeiten ist zudem die Berka Vermögensverwaltung aus Waldbröl. Ihr gehören eine Reihe von Mehrfamilienhäusern, vor Jahrzehnten oberhalb des Hangs errichtet. Aus Sicht der Berka gefährden die Garagen an der Seilerstraße die Standfestigkeit des gesamten Hanges.
Hartmut Bertrams ist Kommissionär und geschäftsführender Gesellschafter der Berka. Die Fundus habe beim Bau der Garagen zudem die Grundstücksgrenzen verletzt, kritisiert er. „Wir stehen auf der Seite der Eigentümer“, sagt Bertrams. Aber aus rechtlichen Gründen habe man die Besitzer der Immobilien verklagen müssen.
Mittlerweile haben sich die Berka und die Fundus wieder ein wenig angenähert. Ein möglicher Vergleich scheint erreichbar. Das Verfahren vor Gericht ruhe derzeit, erklärt Bertrams. Die Bauanfrage und den Bauantrag wertet auch er als ein gutes Zeichen. Doch noch längst seien nicht alle Probleme vom Tisch.
Die Volksbank aus Remscheid bestätigt, dass zwischen der Fundus und der Berka direkte Verhandlungen über einen Grunderwerb laufen. „Somit befinden wir uns bau- und zivilrechtlich in einer aussichtsreichen Situation, die ganze Angelegenheit ,heilen zu können“, teilt der Vorstand der Volksbank mit. Und weiter: „Die Hansestadt Wipperfürth hat uns zugesagt, die Duldung der Nutzung der Wohnungen fortzuführen, sofern der gutachterliche Nachweis zur Standfestigkeit des Hanges oberhalb der Garagen erbracht wird“ – diese Anforderung sei erfüllt. Schritt für Schritt könne man nun ausstehende Arbeiten, die bisher blockiert waren, erledigen.
Hermann-Josef Bongen wohnt an der Seilerstraße 15. Er bleibt skeptisch: „Der Bauantrag ist nur für die Stützmauer hinter den Garagen gestellt worden. Das heißt, dass der übrige Bereich nach wie vor nicht bearbeitet wird. Und die Gebäude sind immer noch ohne Baugenehmigung, es gibt bislang keinen erneuten Bauantrag und die Bewohner sind nur geduldet.“