ProzessBergisch Gladbacher Verwaltungsmitarbeiter als Erpresser verurteilt

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Hände in Handschuhen tippen auf der Tastatur eines Laptops.

Drei Erpresserbriefe schrieb der Bergisch Gladbacher an den Chef seiner Ehefrau. (Symbolfoto)

50.000 Euro Schweigegeld hat ein Gladbacher vom Chef seiner Ehefrau gefordert, sonst werde er dessen Frau über intime Affären informieren.

Das Bensberger Amtsgericht hat einen 57 Jahre lang straffrei durchs Leben gegangenen Mitarbeiter der Stadt Bergisch Gladbach wegen versuchter Erpressung zu 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. Der Mann hatte gestanden, vom Arbeitgeber seiner Ehefrau schriftlich 50.000 Euro Schweigegeld gefordert zu haben; andernfalls werde er dessen Ehefrau über Seitensprünge des Erpressten in Kenntnis setzen. Bei einer fingierten Geldübergabe griff die Polizei ein.

Der Fall des in seinen späten Fünfzigern erstmals gestrauchelten Gladbachers gehört zu denen, in denen sich ein Außenstehender eine Zeitmaschine wünschen mag, um damit in die Vergangenheit reisen und den Täter von seiner Eselei abhalten zu können. „Ich wollte das Geld nicht behalten“, sagte der ohne Verteidiger zum Prozess erschienene Hans-Karl J. (Namen geändert). Sondern? Den Erpressten vorführen, demaskieren, ihm eins auswischen.

Sobald ich das Geld gehabt hätte, wäre ich zu ihm gefahren, hätte es ihm wiedergegeben und ihn gefragt: Was bist du eigentlich für ein Mensch, dass du für so etwas 50.000 Euro zahlst?
Der Angeklagte über die Tat und sein Opfer

Bei dem gut zehn Jahre älteren Erpressungsopfer handelte es sich um Freiberufler Kurt G. Der genießt zwar in seinem Fachgebiet und seiner Heimatstadt hohes Ansehen. Aber als Chef der Ehefrau von Hans-Karl J. habe er sich unterirdisch verhalten. „Immer wieder habe ich meine Frau abends trösten müssen“, sagte J. Dann habe er erfahren, dass der fiese Kurt, den er schon seit Jahren kannte, ein Doppelleben geführt und die eigene Ehefrau betrogen habe.

In Hans-Karl J. entstand — nach dessen Worten — der Gedanke, G. unter Druck zu setzen und anonym Schweigegeld zu fordern. „Sobald ich das Geld gehabt hätte, wäre ich zu ihm gefahren, hätte es ihm wiedergegeben und ihn gefragt: Was bist du eigentlich für ein Mensch, dass du für so etwas 50.000 Euro zahlst?“

Auf einem Engelskirchener Rastplatz deponierte der Erpresste das Geld

Drei Erpresserbriefe kamen bei dem Freiberufler an: am 6., 12. und am 24. Oktober 2022. Im ersten forderte Hans-Karl J. 50 000 Euro Schweigegeld, im zweiten kündigte er Details zur Geldübergabe an und im dritten nannte er Ort und Zeit: Der Erpresste solle das Geld am 25. Oktober auf dem Rastplatz Erlenhof an der A4 in Engelskirchen an einen Zaun hängen. Als Hans-Karl J. sich das Geld holen wollte, nahm ihn die Polizei fest.

Im Prozess fragte Richterin Simona Sünnemann skeptisch nach: „Wenn Sie dem Mann nur zeigen wollten, dass er kein anständiger Mensch ist: Warum dann dieser Geldbetrag?“ Die Höhe sei Zufall gewesen, antwortete der Angeklagte, er habe nur einen Beweis haben wollen und schon sein Handy bereitgelegt, um das Geld zu fotografieren, das Kurt G. für das Geheimnis auszugeben bereit sei.

Der Angeklagte nimmt das 2500-Euro-Urteil an

Beim Staatsanwalt schien der Angeklagte damit auf Unglauben zu stoßen. Auf Erpressung stehe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Es sei es beim Versuch geblieben und der Angeklagte sei nicht vorbestraft. Gegen ihn spreche aber die hohe Summe. Der Ankläger forderte 2500 Euro Geldstrafe, 50 Tagessätze zu je 50 Euro. Hans-Karl J. bekannte in seinem letzten Wort: „Es war ein Fehler.“ Aber er sei ein „integrer Mensch“.

Richterin Sünnemann ließ im Urteil offen, ob dem Angeklagten seine Erklärung für die Geldforderung abzunehmen sei. Juristisch komme es darauf aber auch nicht an. Der Mann habe sich zumindest zeitweise für seine Zwecke in den Besitz des Geldes bringen wollen. Es sei ein „notwendiges Zwischenziel“ gewesen, und das genüge. Die geforderten 2500 Euro Strafe seien angemessen. Das schien der Angeklagte am Ende auch so zu sehen: „Ich nehme das Urteil an“, war sein allerletztes Wort.

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