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Ende eine ÄraÜber das alte Gleis von Bergisch Gladbach nach Bensberg fährt nie mehr ein Zug

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Ein roter, altmodischer Schienenbus befährt ein Gleis. Rechts sieht man das Minarett einer Moschee.

Eine Sonderfahrt im Jahr 2019: Ein Schienenbus befährt den alten Bahndamm in Bergisch Gladbach.

Das Eisenbahn-Bundesamt begründet die Streckenstilllegung mit hohen Kosten und fehlender Perspektive. Für den alten Bahndamm gibt es Pläne.

Eine historische Nachricht der Bahn: Das alte Streckengleis der Eisenbahnlinie von Bergisch Gladbach nach Bensberg ist von Amts wegen stillgelegt. Worüber sich in den vergangenen Jahrzehnten die Gladbacher Politiker in Rage redeten, hat das Eisenbahn-Bundesamt am 5. Juni mit einer Mitteilung an die zuständige DB-Tochter DB InfraGO AG entschieden: „Auf den Antrag vom 16.04.2025 erteile ich der DB InfraGO AG die Genehmigung zur dauernden Einstellung des Betriebs (Stilllegung) des Gleises 19 der Betriebsstelle Bergisch Gladbach“, heißt es da.

Das bedeutet: Es wird nie mehr eine Eisenbahn über die zwischen Bergisch Gladbach und Bensberg liegenden Altgleise der Sülztalbahn fahren; Gleis 19 ist die Bezeichnung für diese Strecke. Die Sonderfahrt des Rheinischen Industriebahn-Museums, mit einer rot lackierten Diesellok und einigen grünen Personenwaggons am Sonntag, 20. April 2024, ist die letzte Fahrt auf der Strecke gewesen. An diesem Tag rollte eine Diesellok einige hundert Meter in das Gleis, bis auf Höhe des alten Gladbacher Bahnhofs (heute Fachhochschule der Wirtschaft). Reisende stiegen aus und machten Fotos.

Die ersten Züge auf der Strecke fuhren 1870

Die ersten Züge auf dieser Strecke verkehrten im Oktober 1870. Nach fast 155 Jahren ist Schluss: Für die DB InfraGO AG erlischt die Pflicht zur Aufrechterhaltung des Betriebs und der Instandhaltung. Für alle Eisenbahnunternehmen endet gleichzeitig der Anspruch auf Zugang zum Gleis der Betriebsstelle Bergisch Gladbach. Was noch fehlt, ist die Entwidmung der Strecke, sie ist in nächster Zeit zu erwarten. Damit wird die Zweckbestimmung als Bahnstrecke entfallen. Noch gilt sie.

Die Argumente der Bundesbehörde sind schnell beschrieben: erfolglose Verkaufsbemühungen für den Gleisbetrieb, hohe Kosten für die Unterhaltung und keine Erlöse sowie eine fehlende Nutzungsperspektive. Die Bemühungen um einen öffentlichen Weiterbetrieb durch Dritte seien somit als gescheitert anzusehen.  Vereinzelte Sonderfahrten spielten offenbar keine Rolle für das Bundesamt.

Die Stilllegung macht den Weg frei für andere Pläne

Ragnar Migenda, der Erste Beigeordnete der Stadt, kennt das Kleingedruckte des Bescheids. Für ihn sind die Gladbacher Belange wichtiger. Denn mit der Stilllegung wird es für die Fachleute im Rathaus um einiges einfacher, die ambitionierten Planungen im Umfeld des Gleises fortzusetzen und zum S11-Ausbau voranzubringen. „Auch wenn das Gleis nur viermal im Jahr von Eisenbahnfreunden befahren würde, hätte aufwendig ein Bahnübergang nach den Vorgaben der Deutschen Bahn gebaut werden müssen“, erläutert Migenda.

Diese planerische Pirouette ist jetzt nicht mehr erforderlich: Die Anbindung der Grundstücke am Gleisdreieck/Am Kuhlerbusch an die Straße der Stadtmitte sei nun deutlich günstiger zu erreichen, führt Migenda erfreut aus. Einen „Letter of Intent“ (Absichtserklärung) habe die Stadt bereits abgeschlossen mit einem möglichen gewerblichen Nutzer für das Gleisdreieck (im Eigentum der Stadt).

Neue Nutzung als Trasse für die Stadtbahn nach Bensberg?

Migenda spricht auch das „Überwerfungsbauwerk“ an, die geplante Straßenüberführung, die von der Britanniahütte über das Gleisdreieck in der Stadtmitte führen soll. Hier hätte das alte Gleis auch beachtet werden müssen. Der Beigeordnete deutet an, dass auch das Brückenprojekt - bislang noch nicht im Fachausschuss öffentlich diskutiert – jetzt vorrücken werde. Erste Studien mit Anschlüssen ans Verkehrsnetz und auch zur Steigung der Brücke lägen ihm vor. Eine Untersuchung des Lupenraums an den Gleisen zeige auf, dass die Planung gut funktionieren werde.

Dann der eigentliche Bahndamm. Was aus ihm wird, ist nach Jahren der Debatten weiter offen. Umgehungsstraße, Trasse für die Stadtbahn oder Radschnellweg, alles ist möglich. Migenda sagt dazu: „Ich kann mir eine Nutzung als Schienenweg gut vorstellen.“ Nicht als Bahnstrecke, sondern als Trasse der Stadtbahn nach Bensberg mit Anschluss an die Linie 1 (sie quert die alten Bahngleise vor Bensberg). „Ich habe große Sympathie für diese Gedanken“, sagt Migenda. Er werde in Kürze Gespräche mit den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) führen. Sollten auch die KVB Interesse haben, könnte ein solches Projekt perspektivisch angegangen werden.

„Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Stilllegung einen wichtigen Meilenstein für die Mobilitäts- und Stadtplanung von Bergisch Gladbach bedeutet, in Zusammenhang mit dem S-Bahnausbau, der damit verbundenen Schließung des Bahnübergangs Tannenbergstraße, der in diesem Zusammenhang dann unabdingbar notwendigen Kompensationen mit neuer Brücke und Unterführung sowie der zukünftigen Nutzung und städtebaulichen Gestaltung des gesamten Areals rund um und mit dem Gleisdreieck“, so Migenda. „Darüber bin ich in der Tat sehr froh.“