Der 57-Jährige soll vor 22 Jahren einen Mann aus Habgier und Schwulenfeindlichkeit ermordet haben. Nun sagt seine Ex-Partnerin aus.
„Cold Case“Ex-Freundin des Kürtener Angeklagten bezichtigt ihn im Mordprozess der Habgier

Die Frau berichtet, dass während ihrer Beziehung zu dem Angeklagten immer wieder Geld aus ihrem Portemonnaie fehlte. (Symbolbild)
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Bilder verblassen, Erinnerungen verschwinden. Nach 22 Jahren ist es eine schwierige Aufgabe für das Paderborner Schwurgericht, die Zeugen im Fall Tino W. zu befragen. Dennoch hören die Richter viel Erhellendes über den Angeklagten aus Kürten.
Es ist die frühere Lebensgefährtin des jetzt 57-Jährigen, die am dritten Prozesstag in den Zeugenstand tritt. Sie sagt – wenig überraschend – oft zu den Fragen des Vorsitzenden Eric Schülke: „Das weiß ich nicht mehr.“ Aber die mittlerweile 64 Jahre alte Mutter von vier Kindern kann sich an viele kleine Dinge erinnern, an denen das Schwurgericht großes Interesse hat. Denn die Aufklärung des Cold Case um den gewaltsamen Tod von Tino W. 2003 in Bad Driburg ist keine einfache Aufgabe: Der mutmaßliche Täter schweigt. Der Kürtener soll den homosexuellen W. im November 2003 erdrosselt und bestohlen haben, die Staatsanwaltschaft glaubt, dass der damalige Nachbar von W. aus Habgier und Schwulenfeindlichkeit gehandelt hat.
Der Angeklagte hatte vor rund 20 Jahren kaum eigenes Geld
Zu letzterem kann die Frau, die seinerzeit mit dem Angeklagten zusammen war, nichts sagen. Ihr damaliger Freund habe sich nie abfällig über Homosexuelle geäußert, er sei lediglich mit W. nicht gut klargekommen, „wegen seiner Art.“ Timo W. sei freundlich und sehr hilfsbereit gewesen, aber auch „etwas divenhaft“.
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Anders sieht es mit der Habgier aus. Immer wieder seien aus ihrem Portemonnaie kleine Beträge verschwunden, was sie aber ihren eigenen Kindern nicht zugetraut habe, berichtet die 64-Jährige. Dann habe ihr damaliger Freund den 13 Jahre alten Sohn am Tag nach der Entdeckung von W.s Leiche in der Einliegerwohnung zu ihr gebracht – in eine Reha-Einrichtung in Bayern. Dort sei ihr ein dickes Bündel Zehn-Euro-Scheine im Geldbeutel ihres Freundes aufgefallen. Geld, das nicht von ihr habe stammen können, weil sie einen dreistelligen Betrag in größeren Scheinen für die Familie als Haushaltsgeld zurückgelassen habe. Der Angeklagte habe damals kaum eigenes Geld gehabt, die Karte seines Handys sei sogar gesperrt worden.
Die Tochter des Kürteners beklagte sich über seine Unzuverlässigkeit
Zu diesem Zeitpunkt, sagt die Zeugin, habe sie sich längst von dem Mann trennen wollen, mit dem sie seit Mai zusammen gewesen sei. Unter anderem, weil sie festgestellt hatte, dass er sie seit Sommer an der Nase herumgeführt habe: Er sei morgens in Dachdeckerkleidung aus dem Haus gegangen, angeblich zur Arbeit. Den Job habe er aber seit Ende Juni nicht mehr gehabt, sie habe entsprechende Unterlagen vom Arbeitsamt später im Kleiderschrank versteckt gefunden, neben einem leeren Geldbeutel mit einer EC-Karte, den er angeblich verloren hatte. Als sie sich nach ihrer Rückkehr aus der Reha im Dezember von dem Angeklagten tatsächlich getrennt habe, so berichtet die 64-Jährige, habe dieser sich von einer Bekannten mit dem Auto abholen lassen. Diese Frau soll ihr dann gebeichtet haben, ihr Ex-Lebensgefährte sei ein Zocker und müsse dringend versuchen, sein Leben in den Griff zu bekommen. „Er schien froh zu sein, dass ich ihn rausgeschmissen habe“, schildert die Zeugin die Situation, „und er schien es sehr eilig zu haben, das Haus zu verlassen.“
Wenige Wochen danach habe sie von einem Bekannten erfahren, dass ihr Freund diesen damals „unter fadenscheinigen Hinweisen“ versucht habe, in ihrem Namen anzupumpen. „Sei froh, dass du ihn los bist“, soll der Bekannte gesagt haben. Für glaubwürdig habe sie ihren damaligen Partner nicht gehalten, gibt die Zeugin zu. Selbst dessen junge Tochter habe sich bei einem Besuch beschwert, ihr Vater verspreche viel und halte nie etwas. Der Prozess wird in der kommenden Woche mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt.

