Breitband-AusbauSchnelles Internet kommt nur langsam in Rhein-Berg an

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Unternehmen und Schulen brauchen schnelles Internet. An manchen Stellen hakt es bei der Umsetzung.

Unternehmen und Schulen brauchen schnelles Internet. An manchen Stellen hakt es bei der Umsetzung.

Rhein-Berg – Der Breitband-Ausbau in Rhein-Berg erinnert nicht nur SPD-Urgestein Professor Jürgen Wilhelm ein bisschen ans Impfen: Die Erwartungen sind hoch, die Erfolge dagegen zumindest vorläufig überschaubar.

Besonders deutlich geworden ist die Breitband-Misere, seit Corona vieles ins heimische Büro oder ins Klassenzimmer am Küchentisch verlagert hat. Nach dem Willen des Kreis-Zukunftsausschusses soll die Verwaltung jetzt noch einmal Druck im Sinne der Schulen machen. Es gab vier Enthaltungen.

Geld ist da, die Bagger noch nicht

In der jüngsten Sitzung des Zukunftsausschusses war parteiübergreifend Unmut über das Schneckentempo formuliert worden. Kreisdirektor Dr. Erik Werdel äußerte Verständnis, versuchte aber auch zu erklären, warum alles so schwierig sei. Geld ist beim Breitband-Ausbau nicht das Problem: 20 Millionen Euro für ein erstes und weitere 15 Millionen Euro für ein zweites Förderprojekt haben Bund und Land bewilligt, und dennoch werden die ersten Bagger erst ab Juni erwartet. Dabei hat die Kreisverwaltung den Förderbescheid vom Bund für Projekt 1 bereits im Dezember 2019 erhalten; das Land folgte mit seinem ersten Batzen im März 2020.

2019: Landrat Santelmann und RP Gisela Walsken mit Förderbescheid über fünf Millionen Euro.

2019: Landrat Santelmann und RP Gisela Walsken mit Förderbescheid über fünf Millionen Euro.

„Unmittelbar im Anschluss an die endgültigen Förderzusagen hat die Kreisverwaltung den Zuschlag an die Telekom Deutschland GmbH erteilt“, heißt es in Werdels schriftlichem Bericht. „In einem zuvor europaweit durchgeführten Ausschreibungsverfahren hatte der Netzbetreiber als einziges Unternehmen ein Angebot abgegeben.“

Im Ausschuss wurde der Kreisdirektor deutlicher, sprach von einem „Marktversagen“: „Die Unternehmen sind an Ballungsgebieten und Stadtmitten interessiert, aber kein Mensch hat Lust, in Ortsteilen Kabel zu verlegen.“ Unter diesen Umständen komme man nur voran, wenn man „Hand in Hand“ arbeite. Trotzdem sei es „sehr schwierig, wenn man keinen Wettbewerb hat“.

Im Juni soll der Ausbau beginnen

Im April 2020 hat das Ausbauprogramm begonnen und soll 36 Monate, also bis 2023, dauern. Ab Juni werden die Bagger rollen, und mit Abschluss des Projektes solle mit rund 98 Prozent der weitaus größte Teil des Rheinisch-Bergischen Kreises mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit pro Sekunde im Download versorgt sein. Sobald die Feinplanung abgeschlossen ist, will der Kreis anhand von Landkarten darüber informieren, wer wann dran ist.

In dem danach folgenden zweiten Projekt geht es an die verbleibenden weißen Flecken. Rund 3600 weitere Anschlüsse in den Siedlungsbereichen sowie 49 Gewerbegebiete sollen dann mit leistungsfähigen Glasfaseranschlüssen versorgt werden.

Schulen haben keine Priorität

Auf die Frage unter anderem der Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren nach einer Priorität für Schulen hieß es von Seiten der Kreisverwaltung, dass es aus Unternehmenssicht nicht zweckmäßig sei, die Schulen zunächst zu verkabeln, die Häuser dazwischen aber nicht. SPD-Kreistagsabgeordneter Professor Jürgen Wilhelm erinnerte an Corona: „Es sind alle verantwortlich und es passiert erst einmal 18 Monate lang nichts.“

Er forderte eine „Exzellenz-Priorität für Schulen“. Man solle „Vollgas geben und nicht mit 5000 Euro Mehrkosten argumentieren“. Für die CDU formulierte Lennart Höring die Sorge, dass eine Priorisierung der Schulen zu erneuten Verzögerungen führe.

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Werdel sagte, dass offenbar nicht immer die Schulen Priorität hätten. So habe ihm ein Bürgermeister ein Unternehmen als vorrangigen wichtigen Steuerzahler benannt. Der Kreisdirektor weiter: „Selbst wenn wir morgen Glasfaser an den Schulen hätten, würde das nichts ändern, weil die Schulen gar nicht die Infrastruktur haben.“ Es fehlten sowohl die Geräte als auch die medienpädagogischen Konzepte. Der Kreisdirektor selbstkritisch: „Dass das Thema Breitband in einem so hochzivilisierten Land wie Deutschland ein solches Bild abgibt, finde ich sehr bezeichnend. Es ist ein Armutszeugnis.“

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