AboAbonnieren

Vielfalt statt BrennpunktSchule aus Bergisch Gladbach im Rennen um den Deutschen Schulpreis

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Schüler des Abi-Jahrgangs stehen auf der Bühne und singen. 

2022 feierte der erste Abi-Jahrgang.

Die Nelson-Mandela-Gesamtschule bewirbt sich um den Deutschen Schulpreis. Anderthalb Tage lang ist ein Juryteam vor Ort.

Nur noch 20 Schulen sind im Rennen um den Deutschen Schulpreis. Die Nelson-Mandela-Gesamtschule kann in diesem Jahr auf diese besondere Auszeichnung hoffen, die beste oder eine der besten Schulen in Deutschland zu sein. „Die Schule hat ihre Bewerbung zurecht abgegeben“, sagt Jurymitglied Professor Falk Radisch.

Das absolut Besondere hier ist das große Gemeinschaftsgefühl.
Christian Bock, Jurymitglied

Anderthalb Tage lang ist das vierköpfige, zur Jury gehörende Expertenteam zu Besuch in der Gesamtschule, um sich vor Ort ein genaues Bild von der Unterrichtsqualität zu machen. „Das absolut Besondere hier ist das große Gemeinschaftsgefühl“, betont Christian Bock bei einem Pressegespräch am Donnerstag in der Aula. Er habe selten an einer Schule eine solche Atmosphäre des sich Wohlfühlens bei Schülern und Lehrern erlebt wie hier, meint er.

Das Jury-Team posiert vor der Schule und lächelt in die Kamera.

Das Jury-Team bei ihrem Besuch in der Gesamtschule.

Nelson-Mandela-Gesamtschule: nur vier Prozent haben Gymnasialempfehlung

Die Nelson-Mandela-Gesamtschule im Stadtteil Gronau ist eine Schule, die man als Brennpunktschule bezeichnen könnte. Zehn Prozent der insgesamt 760 Schülerinnen und Schüler haben einen diagnostizierten Förderbedarf, 60 Prozent einen Migrationshintergrund mit Wurzeln in 69 Ländern. Nur vier Prozent der Kinder wechseln auf die Nelson-Mandela-Gesamtschule mit einer Gymnasialempfehlung.

Unsere Schule steht für Vielfalt. Hier brennt nichts.
Dieter Wagner, Schulleiter

Trotzdem stößt sich Schulleiter Dieter Wagner am Begriff Brennpunktschule. „Unsere Schule steht für Vielfalt. Wir geben jeder Schülerin und jedem Schüler eine Perspektive: Hier brennt nichts“. Nur die Feuermelder in den engen Umkleiden schlügen regelmäßig Alarm. Dafür reiche es schon, wenn ein Deo benutzt werde.

Rhein-Berg: Statt Brennpunktschule eher vernachlässigte Schule

Die Bezeichnung vernachlässigte Schule passt deshalb viel besser. Vor zehn Jahren wurde die Gesamtschule in die Räumlichkeiten der damaligen Hauptschule Ahornweg und der Marie-Curie-Realschule gepresst. Bis heute hat die Stadt Bergisch Gladbach die spezifischen räumlichen Anforderungen einer integrativen Gesamtschule weitgehend ignoriert.

„Mit wenigen Mitteln und viel eigenem Einsatz erobern wir selbst das Gebäude“, berichtet Wagner. Ein kaputter Hörsaal wurde umgebaut. Die Aula ist Theaterbühne, Projekt-, Ausstellungs- und Veranstaltungsraum in einem, nennt Wagner zwei Beispiele für die fehlenden räumlichen Ressourcen: „Da braucht man schon viel Organisationstalent“, stellt der Schulleiter fest und weist auf ein weiteres gravierendes Defizit hin: „Es ist bekannt, wie sehr die Schule unter der nicht vorhandenen Digitalisierung leidet.“

Schule leistet wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit

Dennoch stimmen die Ergebnisse: 34 Schüler haben im vergangenen Jahr Abitur gemacht. Wagner zählt eine Reihe von Instrumenten auf, wie die Schüler auf dem Weg zu einem Abschluss gefördert werden. Einer der wichtigsten Bausteine jedoch sei die Selbstständigkeit, welche die Schüler hier erlernten.

In einer selbst entwickelten Lernform lernen die Kinder von der 5. Klasse an, etwa wie sie sich optimal auf eine Klassenarbeit vorbereiten können. „Wir leisten einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit“, findet Lehrerin Shanka Ahmed.

Jurorin Dr. Angelika Wolters sieht das Erfolgskonzept der Schule darin: „Ich sehe Dich und nehme Dich wahr, so wie Du bist.“ Selbst der Schwächste könne an der Nelson-Mandela-Gesamtschule Stärke zeigen.


Der Wettbewerb

Der Wettbewerb des Deutschen Schulpreises wird von der Robert-Bosch-Stiftung vergeben. Die Jury ist besetzt mit 41 Experten aus Wissenschaft, Schulpraxis und Bildungsverwaltung. Der Hauptpreis ist mit 100.000 Euro dotiert. Alle 20 nominierten Schulen werden am 20. Juni nach Berlin eingeladen. Bei der Preisverleihung mit Bundespräsident Steinmeier werden die Preisträgerschulen bekannt gegeben.