Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Aus Butscha nach Bergisch GladbachFür eine Woche den Raketen zu Hause entfliehen

4 min
Mit Ukrainefähnchen winken die Bergisch Gladbacher Gastfamilien in der Nacht zu Montag (8.9.) ihren jungen Gästen aus Butscha.

Mit Ukrainefähnchen haben die Bergisch Gladbacher Gastfamilien in der Nacht zu Montag ihre jungen Gäste aus Butscha empfangen.

Schülerinnen und Schüler aus Butscha werden von Gladbacher Gastfamilien herzlich empfangen – Bereits der dritte Besuch dieser Art.

Es ist tief in der Nacht, als der ukrainische Bus an der Integrierten Gesamtschule Paffrath vorfährt. Müde und doch voller Vorfreude steigen 19 Schülerinnen und Schüler aus Bergisch Gladbachs ukrainischer Partnerstadt Butscha aus, werden von ihren Gastfamilien gleich in die Arme geschlossen.

die 13-jährige Maritschka aus Butscha umarmt ihre Gastmutter bei der Ankunft in Bergisch Gladbach

Maritschka (13) ist so froh ihre Freunde in Bergisch Gladbach wiederzusehen.

Die 14-jährige Katerina ist eine Jugendliche der Gruppe, die nach 2000 Kilometern Busfahrt das Ziel erreicht hat. „Als wir vor zwei Tagen losgefahren sind, waren gerade wieder eine Menge Raketen und Bomben über unsere Stadt in Richtung Kiew geflogen“, erzählt die 14-Jährige. „In solchen Nächten kann man kaum schlafen – aber das wird in den nächsten Tagen in Bergisch Gladbach ja anders sein“, sagt sie und lächelt. „Ich bin so froh, dass wir hier sein dürfen.“

Werdet Freunde und haltet den Kontakt, damit unsere Freundschaft weiter wächst
Frank Stein, Bürgermeister, zu den Gästen aus Butscha

Spricht's und wird von ihrer Gastgeberin in den Arm genommen. Einfach mal nur schlafen – weit weg von den Bomben, Raketen und Drohnen zu Hause. Das bedeute den Kindern sehr viel, sagt auch die Deutschlehrerin Tanja Rybakova aus Butscha, die die Gruppe zusammen mit ihrer Kollegin Iryna Kukushkina begleitet. Die 13-jährige Maritschka ist seit Beginn der Schülerbesuche aus Butscha vor drei Jahren schon zum dritten Mal in der Partnerstadt. „Ich freue mich, hier wirklich Freunde wieder zu treffen“, sagt sie.

Zwei Mädchen stehen mit einer Ukrainefahne und Gepäck in der Nacht zu Montag (8. September) an der Integrierten Gesamtschule Paffrath.

Für ein paar Tage die Bomben daheim in Butscha vergessen: Emilia (l.) trifft ihre Gastgeberin in Bergisch Gladbach.

Gemeinsam mit ihren deutschen Gastgebern werden die ukrainischen Kinder und Jugendlichen auch den Unterricht an der IGP besuchen. „Diesmal werden wir in einem Projekt eine Brücke bauen, eine richtige Brücke der Freundschaft, und uns mit dem Thema gemeinsam auseinandersetzen“, sagt Lehrer Andreas Ruigk, der den vom Partnerschaftsverein Bergisch Gladbach – Butscha initiierten Schüleraustausch zusammen mit seiner Kollegin Nicole Jakoby an der IGP organisiert und dazu auch bereits in Butscha gewesen ist.

Hilfe für Butscha als Wunsch zum Abschied aus dem Bürgermeisteramt

„Ein bisschen ist es, wenn Ihr kommt, wie nach Hause zu kommen“, sagt Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein am Morgen beim Empfang im Rathaus. Er hat die Städtepartnerschaft mit der durch Gräueltaten abziehender russischer Truppen weltweit bekannt gewordenen Stadt vor mehr als drei Jahren mit auf den Weg gebracht und engagiert sich auch privat im Partnerschaftsverein. „Werdet Freunde und haltet den Kontakt, damit unsere Freundschaft weiter wächst“, wünscht der Bürgermeister den jungen Gästen und erhofft sich zu seinem bevorstehenden Abschied als Bürgermeister nichts mehr als eine Unterstützung der aktuellen Spendenverdoppelungsaktion der Bethe-Stiftung zugunsten der Partnerschaft mit Butscha (siehe „Spenden für Butsch“).

Dadurch sollen auch künftig Begegnungen wie die aktuelle der Schüler aus Butscha und Bergisch Gladbach ermöglicht werden. Zudem aber auch immer noch ganz konkrete humanitäre Hilfe für die Menschen in der Stadt, in der immer wieder auch Raketen und Drohnen mit Bomben für große Zerstörung und Verletzte sorgen.

Der 14-jährige Jura zeigt, wie es mit dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bergisch Gladbach geht. Er ist schon zum dritten Mal bei einer Schülerfahrt in die Partnerstadt dabei.

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt: Der 14-jährige Jura zeigt, wie es geht, er ist schon zum dritten Mal bei einer Schülerfahrt in die Partnerstadt dabei.

„2000 Kilometer liegen zwischen unseren beiden Städten, aber in unseren Herzen sind wir immer bei euch“, bekennt Bergisch Gladbachs Bürgermeister Frank Stein und schenkt den jungen Gästen Plaketten mit der Aufschrift „Be a part of Bergisch Gladbach“ (Sei ein Teil von Bergisch Gladbach).

Ich liebe diese Stadt. Mittlerweile habe ich richtige Freunde hier
Emilia (13) aus Butscha

„Ich liebe diese Stadt“, sagt die 13-jährige Emilia, die mit ihrer Mutter nach dem russischen Angriff im Februar 2022 nach Deutschland geflüchtet war, dann nach Butscha zurückkehrte und jetzt schon zum dritten Mal am Schülerbesuch in Bergisch Gladbach teilnimmt. „Mittlerweile habe ich richtige Freunde hier“, sagt die 13-Jährige.

Maritschka (13), Katerina (14) und Emilia (13) in Landestracht beim Empfang im Rathaus.

Freuen sich, eine Woche ohne Angst einschlafen zu können: Maritschka (13), Katerina (14) und Emilia (13) (v.l.) in Landestracht beim Empfang im Rathaus.

Wie ihre Schulkameradinnen und -kameraden und viele der Gastgeber will sie am Freitag beim Bergisch Gladbacher Stadtlauf teilnehmen – und am Samstag dabei sein, wenn auf dem Zandersgelände ein neu gestalteter Platz eingeweiht wird, der den Namen der ukrainischen Partnerstadt trägt und mit einigen Überraschungen zu Butscha aufwarten soll.

Bürgermeister Frank Stein mit den ukrainischen Lehrerinnen Tanja Rybakova und Iryna Kukushkina beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bergisch Gladbach.

Bürgermeister Frank Stein mit den ukrainischen Lehrerinnen Tanja Rybakova und Iryna Kukushkina beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bergisch Gladbach.

Wie die Freundschaft zwischen den jungen Besuchern aus Butscha und ihren Bergisch Gladbacher Gastfamilien bereits gewachsen sei, habe man auch bereits nach dem Besuch im vergangenen Jahr gespürt, sagt Lehrerin Tanja Rybakova: „Als im Dezember ein Hilfstransport aus Bergisch Gladbach mit Stromaggregaten, Solaranlagen und über 1000 Wichtelpäckchen aus Bergisch Gladbach kam, da hatten viele Kinder aus den Gastfamilien persönliche Päckchen für ihre ukrainischen Gastschülerinnen und -schüler mitgegeben. Und wir haben gleich auch welche gepackt und sie den Lkw-Fahrern vom Partnerschaftsverein wieder mit zurückgegeben.“

„Wir chatten immer noch miteinander“, erzählt der 14-jährige Jura von seiner Gastfamilie aus dem vergangenen Jahr, „aber jetzt ist es schön, wieder richtig hier zu sein.“