KommunikationDie letzten Telefonzellen verschwinden aus Bergisch Gladbach

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Eiine alte Telefonsäule. Keine Bild für die Ewigkeit: Öffentliche Telefone verschwinden aus dem Straßenbild.

Keine Bild für die Ewigkeit: Öffentliche Telefone verschwinden aus dem Straßenbild.

Es ist beschlossene Sache: Bis Anfang 2025 sollen alle öffentlichen Telefone verschwinden – in Gladbach gibt es noch fünf, oder sechs.

Es soll ja tatsächlich Situationen geben, in denen eine öffentliche Telefonsäule gebraucht wird. Handy verloren oder vergessen. Smartphone-Akku leer. Sendemast defekt. Oder um etwas Alltägliches durchzufunken, den günstigen Preis für Knäckebrot im Supermarkt nebenan zum Beispiel. Für Handyverweigerer, die es auch gibt, ist die Telefonzelle auch eine prima Alternative. Noch ist sie es. Die Zeiten ändern sich.

Hand aufs Herz, haben Sie in den vergangenen Jahren mal jemanden an einer der weniger werdenden Telefonsäulen gesehen? Genutzt werden die in Magenta getauchten Telefoniermöglichkeiten der Deutschen Telekom kaum bis gar nicht mehr. Früher gab es 160 000 öffentliche Telefone, neun von zehn sind verschwunden, nur 12 000 geblieben. Für die Daseinsvorsorge, wie es amtlich heißt, sind sie auch nicht mehr erforderlich. Jeder (fast jeder) hat halt ein Smartphone oder Handy.

Alte Telefonsäule in Rösrath - schon lange kaputt.

Alte Telefonsäule in Rösrath - schon lange kaputt.

In der Stadtmitte von Bergisch Gladbach stehen noch einige wenige, sehr komprimiert am Konrad-Adenauer-Platz, eine in der Fußgängerzone in Höhe Buchhandlung, auch am S- und Busbahnhof oder am Gronauer Verkehrskreisel. Früher machte das alles Sinn aus Sicht der Telekom. Je mehr Menschen in der Nähe eines Telefons sind, um so mehr könnten telefonieren.

Telekom baut alle öffentlichen Telefonapparate ab

Und je weniger Menschen, umso weniger Telefonsäulen. Deshalb finden sich auf dem Land äußerst selten die Säulen zum Anrufen. Die Blaue Mauritius gibt es häufiger, könnte man meinen. Spätestens Anfang 2025 ist mit alledem jedoch Schluss. Die Telekom baut sämtliche öffentlichen Telefonapparate ab. Vier Wochen zuvor werden die Kommunen informiert. Einspruchsmöglichkeiten gibt es nicht. Die Säulen kommen bundesweit weg, das steht fest.

Wie viele es von ihnen noch in Bergisch Gladbach, immerhin Großstadt im Bergischen, tatsächlich gibt, ist einigermaßen unbekannt. Die Stadt weiß es jedenfalls nicht, wird auf Nachfrage berichtet. Verwiesen wird auf die Telekom. Zum aktuellen Stand der Dinge mag oder kann die Telekom auch nicht Auskunft geben. Zu aufwendig sei diese Recherche, bedauert der Sprecher. Ein halbes Dutzend vielleicht wäre eine realistische Schätzung.

Alte Telefonzelle in Refrath - schon lange kaputt.

Alte Telefonzelle in Refrath - schon lange kaputt.

Nehmen wir mal Refrath. Am Siebenmorgen steht ja sogar noch ein Häuschen. Also eines mit Wetterschutz, mit Tür und Technik und Telefon. Sollte man meinen. Das gute Stück dümpelt aber seit längerem defekt vor sich hin, über die noch vorhandene Technik zu sprechen, lohnt hier nicht, das Ding müsste komplett erneuert werden, sofern die Telekom es denn möchte.

Weil nichts passiert, darf das Gegenteil angenommen werden. Lohnt sich auch nicht mehr, kurz vor dem Abbau. Und Ersatzteile gebe es kaum bis gar nicht mehr, lässt die Telekom ausrichten. Mittlerweile wird die Refrather Telefonzelle mehr als Abfalleimer statt als Ort der Kommunikation genutzt. Einst stand in Rösrath, im Ortsteil Stümpen, die letzte gelbe Telefonzelle ihrer Art. Irgendwann vor ein paar Jahren wurde sie abgebaut und ersetzt durch eine moderne Säule. Sie lief nicht mehr mit Münzen.

Telefonmuschel baumelt zerfetzt von der Gabel

Nur noch mit Kreditkarte oder ähnlichem kam sie in Gang. Anfangs war sie noch ansehnlich und hielt die Magenta-Farben der Telekom aufrecht. Nun ist sie seit über einem Jahr kaputt. Also: richtig kaputt. Die Telefonmuschel baumelt zerfetzt von der Gabel, Kabel sind lose, hier ist nicht mehr viel zu retten. Nun ja, irgendwann wird auch sie verschwunden sein.

Seit Jahren fehlt auch den Kürtenern eine Telefonsäule. Beklagt hat sich aber niemand bislang. Handy und Smartphone funktionieren offenbar auch an entlegenen Orten der Kommune. In der Stadtmitte Wermelskirchen ist allerdings noch eine zu finden.

In Bergisch Gladbach ist zuletzt eine Säule am Ende der Fußgängerzone entfernt worden. Das geschah ganz undramatisch. Am Vorabend war sie noch auf ihrem Platz, am nächsten Mittag war sie verschwunden. Ein Kleinlaster hatte sie aufgeladen, ein beauftragtes Unternehmen erledigte den Rest. Darüber war die Stadt informiert worden, der Leiter der Abteilung Verkehrsflächen legte die Unterlagen zu seinen Akten.

Ersatz gab es nicht, und auch in Gladbach blieben Vermisstenmeldungen aus. Am Bahnhof und am Marktplatz, ja, da hätten die Säulen noch eine Zukunft haben können. Wie lange die Säulen, irgendwie Technik-Saurier aus einer anderen Welt, durchhalten, ist offen; jedenfalls nicht länger als 2025. Auf alten Ansichtskarten, aus den 60er oder 70er Jahren sind sie zufällig mit auf dem Motiv. Damals war das Alltag. Heute muss man sie suchen, die Säulen in Magenta.

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