Sie „denken wild“Arbeitskreis entwickelt Ideen für ein lebenswertes Gronau

Lesezeit 3 Minuten
Die Mülheimer Straße zerschneidet den Stadtteil Gronau.

Die Mülheimer Straße zerschneidet den Stadtteil Gronau.

Die Vorschläge sollen in Eigenregie umgesetzt werden und Gronau aus der Schmuddel-Ecke herausholen.

„Wir holen die Bundesgartenschau 2035 nach Gronau“, was für eine Ansage. Kein Größenwahnsinn, sondern eine Vision, die den Menschen in dem Bergisch Gladbacher Stadtteil hilft, nicht in den Zwängen der Realität stecken zu bleiben, sondern aus einem zu eng gewordenen Alltag auszubrechen und nach Lösungen für ein lebenswertes Gronau zu suchen. Der Arbeitskreis Forum Gronau, besetzt mit 30 interessierten Anwohnern, hat Ideen gesammelt, um Gronau aus der Schmuddel-Ecke herauszuholen.

Arbeitskreis Forum Gronau „denkt wild“

„Es ist uns klar, dass die Bundesgartenschau nicht nach Gronau kommt“, gibt Michael Schubek zu, Moderator beim Pressegespräch im Jugendzentrum Cross. Aber die Utopie drücke aus, „dass wir wild denken.“ Eben nicht klein-klein, indem man von vornherein an jedem Parkplatz oder an jedem Baum hängen bleibt, der wegfallen könnte. Deshalb haben sich die Gronauer in das Jahr 2035 versetzt und festgestellt, dass ihr Stadtteil sehr viel Potenzial hat.

Die Mülheimer Straße zerschneidet den Stadtteil Gronau . Der Arbeitskreis hat große Pläne.

Die Mülheimer Straße zerschneidet den Stadtteil Gronau . Der Arbeitskreis hat große Pläne.

Obwohl die Voraussetzungen nicht so gut sind. „Der Stadtteil ist zerfasert, zergliedert“, beschreibt Anwohnerin Julia Zimmermann den Ist-Zustand. Wie eine Schneise zerschneidet die vielbefahrene Mülheimer Straße den Ort. Es gibt keinen zentralen Platz. Stattdessen Hochhäuser, Autohäuser, Gewerbe und Discounter. Aber auch Einfamilienhäuser und eine grüne Oase entlang der Strunde , die Gronau einen dörflichen Charakter verleihen. 7.000 Menschen leben hier, viele haben eine Migrationsgeschichte.

Miteinander statt Nebeneinander für Gronau

Um aus dem Nebeneinander ein Miteinander zu machen, hat der auf Initiative der gemeinnützigen Beratung Solidar Consult sowie des Bürgerportals eigens gebildete Arbeitskreis in den vergangenen zwölf Monaten nach Visionen gesucht. „Das ist nicht so bürokratisch, wie Bürgerbeteiligungen sonst ablaufen“, sagt Cem Demircan, „wir wollen nicht überrascht werden von Entwicklungen, die schon getroffen wurden.“

Schubek, früherer SPD-Bürgermeisterkandidat, ergänzt: „Uns ist wichtig, dass die Bürgerbeteiligung frühzeitig und auf Augenhöhe stattfindet.“ In dem Arbeitskreis sieht er ein Pilotprojekt, das Impulse geben soll für das offizielle strategische Entwicklungskonzept der Stadt Bergisch Gladbach, das parallel läuft, ebenfalls mit einer Bürgerbeteiligung. Die erste Reaktion der Stadtverwaltung auf den Arbeitskreis vor einem Jahr sei „verhalten kooperativ“ gewesen, erinnert sich Schubek. Inzwischen sei ein Netzwerk entstanden aus Anwohnern, Vereinen, Ratsfraktionen, Verwaltungsmitarbeitern und Wirtschaft.

Radwege und Tempo 30 stehen im Zentrum

Bei Spaziergängen durch den Ort sowie sechs Plenarsitzungen sind 80 Vorschläge erarbeitet worden. Im Zentrum steht ein engmaschiges Netz von Fuß- und Radwegen. Und natürlich Tempo 30 auf der Mülheimer Straße. Die Entstehung von Orten für Begegnungen, wie einen Zuhörraum, in dem Menschen ins Gespräch kommen, sowie ein regelmäßiges Stadtteilfest mitten auf der Mülheimer Straße stehen ebenfalls auf der Liste.

„Wir haben 200 Kinder und Jugendliche befragt“, erläutert Manuela Muth, Leiterin des Jugendzentrums Cross, „für sie sind Spielplätze und ein Bolzplatz das Allerwichtigste.“ Auf den Parkplätzen der Discounter könnten abends Treffpunkte für junge Leute entstehen oder am Wochenende für Tanzveranstaltungen genutzt werden. Mobile Pflegedienste sollen sich vernetzen. „Unsere guten Ideen sind nicht mehr aus der Welt zu schaffen“, meint Schubek.   Ein bisschen nach den Sternen greifen die Gronauer aber auch: Sie setzen sich für eine Aussichtsplattform auf dem Regenrückhaltebecken ein und eine sogenannte stehende Welle für Surfer nach Münchener Vorbild.

„Wir stellen keine Forderungen, sondern wollen selbst etwas leisten“, betont Anwohner Michael Wittassek. In einem zweiten Schritt sollen nun Strukturen geschaffen werden, um die Ideen umzusetzen. „Wir machen das Schritt für Schritt“, erläutert Julia Zimmermann. Statt eines Zuhörraums könne erstmal eine Bank aufgestellt, mithilfe eines Förderantrags vielleicht ein Quartiersmanager eingestellt werden. „Wir wären nicht seit einem Jahr dabei, wenn wir nicht die Hoffnung hätten, dass etwas passiert.“

KStA abonnieren