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Heiraten als KunstformWieso 30.000 Euro für eine Hochzeit in Rhein-Berg nicht ungewöhnlich sind

Lesezeit 6 Minuten
Die Silhouette eines frisch vermählten Hochzeitspaares zeichnet sich im Gegenlicht ab.

Die Silhouette eines frisch vermählten Hochzeitspaares zeichnet sich im Gegenlicht ab.

Die Hochzeitsplanerin vom Althoff Grandhotel Schloss Bensberg verrät, wieso die Hochzeitsbranche boomt und wie viel Hochzeit im Schloss kostet.

Es geht immer „höher, schneller, weiter“, sagt Miriam Heitmann. Sie ist für die Hochzeiten, die im Althoff Grandhotel Schloss Bensberg stattfinden, verantwortlich. Heitmann begleitet und organisiert schon viele Jahre Hochzeiten und war schon vor ihrer Zeit im Schloss in der Hochzeitsbranche unterwegs. Und die habe sich in den vergangenen Jahren verändert: „Durch Social Media steigen die Erwartungen – und der Konkurrenzgedanke. Das finde ich ein bisschen schade“, meint sie.

Gerade Bräute verglichen sich häufiger mit Freundinnen und viele Paare legten Wert darauf, auf ihrer Hochzeit etwas zu präsentieren, das es auf anderen Hochzeiten noch nicht gab. Darauf reagiere die Hochzeitsbranche natürlich: „Es wird immer mehr erfunden. Erst kamen die Fotoboxen und jetzt gibt es zum Beispiel ein Audiotelefon, mit dem Gäste Sprachnachrichten für das Brautpaar aufnehmen können“, schildert Heitmann.

Auch das „normale“ Besteck reiche oft nicht mehr aus. Schwarzes oder goldenes Besteck sei gerade sehr gefragt. Für den vollends abgerundeten Social Media Auftritt wünschten sich manche Paare sogar eine Lounge-Ecke, für die Gäste, die die Hochzeit auf Instagram begleiten wollen.

Hochzeiten in Deutschland kosten zwischen 10.000 und 30.000 Euro

Wer auf Social Media mit den emotionalen Momenten der Schönen und Reichen mithalten möchte, muss tief in die Tasche greifen – und/oder viel Zeit mitbringen. In Deutschland geben Hochzeitspaare zwischen 10.000 und 30.000 Euro für ihre Hochzeitsfeier aus. Dafür verzichteten junge Paare auch auf Urlaube und sparten ihr ganzes Geld nur für diesen einen Tag.

„Es ist nicht mehr mit früher zu vergleichen, was heute pro Kopf ausgegeben wird“, sagt Heitmann. Im Schloss liegt der Preis bei rund 300 Euro pro Person, wenn das Paar nur den Raum, Essen und Getränke bucht. Deko, Fotograf oder sonstigen Dienstleistungen sind in dem Betrag noch nicht drin. „Da müsste man dann schon mit 500 Euro pro Person rechnen“, meint Heitmann. Dafür werden die Paare im Bensberger Schloss bei den Hochzeitsvorbereitungen auch eng begleitet und unterstützt.

Paare planen ihre Hochzeit ein Jahr lang

Zu den Kosten für „den schönsten Tag des Lebens“, kommt ohne Hochzeitsplaner oder Location, die mitplant, auch noch der Faktor Zeit: Die meisten Paare, den Beginn ihrer gemeinsamen Zukunft mit einer großen Party feiern, fangen rund ein Jahr vor dem Termin an zu planen. Es gibt nämlich viel zu erledigen: Sie müssen Location, DJ, Fotograf, Videograf und Traurednerin suchen, finden und buchen. Die Braut braucht ein Hochzeitskleid, der Bräutigam einen Anzug. Beides muss noch zum Schneider.

Braut und Bräutigam sitzen auf Hockern in einer Kirche. Die Braut legt ihren Kopf auf die Schulter des Bräutigams.

Dieser Moment ist nicht gestellt. Johanna Pfeifer hat ihn eingefangen und den 2. Platz beim Fotowettbewerb belegt.

Sie müssen sich auf Deko, Essen und Getränke, eine Hochzeitstorte und die Sitzordnung einigen. Sie müssen mit der Traurednerin, der Standesbeamtin oder dem Pfarrer absprechen, was während der Trauung gesagt werden soll. Die Braut braucht mindestens eine Person für Haare und Make-Up – das muss am besten auch vorab bei einem Probetermin ausprobiert werden. Wenn sie den lockeren Teil des Abends mit einem Hochzeitstanz eröffnen wollen, müssen sie den auch noch üben. Die Liste der Dinge, die während der Hochzeitsplanung anfallen, könnte wohl unendlich ausgeweitet werden.

Social Media ist auch bei Hochzeiten nicht immer authentisch

Klar, das setzt unter Druck, gerade wenn gefühlt die ganze Welt über Insta und Co auf die eigene Hochzeit blicken kann. Und wenn man sich selbst an Hochzeiten aus der ganzen Welt orientiert. „Ich sage auch oft: ‚Es geht um eure Hochzeit, was wollt ihr denn‘?“, berichtet Heitmann. Sie und das Team helfen den Paaren, die bei ihnen heiraten, bei der Organisation und erfüllen ihnen gerne ihre Wünsche. Sie schauen aber auch, dass die Pläne nicht aus dem Ruder laufen. Denn: Die hohen Erwartungen der jungen Liebenden würden häufig durch realitätsferne Bilder und Videos auf Social Media geweckt.

„Oft posten Hochzeitsfotografen gestellte Shootings, um ihr Portfolio aufzuzeigen. So sehen richtige Hochzeiten aber meistens nicht aus“, schildert sie. Paare sähen diese Bilder und wollten erreichen, dass ihre Hochzeit so aussieht, wie die gestellten. Und vielen sei gar nicht bewusst, was das alles kostet, was sie auf Social Media so sehen. „Deswegen haben wir mittlerweile einen Showroom. Da sind 15 verschiedene Stuhlarten, Teller, Besteck und Blumen ausgestellt. Dadurch wird es für die Paare greifbarer, was man wirklich für eine schöne Feier braucht“, berichtet die Hochzeitsexpertin.

Rhein-Berg: Hochzeits-Locations seit Corona sehr teuer geworden

Die Sache mit den gestellten Shootings ist sicher eine Möglichkeit für Fotografen, mit den Bildern für ihre Leistungen auf Instagram zu werben. Das kann aber auch Tücken haben, meint Hochzeitsfotograf Tim Kurth aus Bergisch Gladbach. Denn die Rahmenbedingungen auf wirklichen Hochzeiten sind ganz anders. „Damit die Paare hinterher nicht enttäuscht sind, rate ich ihnen immer, sich ganze Reportagen anzuschauen“, sagt Kurth. Daran könnten sie dann sehen, ob ihnen die Fotos auch unter realen Bedingungen gefallen.

Er ist seit 15 Jahren Hochzeitsfotograf und hat ebenfalls einige Entwicklungen in der Branche erlebt. „Die Leute geben schon mehr Geld für ihre Hochzeiten aus. Aber es ist seit Corona auch vieles teurer geworden“, sagt er. Locations zum Beispiel, aber Paare zahlten die Preise auch, weil es noch relativ wenige Locations gebe. Dass der Druck für Paare durch Social Media steigt, nehme er schon wahr, auch wenn er Kunden anspreche, die es nicht auf den perfekten Instagram-Content anlegen. „Das, was man von außen sieht, sind natürlich oft Menschen, die gerne etwas zeigen wollen“, sagt er.

Ästhetische Ansprüche - ob für Social Media oder eigene Erinnerungen

Aber auch die, die sich mit ihren Posts in Sozialen Netzwerken eher zurückhalten, haben ästhetische Ansprüche, berichtet Kurth. Die Ideen bekämen sie trotzdem über die Plattformen und für ihre eigenen Erinnerungen möchten sie auch schöne Fotos haben.

Der Gladbacher macht eher natürliche Fotos, fängt über den Tag hinweg also Momente ein und macht, außer bei den Gruppenfotos, eher weniger gestellte Bilder. Diese Hochzeitsreportagen sind mittlerweile sehr beliebt, auch bei Paaren, die nicht jedes Foto gleich online stellen. „Dass Leute eine Reportage haben möchten, ist noch nicht so super lange üblich. Früher war Hochzeitsfotografie ja eher gestellt, der Fotograf hat das Paar fotografiert und ein paar Gruppenfotos gemacht und das war“s meistens“, berichtet Kurth.

Wenn ein Paar gezielt für Social Media Fotos oder Videos haben möchte, seien dann natürlich mehr gestellte Fotos dabei und der Ablauf werde öfter unterbrochen. „Das Paar muss dann den ganzen Tag mit dem Fotografen oder Videografen arbeiten. Das entscheiden aber alle selbst und ist eine Sache der Prioritäten“, findet er.

Dass sich Paare mehr Gedanken um ihre Hochzeit machen, müsse auch nicht immer heißen, dass es prunkvoller wird. „Sie überlegen auch, was sie an Bräuchen und Traditionen wirklich haben möchten“, sagt er. Wer sich zum Beispiel damit unwohl fühlt, vor allen Gästen zu tanzen, lässt den Hochzeitstanz heute einfach weg und überlegt sich was anderes, um die Leute auf die Tanzfläche zu holen.

Und beide Hochzeitsprofis sind sich einig: Die Hochzeiten werden durch den Aufwand und die Planung auch einfach schöner.