Nach einem halben JahrSo ist die Kleiderkammer in Kürten angelaufen

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Christa Küppers steht an einer Kleiderstange, vollbehangen mit Kleidung.

Christa Küppers hat auch den Trägerverein für die Kleiderkammer, „Zuhause in Kürten“ gegründet. Sie und ihre Mitstreiter sind ehrenamtlich tätig.

Seit etwa einem halben Jahr gibt es die Kleiderkammer in Kürten. Wir haben die Ehrenamtler für ein erstes Fazit getroffen.

Als im vergangenen Spätsommer die Kleiderkammer startete, war auch Initiatorin Christa Küppers etwas unsicher. Würde das neue Sozialangebot in Kürten überhaupt angenommen? Heute, nicht mal ein halbes Jahr später, ist sich die Kürtenerin sicher: Die Kleiderkammer funktioniert, und sie funktioniert sehr gut. „Wer hier ohne Garderobe rausgeht, ist selber schuld“, sagt Christa Küppers und strahlt.

Rund 20 ehrenamtlich engagierte Frauen stehen hinter Christa Küppers und ihrem Trägerverein „Zuhause in Kürten“ (Zink). Heimat der Kleiderkammer ist die umgebaute Gaststätte Zur Erholung in Kürten-Bechen an der Dorfstraße, nur fünf Minuten Fußweg von der Kölner Straße im Dorfkern entfernt, gut mit dem Bus erreichbar.

Kürten: Umbau der Inneneinrichtung ist abgeschlossen

Der Umbau der Inneneinrichtung sei abgeschlossen, berichtet Christa Küppers. In der Tat erinnert kaum noch etwas an den Gastraum der Traditionsgaststätte. Kleiderständer, vollgehangen mit Jacken und Anoraks, sind zu sehen. Es gibt Regale mit Pullovern, Shirts und Hemden. Schuhschränke. Alles sortiert nach Geschlecht, dann nach den Größen.

Zu sehen sind nur moderne Sachen. Auch im Kinderbereich sind viele gut erhaltenen Kleidungsstücke zu finden. „Wir nehmen nur saubere Sachen an, die gut erhalten sind“, erklärt Christa Küppers das Prinzip. Knöpfe annähen oder Reißverschlüsse reparieren, gehe nicht. Und Kleidung, die säckeweise außerhalb der Öffnungszeiten abgestellt sei, werde unbesehen entsorgt.

Regale voller Kleidung in der Kürtener Kleiderkammer.

Regale voller T-Shirts und Pullover bieten Frauen, Männern und Kindern eine große Auswahl an gut erhaltener Garderobe.

Bunte Informationstafeln sind neu am Eingang angebracht. Sie zeigen an, wo die Dinge im ehemaligen Gasthaus auf einen Blick zu finden sind. Es findet sich sogar eine Beachflagge zum Aufstellen. Wer Sachen sucht, geht zur Vordertür, die Abgabe ist um die Ecke. Wegweiser zeigen auch an, dass in der Gaststätte die Nähstube des Fluchtpunkts Kürten zu finden ist und der Eselstreff des Vereins Zink, für Beratungen, Besprechungen, für Sprachkurse.

Der Kochtreff soll auch wiederbelebt werden.   Entstanden ist ein kleines soziales Zentrum, und das in Eigeninitiative, ganz ohne Zutun von Verwaltung, Kirchen oder Sozialverbänden. Der Bürgerbus überlege auch, die Kleiderkammer anzusteuern, sagt Christa Küppers. Das Miteinander mit der Eigentümerin Waltraud Schmitz, der ehemaligen Gastwirtin, sei auch einfach.

Jeder kann einkaufen in der Kleiderkammer von Kürten-Bechen. Das ist das Prinzip. Deutsche und Zugezogene, Geflüchtete und Kriegsvertriebene, Alte, Junge, mit Kind oder ohne. „Anders als bei den Tafeln ist das“, sagt Christa Küppers. Das habe sich aber noch nicht überall rumgesprochen. Es müsse bei der Kleiderkammer auch kein Dokument vom Amt vorgelegt werden. Die Kunden werden an der Eingangstür empfangen und durch die Räume geführt. Auch eine Umkleide ist eingerichtet, wie in einem ganz normalen Modegeschäft.

Es findet jeder etwas, nur nicht immer das Gewünschte.
Christa Küppers, Kleiderkammer Kürten

Abgegeben wird für kleines Geld, Schuhe kosten drei Euro, Kleider auch, T-Shirts ab 50 Cent. Von den Einnahmen finanziert sich die Miete des Raumes. Nach der Annahme der Sachen, schildert Christa Küppers den Ablauf, werde zunächst alles geprüft. Erst danach gehe das Kleid oder die Hose in den Verkaufsraum. „Es gibt auch Enttäuschungen“, erzählt die Organisatorin nachdenklich.

Wenn die betagte Witwe einen Koffer voller Anzüge ihres verstorbenen Mannes abgeben wolle, sei das gut gemeint, aber schwierig. Da fehlt die Zielgruppe. Andererseits kämen viele junge Männer zur Ausgabe. Und diese schauten auf moderne Jeans oder Turnschuhe. „Es findet jeder etwas, nur nicht immer das Gewünschte.“ Aktuell werde auf Frühjahr und Sommer umgestellt, Wintergarderobe seit Anfang Februar nicht mehr angenommen.

Dass das Projekt derart gut klappt, freut die Organisatorin und ihre Mitstreiterinnen. Die Sorge, dass der Kleiderkammer die Garderobe ausgehe, habe sie nicht. „Statistisch kauft jeder Deutsche anderthalb Kleidungsstücke in der Woche. Es sind Unmengen an Sachen vorhanden.“ Und vieles werde viel zu früh entsorgt. Auch dagegen arbeite die Kleiderkammer an. Das Thema Nachhaltigkeit sei eines der wichtigsten, gute Garderobe wieder an den Mann oder an die Frau zu bringen, der Kern des Engagements.


Was wann abgegeben werden kann

Verkaufszeiten: dienstags und mittwochs, 15 bis 18 Uhr. Jeden ersten und dritten Samstag im Montag von 10 bis 12.30 Uhr.

Annahmezeit: montags, 15 bis 18 Uhr

Annahme: gewaschene und saubere Oberbekleidung; saubere, tragbare Schuhe für Kinder, Frauen und Männer; Taschen und Rucksäcke; Spiele und Puzzles

Keine Annahme: Unterwäsche und Socken, Kommunionkleidung, Handtücher, Tischwäsche, Bettwäsche, Gardinen, Decken, Geschirr, Hausrat, Bücher. (cbt)

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