„Abifina“-FeierGericht verurteilt Schläger nach Angriff in Gladbacher Fußgängerzone

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Amtsgericht Bergisch Gladbach Bensberg

Amtsgericht Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach – Nach dem Angriff auf eine Gruppe junger Gymnasiasten aus Odenthal in der Gladbacher Fußgängerzone hat das Schöffengericht einen 22-jährigen geständigen Schläger zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der mehrfach vorbestrafte Gladbacher muss außerdem 1800 Euro in Raten von 50 Euro an einen 17-jährigen Jugendlichen zahlen.

Mit der Entschädigungszahlung an den Schüler, der noch heute erkennbar unter den Folgen des nächtlichen Angriffs leidet, gingen die Richterinnen im Urteil über den Antrag des Staatsanwaltes hinaus. Der Angeklagte solle „jeden Monat daran erinnert werden, was er getan hat“, sagte Schöffenrichterin Birgit Brandes. Der Verteidiger hatte keinen eigenen Antrag gestellt, sondern sich dem Plädoyer des Staatsanwaltes angeschlossen.

Abiturienten treffen auf Schläger-Kids

Behütete bürgerliche Vorstadt-Welt trifft auf Ghetto-Kids: In einer Kneipe in der Bergisch Gladbacher Innenstadt feiern am 26. Januar 2019 Odenthaler Gymnasiasten eine „Abifina“-Feier, eine Abiturfeier-Finanzierungsparty. Gegen Mitternacht müssen sechs Jugendliche die Party wegen des Jugendschutzes verlassen und gehen über die verwinkelte Grüne Ladenstraße in Richtung Busbahnhof. Nach den Aussagen der drei im Prozess als Zeugen gehörten Jugendlichen stellt sich ihnen Mehmet K. (Namen geändert) in den Weg, beginnt zu provozieren, fragt, wieso sie nicht mit ihm redeten, ob sie Angst hätten.

Maik, damals 16, reagiert schließlich: „Was ist los?“, habe er Mehmet gefragt, nicht drohend, sondern mit den Händen in der Tasche, wie Maik jetzt vor Gericht schildert. Da schlägt Mehmet zu, womöglich mit einem Feuerzeug in der Faust, jedenfalls so heftig, dass Maiks Lippe ein stark blutendes Loch hat und genäht werden muss. Doch ist der Schreck noch nicht vorbei: Zwei Kumpel von Mehmet tauchen auf, einer wirft eine Bierflasche.

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Als Maiks Begleiter das Weite suchen, reißt Mehmet Maik zu Boden und stößt wüste Todesdrohungen aus. Auch ein Messer könnte im Spiel gewesen sein, aber das lässt sich im Prozess nicht mehr eindeutig klären. Maik greift zum letzten Mittel, setzt sein Pfefferspray ein. Die von Maiks Freunden alarmierte Polizei klärt die Lage.

Angeklagter bereut Taten und bittet um Entschuldigung

Im Gerichtssaal wirkt der Angeklagte mit dem durch sein Vorstrafenregister offenkundigen Aggressionsproblem lammfromm. Kurze Haare, kurzer Bart, er will eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann machen. Er bereue das Geschehen, bittet sein Opfer um Entschuldigung. Mit ihm im Gerichtssaal sitzt seine Freundin, eine Auszubildende der Justiz, die ihm gegenwärtig inneren und finanziellen Halt gibt.

Auf der anderen Seite des Raums sitzen Maiks Eltern. Die Mutter hat sich nach der Tat an diese Redaktion gewandt, gefragt, ob die „Innenstadt sicher ist“ – genau zu der Zeit, zu der die Stadt verkündet, dass das Ordnungsamt seine Streifengänge bis 22 Uhr ausweiten werde und bei Bedarf auch darüber hinaus. Die Polizei spricht damals in einer ersten Stellungnahme nur von einer „Auseinandersetzung zweier Jugendgruppen“.

Im Prozess weist die Mutter darauf hin, wie sehr ihr Sohn und seine Freunde, die „Hänflinge“, immer noch unter dem Geschehen litten, sich nicht mehr nach Bergisch Gladbach trauten, Schlafstörungen hätten.

Maik selbst beschreibt das auf dem Zeugenstuhl verschämter mit den Worten „Ich habe mich seitdem aus der Stadt ferngehalten.“ Nach seiner Aussage verlässt er den Saal. Als später Maiks Vater auch etwas sagen will, stoppt ihn Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode unter Hinweis auf die Strafprozess-Regeln. Bode burschikos: „Das geht mir auf den Wecker.“

Verurteilt wird Mehmet wegen Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung. Die Richterin bekennt, die Sorgen einer Mutter um den eigenen Sohn selbst bestens zu kennen. Und mahnt den in schwierigen Verhältnissen aufgewachsenen Mehmet, sich nichts mehr zu Schulden kommen zu lassen, weil er sonst hinter Gitter komme: „Sie sind ein junger Mann, dem die Welt eigentlich offen steht. Das darf sich nicht wiederholen!“

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