Rote ZahlenAbschied von Odenthaler Vorzeigeprojekten im Etat 2023?

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Geld wird auch 2023 im Odenthaler Haushalt knapp sein. Symbolbild.

Geld wird auch 2023 im Odenthaler Haushalt knapp sein. Symbolbild.

Odenthal – Kämmerer lieben berufsbedingt die Farbe Schwarz. Schwarze Zahlen in der Bilanz der Kasse sind ihr Ziel. In Odenthal sieht Thorsten Stefer eher rot, signalrot. Womit er damit am Ende dann doch wieder schwarz sieht, leider aber nur bildlich gesprochen. Düstere Aussichten jedenfalls für die nächsten Jahre auch in Odenthal.

Bei keiner Einbringung des Etatentwurfs, so Bürgermeister Roberts Lennerts (parteilos) in seiner Haushaltsrede am Dienstagabend – immerhin die achte in seiner Zeit als Verwaltungschef – sei die gesamtwirtschaftliche und politische Lage so angespannt und schwierig gewesen wie in diesem Jahr. „Wir befinden uns seit Beginn von Corona – und wenn Sie die Flüchtlingssituation aus 2015 folgende hinzunehmen – seit Beginn meiner Amtszeit durchweg im Krisenmodus“, sagte er. Corona, die Jahrhundertflut 2021 und nicht zuletzt der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mit allen Folgen hätten die Situation auch für Odenthal weiter zugespitzt.

Eckdaten vom Land fehlen

Die allgemeine Unsicherheit gilt auch für den Haushalt 2023 und seine Zahlen. Die wichtigsten Eckdaten des Landes lägen erst im November vor, Energiepreise und Inflation, Lohnkosten- und Zinsentwicklung, auch die Höhe der Kreis- und der Jugendamtsumlage, für all diese Faktoren fehle noch belastbares Material, so der Kämmerer.

„Ich habe im Spätsommer keinen Hehl daraus gemacht, dass ich die Einbringung zum heutigen Tag nicht gutheißen kann, da entscheidende Daten fehlen und somit das Zahlenwerk aus meiner Sicht nicht belastbar ist“, kritisierte Thorsten Stefer schon zu Beginn seiner Ausführungen. Der Zeitpunkt war aber von der Politik so gewollt und so lieferte der Kämmerer, stellte aber die Zahlen, die er dem Rat präsentierte, unter „Vorbehalt“.

Defizit von 1,1 Millionen eigentlich noch höher

Im Gesamtergebnis rechnet der Kämmerer für 2023 mit einem Defizit von 1,1 Millionen. Dies allerdings nur durch die sogenannte Corona-Isolierung, eine buchungstechnische Finesse, die nun auch für Folgen des Ukrainekriegs möglich ist. Ohne diese Technik, die finanzielle Lasten in die Zukunft verschiebt, eine nach Ansicht des Kämmerers „höchst bedenkliche“, weil „generationsungerechte“ Verfahrensweise, würde das Minus 3,4 Millionen betragen.

2024 dürfte sich die Lage mit minus 3,4 Millionen (minus 5,6 Millionen ohne Isolierung) verschärfen, bevor sie sich 2025 mit einem leichten Plus von 42000 Euro (ohne Isolierung allerdings immer noch ein Minus von 1,8 Millionen) etwas entspannen könnte.

Bedenkliche Zinsentwicklung

Der Grund: Die finanziellen Vorleistungen für den Bürgerradweg Scherfbachtal von 1,9 Millionen und der Verkauf von fünf Baugrundstücken werden erst 2025 wirksam. 2026 endet die Möglichkeit der Corona-Isolierung und lässt den Odenthaler Haushalt nach der Prognose in ein sattes, ungeschöntes Defizit von 4,7 Millionen Euro rutschen.

Bedenklich auch die Zinsentwicklung: In den nächsten vier Jahren könnte sich der Wert von 287.000 auf 732.000 Euro verdreifachen, sorgt sich der Kämmerer.

Steuern sollen nicht erhöht werden

Um eine Haushaltssicherung zu vermeiden und nicht wie 2022 an der Steuerschraube drehen zu müssen, schlägt die Verwaltung „schmerzhafte Einschnitte“ vor, so der Bürgermeister. So sollen die Projekte Alte Kaplanei und das Bistro der Träume in Voiswinkel gestrichen werden, obwohl man dafür zusammen knapp 1,1 Millionen Euro öffentlicher Förderung erhalten würde. Aber der Eigenanteil und vor allem die Folgekosten seien zu hoch.

Beim Bistro der Träume kündigte Sonja Tewinkel (Die Grünen) schon im Vorfeld der Haushaltsberatungen Widerstand an: „Einfach eine halbe Million verfallen zu lassen, halte ich für falsch.“

Es fehlen Wohn- und Gewerbefächen

Insgesamt setzt der Kämmerer für 2023 Investitionen in Höhe von acht Millionen an, drei Millionen Euro erwartet man aus Fördertöpfen. Die Reparatur von Straßen und Wasserrohrnetz soll fortgesetzt, Kita Hüttchen und Dhünntalstadion saniert und der marode Bauhof erneuert werden. Auch die energetische Sanierung werde fortgesetzt. Zu den Erfolgen zählten die „just-in-time“ errichtete Containerschule Odenthal, die im kalkulierten Kostenrahmen gebliebene Erweiterung des Schulzentrums, Fortschritte bei digitaler Mobilität und die Vorreiterrolle im Brandschutz.

Bedenklich sei hingegen die Linie, keine neuen Flächen für Wohnungen und Gewerbe auszuweisen. „Ich halte diese Politik für verfehlt“, sagte Lennerts. „Sie schadet nachhaltig unserer finanziellen Ausstattung und somit auch der Aufrechterhaltung sowie Verbesserung unserer Infrastruktur.“

Ponywiese hat verbrannte Erde hinterlassen

Wie schwierig die Ausweisung von Bauflächen sein kann, daran erinnerte der Bürgermeister noch einmal in einem Rückgriff auf die „unendliche und unsägliche Diskussion um die Dhünner Wiese“ (Ponywiese), die viel „verbrannte Erde“ hinterlassen habe.

Dabei habe die Verwaltung „demokratisch getroffene Beschlüsse umgesetzt“ und sei dafür harten und unter die Gürtellinie gehenden Angriffen bis hin zum Vorwurf strafrechtlich relevantem Fehlverhaltens ausgesetzt gewesen. Das von der Politik geforderte und mit Steuergeld bezahlte Gutachten habe das „recht- und ordnungsgemäße Vorgehen der Verwaltung nicht im Geringsten infrage gestellt.“

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