GrundstückskaufBergisch Gladbach kauft Ländereien von der Von-Siemens-Familie

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In einem Bensberger Notariat wurde der Kaufvertrag zwischen Stadt und Familie von Siemens besiegelt.

Sie besiegelten den Kaufvertrag: (v.l.) Michaela Höller (Büro Hinterecker), Immobilienmakler Heinz P. Hinterecker, Bürgermeister Frank Stein, Peter Grün (Gutsverwaltung Lerbach), Dr. Michaela Freifrau von Aufseß und Henrik von Siemens.

Die Stadt Bergisch Gladbach hat 240 Hektar Wald und Wiesen von Familie von Siemens erworben.

In Bergisch Gladbach gibt es seit Donnerstag, kurz vor 15 Uhr, einen neuen Großgrundbesitzer. Überraschung: Es ist keine Privatperson, sondern die Stadt Bergisch Gladbach. Sie hat den großen Privatwaldbesitz der Industriellenfamilie von Siemens übernommen.

Zu dieser Uhrzeit setzten als Vertreter der Von-Siemens-Familie Henrik von Siemens und Dr. Michaela Freifrau von Aufseß, geborene von Siemens, im Beisein weiterer juristischer Vertreter, des Immobilienmaklers Heinz P. Hinterecker und von Bürgermeister Frank Stein ihre Unterschriften unter den zweiten Teil eines umfangreichen Verkaufsvertrags.

Das Foto zeigt eine Karte mit den Flächen, die ins Eigentum der Stadt übergegangen sind.

Die farbig markierten Flächen sind seit Freitag im Eigentum der Stadt Bergisch Gladbach.

240 Hektar Grundbesitz – Wald, Wiesen, Ackerflächen – sind damit seit Anfang des Jahres an die Stadt übergegangen. Finanziert aus dem städtischen Haushalt, wie der Bürgermeister bei dem Gespräch im Notariat von Dr. Jörg Ihle in Bensberg erklärte. Die handelnden Akteure hätten sich darauf verständigt, aufgrund der Bedeutung des Grundstücksgeschäftes Grundsätzliches mitzuteilen.

Zum Kaufpreis machten er und die Vertreter der Familie allerdings keine Angaben, er dürfe aus nichtöffentlichen Beratungen nichts mitteilen, sagte Stein. Die erworbenen Parzellen liegen überwiegend im Lerbacher Wald und in der Hardt, zwischen Lerbacher Weg und Herkenrather Straße. Die Weiler Schmalzgrube, Hardtknippen und Kaltenbroich sind in der Nähe, es gibt aber auch einzelne Flächen im Gronauer Wald und in Paffrath. „Das alles ist für uns eine stille Reserve“, meinte Stein zum Grundstücksgeschäft.

Ökologische Aspekte

Auf mittlere oder langfristige Perspektive mache sich der Erwerb für nachfolgende Generationen bezahlbar, zum Beispiel als ökologische Ausgleichsflächen. „Jetzt können wir vorausschauende Baulandpolitik machen. Das konnten wir vorher nicht.“ Die Politik habe in den Beratungen „mit sehr breiter Mehrheit“ dem Erwerb zugestimmt. Steins Fazit: „Die Stadt ist erstmals Eigentümer sehr großer Grundstücksflächen.“

Mittelfristig gebe es für einen kleinen Teil auch Potenzial für Bauland, für einen Bereich am Lichtenweg in Sand laufe seit langem ein Verfahren. Der Bürgermeister nannte die Paulusstraße in Heidkamp und die Straße Greuel in Sand, die perspektivisch im Flächennutzungsplan berücksichtigt seien.

Stein zählte auch den Baulandbeschluss der Stadt auf, der erstmals bedeutsam werden könnte. Die allermeisten Flächen fielen allerdings in den Bereich Ökologie.

Zwei Siemens-Zweige

Die Unterzeichnung des Notarvertrags spiegelt auch eine entscheidende Verbindung zweiter Industriellenfamilien wider.

Henrik von Siemens entstammt dem Familienzweig Wendelin von Siemens (1919-2012), Michaela von Aufseß dem von Ruprecht von Siemens (1931-2022). Hermann von Siemens (1885-1986), der Vater von Wendelin und Ruprecht, hatte nach dem Tod der kinderlosen Anna Zanders, geborene Siemens, im Jahre 1939 als Neffe die Liegenschaften übernommen. Die Lerbacher Ländereien gehörten über acht Jahrzehnte zur Von-Siemens-Familie.

Abschied aus Gladbach

„Für uns ist es ein Abschied von Bergisch Gladbach“, sagte Henrik von Siemens nach dem Notartermin. Wehmut spiele mit hinein, er sei ja in der Stadt aufgewachsen. „Aber dies ist die beste Lösung.“ Er sei sehr froh, dass die Grundstücke insgesamt im Eigentum der Stadt seien und nicht aufgesplittert in vielen Händen. Bis auf einige wenige Gebäude gebe es kein Eigentum mehr, über das seine Familie in der Stadt verfüge.

Zu Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass die Familie von Siemens auch ihren Landsitz Haus Lerbach veräußert hatte; das Kölner Unternehmer-Ehepaar Reißdorf/Landskron-Reißdorf beabsichtigt hier mit der Dorint-Gruppe die Wiedereröffnung des ehemaligen Hotels.

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