Zwölf Stunden musste Irit Lahav mit ihrer Tochter auf die Befreiung warten - zwölf Stunden voller Todesangst.
Nahost-KonfliktIrit Lahav berichtet in Gladbach wie sie den Terrorangriff überlebte

Irit Lahav berichtete, wie sie den Angriff der Hamas-Terroristen auf ihren Kibbuz Nir Oz überlebte.
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Es sind furchtbare Bilder aus dem Gaza-Streifen. Kinder verhungern, Menschen werden vertrieben, ein ganzer Landstrich wird unbewohnbar gebombt. Vor diesem Hintergrund kommt die Israelin Irit Lahav nach Bergisch Gladbach und erzählt ihre schreckliche Geschichte von dem Überfall der Hamas-Terroristen auf ihren Kibbuz Nir Oz am 7. Oktober 2023. Es war der Beginn, die Ursache des Krieges, in dem Israel die Hamas ein für allemal vernichten will. Für einen Moment rückten im historischen Ratssaal von Bergisch Gladbach all die komplexen Zusammenhänge in den Hintergrund. Mit Irit Lahav kam eine Frau, die unfassbares Leid erfahren hat und noch immer leidet. Und das steht erst einmal für sich.
Lahav ist eine gute Erzählerin. Sie hat sich ihr Strahlen erhalten und konnte sicher vor dem 7. Oktober mitreißend von ihrem bewegten Leben, ihren Reisen und Aufenthalten in der ganzen Welt berichten. Aber derzeit reist sie, um von dem Angriff auf ihren Kibbuz Nir Oz zu berichten. Sie stellt ihre Heimat, ihre Freunde und Bekannte vor. Zeigt blühende Landschaften und freundliche Menschen und einen Ort, in dem es keine Zäune gibt.
Wir waren ruhig, zärtlich - nicht panisch
Dann werden über die alten Fotos, die auf einen Leinwand gebeamt werden, Texte gelegt: „Getötet“ oder „Verschleppt“. Lahav erlebt das systematische Morden der Hamas in ihrem Save-Room gemeinsam mit ihrer Tochter. Der ist zum Schutz für Raketenangriffe gebaut, nicht für den Überfall von Terroristen und ist nicht abschließbar. Mit einer Konstruktion aus Stöcken und einem Staubsaugerrohr wird die Tür verriegelt.
Die Tür hält mehreren Versuchen der Terroristen stand und wird nicht aufgebrochen. Hinter einem Stapel von Büchern, die die Kugeln aufhalten sollen, die auf die Tür geschossen werden, verbringt Lahav zwölf Stunden. Zwölf Stunden in Todesangst und hört, wie draußen das Morden weitergeht. „Ich wusste, wenn die Tür nicht standhält, werden meine Tochter und ich getötet.“ Sie sei mit ihrer Tochter noch enger zusammengerückt.„Wir waren ruhig, zärtlich - erstaunlicherweise nicht panisch.“ Die Frauen werden schließlich von einem Spezialtrupp befreit und sehen ihren zerstörten Kibbuz und die Leichen. 14 Menschen aus Nir Oz sind immer noch in Geiselhaft der Hamas - oder tot.
Nir Oz soll wieder aufgebaut werden und Lahav will zurückkehren. Der Bergisch Gladbacher Partnerschaftsverein für Nir Oz unterstützt den Wiederaufbau. Viele der Zuhörer im Ratssaal waren als Freiwillige bereits vor Ort. Weitere Reisen sind geplant. Lahav hätte ihren Vortrag fast nicht halten können. Sie hatte den Datenstick im Hotel vergessen – er wurde mit dem Taxi nachgebracht. „Das ist eine Facette meines Traumas - ich bin vergesslich geworden“, sagt sie und lächelt dabei. Es passt vieles nicht zusammen an diesem Abend.