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KindereisenbahnNach 44 Jahren fuhr der Wipperfürther Neye-Express zum letzten Mal

3 min
Der Wipperfürth
Neye-Express.

Die Kindereisenbahn „Neye-Express“ war 44 Jahre lang auf vielen Festen unterwegs.

Auf dem Sommerfest des Siedlervereins Neye feierte Jürgen Kalina mit seiner Kindereisenbahn 1981 einst die Premierenfahrt.

Es schwang Wehmut mit, als Jürgen Kalina auf dem Sommerfest des Siedlervereins Neye das letzte Mal ganz offiziell in der Lok seiner kleinen Bimmelbahn saß. Der „Neye-Express“ sagte Adé.

Auf dem Fest feierte Kalina mit seiner Kindereisenbahn 1981 einst auch die Premierenfahrt. Er erinnert sich an die Anfänge: „Ich gehöre dem Siedlerverein an, war damals Vorsitzender. Für unsere Siedlungsfeste suchten wir nach einer besonderen Kinderattraktion“, erzählt er. In Anlehnung an die Bimmelbahn, die einst zum Märchenwald nach Gogarten bei Marienheide fuhr, entstand die Idee für den Betrieb des Neye-Express'. Doch woher ein Gefährt nehmen?

Ein Aquarellbild bekommt Jürgen Kalina von Henry Schellenberg überreicht.

Buntes Dankeschön: Ein Aquarellbild bekam Jürgen Kalina von Henry Schellenberg (o., v.l.) überreicht.

Kalina erfuhr, dass eine alte Lok samt Anhänger an der Gaststätte Mürmann – ebenfalls Richtung Marienheide – im Dornröschenschlaf lagerten. „Ich nahm Kontakt auf, fuhr hin – und schaute auf einen Haufen Schrott“, berichtet er. Er erfuhr: In Marienheide stationierte Soldaten hatten sich einst die Bahn ausgeliehen, beim Transport war sie vom Hänger gefallen.

Für einen symbolischen Obolus von einer D-Mark kaufte Kalina dennoch alles auf – und machte sich mit Mitgliedern des Siedlervereins und Freunden an die Reparatur. Einige Monate dauerte es, dann ging die Bahn auf Premierenfahrt. Zur Freude der Kinder.

Einige Monate dauerte es, dann ging die Bahn auf Premierenfahrt

Bei den Fahrten auf dem Siedlerfest Neye blieb es nicht. Schnell kamen Anfragen aus der ganzen Region. Weit über die Stadtgrenzen von Wipperfürth hinaus wurde der „Neye-Express“ zum Begriff. „Die weiteste Stadt, die ich angefahren habe, war Bechen“, sagt Jürgen Kalina. Als Fahrkarten teilte er kleine Zuckeruhren aus.

44 Jahre lang besuchte Kalina – lange auch neben dem Job als Kfz-Mechaniker – an den Wochenenden mit seinem Gefährt Feste, Kindergeburtstage und sogar Hochzeitsgesellschaften. Die ursprüngliche Lok musste Anfang der 1990er Jahre ausgetauscht werden. „Sie hatte ein altes Lloyd-Getriebe. Öfter war was kaputt und ich bin bis Hamburg gefahren, um Ersatzteile zu holen.“ Die Nachfolge-Lok war ein umgebauter Weinbergtraktor, mit einem 30 PS-starken Motor. „Damit kam man auch viel besser die Berge rauf“, sagt Jürgen Kalina. Innerhalb von neun Monaten wurde der kleine Traktor zu einer Lok umgebaut.

Wipperfürth: Neye-Express ging im August 1993 wieder auf Fahrt

Im August 1993 ging der Neye-Express wieder auf Fahrt. Die zwei Waggons sind bis heute die alten Originale. „Wir haben sie mit Teppich, Lichtern und Lautsprechern ausgestattet“, zählt Brunhilde Kalina auf, die ihren Mann bei seinem Hobby stets unterstützt hat.

Das Kinderlachen, die großen erwartungsvollen Kinderaugen – für Jürgen Kalina war das immer der schönste Dank für seinen Einsatz. „Es geht mir das Herz auf, wenn man die Freude der Kleinen sieht“, sagt er, selbst Vater zweier Kinder. Die Kleinen ihrerseits haben ihm für ihre Fahrten mit dem „Neye-Express“ mit vielen gemalten Bildern gedankt – weit über 100 hebt das Ehepaar Kalina auf.

Aus gesundheitlichen Gründen muss Jürgen Kalina jetzt kürzertreten. Schwer fällt es ihm dennoch, seiner Lok Tschüss zu sagen. Auf der letzten Fahrt seien sogar Tränen geflossen, verrät er. Die Siedlergemeinschaft hatte einen besonderen Abschied vorbereitet: Die kleine Bahn fuhr durch ein Spalier winkender Menschen.

Vor wenigen Wochen wurde Jürgen Kalina mit dem Heimatpreis der Hansestadt ausgezeichnet – und nach der letzten Fahrt gab es ein Bild des Neye-Express', gemalt vom Aquarellkünstler Henry Schellenberg. Beides hat nun einen Ehrenplatz zu Hause.