KlimawandelBergisch Gladbacher Grüne wegen Klimakonzept vor Zerreißprobe

Lesezeit 3 Minuten
Abendstimmung in Bergisch Gladbach mit dem Schornstein von G+H im Hintergrund.

Abendstimmung in Bergisch Gladbach mit dem Schornstein von G+H im Hintergrund.

Bei der Abstimmung über das Klimakonzept gibt es Bergisch Gladbach keine klaren Mehrheiten.

Bei den Grünen in Bergisch Gladbach liegen derzeit die Nerven blank. Nicht wegen der Laurentiusstraße, nicht wegen der Probleme bei der Müllabfuhr - es geht um das Klimaschutzkonzept. Ein sperriger Begriff, und doch, so sagt es Fraktionschefin Theresia Meinhardt, das „Herzstück grüner Lokalpolitik“.

Es geht darum, was die Stadt tun kann, um eine Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen. Meinhardt: „Es geht schlicht um unsere Zukunft, um die Zukunft meiner Kinder und das treibt mich an.“ Aber eine politische Mehrheit für das Konzept scheint es derzeit nicht zu geben. Außer dem Koalitionspartner SPD winken alle anderen ab.

In der Diskussion geht es deshalb schnell um das Geld

Dabei ist das vorliegende Klimaschutzkonzept in weiten Teilen vor allem eine Ist-Erfassung der Situation. Wer ist in der Stadt für die Treibhausgasemissionen verantwortlich? Gerade einmal zwei Prozent der Emissionen werden von der Stadt und ihren Einrichtungen verursacht. Und so ist der Hebel des Konzepts die Beratung von Firmen und Privatleuten - denn dort müssen die Entscheidungen getroffen werden. 19 Stellen sieht das Konzept insgesamt vor, die sich mit der Umsetzung des Konzepts beschäftigen sollen.

In der Diskussion geht es deshalb schnell um das Geld. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) kritisierte frühzeitig, dass Kosten und Nutzen in dem Konzept in keinem Verhältnis stünden - und kündigten ihr Nein für die Abstimmung an. Und damit stünde der Lieblingsmehrheitsbeschaffer von Grün-Rot nicht zur Verfügung. CDU und FDP kündigten ebenfalls ihr Nein an und wollen das Paket aufschnüren. Michael Metten, der CDU-Fraktionsvorsitzende: „Wir überarbeiten das Konzept. Fest steht, dass wir möglichst konkrete Maßnahmen finanzieren wollen und nicht solche, deren Folgen und Nützlichkeit ungeklärt sind.“

Befürchtet werden teure Doppelstrukturen.

Und es gibt die ganz grundsätzliche Kritik. So arbeitet auch der Kreis an Beratungsprogrammen für Firmen und Privatleuten in Sachen Klimaschutz. Befürchtet werden teure Doppelstrukturen. In einem offenen Brief, adressiert vor allem an die Ratsmitglieder, versucht Theresia Meinhardt dieses Argument zu entkräften. Die Beratungsangebote würden sich ergänzen und stünden nicht in Konkurrenz. Und über allem steht für die Grünen-Politikerin die Einschätzung, dass jeder Cent, der in Klima- und Umweltschutz gesteckt werde, sich angesichts der Kosten eines ungebremsten Klimawandels rechne.

An dieser Stelle wird Lokalpolitik automatisch zu einer Grundsatzdebatte. Da geht es dann um die Einschätzung des weltweiten Klimawandels. Was kann ein lokales Klimaschutzkonzept in Bergisch Gladbach gegen die Emissionen in China ausrichten oder gegen das Roden des Regenwaldes? Aber folgt aus diesem objektiv geringem Einfluss die Rechtfertigung, nichts zu tun?

Sehen die Menschen denn nicht, mit welchen Katastrophen wir konfrontiert sind
Theresia Meinhardt, Grüne-Fraktionschefin

Inzwischen werden von den Grünen in Bergisch Gladbach alle und alles mobilisiert, um die Gegner des Umweltschutzkonzeptes umzustimmen. Die Klimafreunde Rhein-Berg appellieren an CDU, FDP und FWG. Sie sollten ihre grundlegende Ablehnung revidieren und „stattdessen konstruktiv an der Umsetzung“ mitwirken. Von weiteren Natur- und Umweltschutzverbänden sind ähnlich Aktionen angekündigt.

Theresia Meinhardt sieht sich als Vorkämpferin, aber nicht als Einzelkämpferin. Dabei spricht sie selbst von einer persönlichen Verzweiflung, angesichts der so von ihr empfundenen Ignoranz: „Sehen die Menschen denn nicht, mit welchen Katastrophen wir konfrontiert sind und die noch schlimmer werden, wenn wir nichts tun.“ Sie kündigt an, dass die Grünen auf keinen Fall einem „filetiertes Konzept“ zustimmen werden. Die Kernelemente des Konzepts, gerade die teuren und personalintensiven, müssten bleiben.

Und dann gibt es noch das für die Grün-Rote-Koalition denkbar schlechteste Szenario. Nicht nur das vorgestellte Klimaschutzkonzept fällt durch, sondern dass ein anderes, in weiten Teilen komplett überarbeitetes Konzept eine Mehrheit gegen Grün-Rot findet.

Im Hauptausschuss am 30. August steht das Klimaschutzkonzept auf der Tagesordnung.

KStA abonnieren