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Nach 100 Jahren ist SchlussGladbacher Traditionsunternehmen F.L. Volberg GmbH geht in die Insolvenz

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4 min
Das Foto zeigt das Geschäft an der Britanniahütte

Das Geschäft an der Britanniahütte

Die Gladbacher Firma F.L. Volberg ist insolvent. Der Abverkauf des großen Bastel- und Heimwerkersortiments läuft

 Früher gab es mal eine Werbung, die ungefähr so ging: Brauchst du Schrauben, fahr zu Schrauben Müller. Das muss weit vor den Zeiten des Internets gewesen sein, dem unbezwingbaren Giganten des Onlineverkaufs.

In Bergisch Gladbach ging der Spruch über Jahrzehnte so: „Brauchst du Bastelbedarf, dann geh' zu Volberg.“ Das Geschäft an der Britanniahütte warb mit einem unglaublichen Sortiment von 25.000 Bastel- und Kreativartikeln, von der Maltube bis zum Motivstanzer gab es einfach alles. Generationen von Lehrerinnen und Lehrern, von Erzieherinnen in Kindergärten und von Alltagsbegleitern in Altenheimen kauften bei Volberg ein. Volberg, die Institution, einzigartig im Sortiment.

Zum 1. Oktober hat der Insolvenzverwalter das Insolvenzverfahren eröffnet, zu diesem Zeitpunkt endete bereits der Geschäftsbereich der Zaunanfertigung. Am 31. Dezember endet die gesamte Geschäftstätigkeit. „Dann ist das Geschäft geschlossen“, sagt Inhaber und Geschäftsführer Gerd Lüke.

Rabattverkauf läuft

Für Kundinnen und Kunden gibt es aktuell einen Rabatt von 25 Prozent für alle Waren aus Kreativabteilung und Baufachmarkt. Lüke meint, dass sich der Nachlass noch erhöhen könnte. Alles soll raus, und zwar an die Kunden, die die Kreativprodukte gebrauchen könnten. „Ich will keinen Ramsch- oder Billigverwerter hier haben“, sagt Lüke. Dafür hingen er und alle anderen zu sehr an den Waren. Nach dem 31. Dezember werde es definitiv keine Fortsetzung des Verkaufs geben, und auch eine Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit sei ausgeschlossen.

Nach knapp 100 Jahren war es das für die F.L. Volberg GmbH in Bergisch Gladbach. Ein Kapitel lokaler Wirtschaftsgeschichte endet. 13 Mitarbeitende gab es vor der Insolvenz bei Volberg, elf von ihnen haben bereits ihren Arbeitsplatz verloren. Eine Kundin im Kreativmarkt weiß gar nicht, was sie zur Situation sagen soll. „Für Erzieherinnen ist das eine Katastrophe.“ Bei Volberg habe es einfach alles gegeben. Und was tatsächlich einmal nicht vorhanden war, sei bestellt worden. Jetzt bleibe ja nur das Internet, mit auch höheren Preisen. „Und die Beratung ist nicht mehr da“, bedauert sie. Auch die Auswahl der Artikel im Geschäft fehle. „Das ist wirklich sehr, sehr schade.“

Das Foto zeigt Regale im Bastelmarkt

Im Bastelmarkt gab es - fast - alles

Wie konnte es zum Insolvenzverfahren kommen? Gerd Lüke spricht von einem schleichenden Prozess. Er habe die Insolvenz kommen sehen. Von Monat zu Monat sei es schwieriger geworden, die Gehälter zu zahlen. „Der Einkaufspreis für eine Bohrmaschine liegt bei mir bei 200 Euro.“ Auf der Seite des Online-Unternehmens Amazon stehe der Verkaufspreis dieser Bohrmaschine bei 199 Euro. „Das erklärt alles“, meint er. Bei der Zaunanfertigung, auch ein Kerngeschäft, würden die Hausbauer erst ganz am Ende entscheiden, ob sie tatsächlich einen Zaun benötigten. Oft sei dann aber kein Geld mehr da. „Und dann wird kein Zaun gebaut.“

Mit Schlosserei

Die Zaunproduktion mit klassischer Schlosserei und Montage, stets auftragsbezogen, sei als erstes bereits zum 1. Oktober eingestellt worden. Die schweren Spezialmaschinen und den Schwarzstahl für die Zäune versuche der Insolvenzverwalter loszuschlagen, die Chancen stünden gut dafür. Für die Bereich des Baufachmarktes und des Hobbymarktes setze man auf den Abverkauf. Nur mit Knöpfen allein könne der Geschäftsbetrieb nicht gelingen, sagt Lüke rückblickend, da sei die Gewinnmarge zu gering.

Über Jahre sei es bei Volberg abwärts gegangen. „Nein, Obi oder Bauhaus sind nicht unsere Konkurrenten“, meint Lüke. Das moderne Kaufverhalten sorge für den Niedergang. Sein Unternehmen stehe da in einer Reihe mit viele anderen. Zuletzt hatte es noch Hoffnung gegeben.

Gegründet im Jahr 1927

Aus dem Hause Volberg kam eine von 75 auf 84 Zentimeter verbreiterte Baustellentür in den Fachhandel. Damit passten auch handelsübliche Paletten hindurch. Auch Zäune mit Solarmodulen sollten das Unternehmen in Richtung Innovation bringen. Die Module hätte sich selbstständig auf Südrichtung gestellt, etwas Einzigartiges in der Branche.

Volberg existiert seit dem Jahr 1927, bis 2011 in Familienhand. Mit einer Mitstreiterin hatte Lüke damals die GmbH übernommen, wenig später alleine weitergemacht. Der Standort, abseits der Fußgängerzone, sei kein Nachteil gewesen. Mit dem Auto sei man in zwei Minuten aus der Stadtmitte am Geschäft. „Und Parkplätze gibt es auch.“ Die Kunden seien treu über Jahrzehnte gekommen.

„Hier gibt es Dinge zum Anfassen“, sagt eine andere Kundin. Auch sie wisse nicht, wo sie jetzt die ganzen Kreativmaterialien bekommen werde. „Das ist ein herber Verlust“, findet sie, während sie vor einem riesigen Bestand an Mal- und Farbstiften steht. In dieser Auswahl gebe es das nirgendwo anders in Bergisch Gladbach und in weitem Umkreis. „Ein Kapitel geht zu Ende“, sagt sie später an der Kasse. Wie es mit dem Gelände an der Britanniahütte weitergeht, weiß Gerd Lüke nicht. „Das Grundstück befindet sich im Familienbesitz“, sagt er. Nur eines stehe fest: Baufachmarkt und Kreativmarkt schließen zum 31. Dezember.