Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Selbstgewählter AbgangOdenthals Bürgermeister Robert Lennerts blickt auf zwei Amtszeiten

Von
5 min
Ein Mann im schwarzen Polohemd steht an einem Aussichtspunkt mit Blick auf den Altenberger Dom.

Mit Blick auf Altenberg: Bürgermeister Robert Lennerts. In seiner Amtszeit erhielt das ehemalige Klostergelände der Zisterzienser das Europäische Kulturerbesiegel.

2015 mit hauchdünner Mehrheit gewählt, 2020 mit haushoher Mehrheit im Amt bestätigt, waren stets seine Qualitäten als Krisenmanager gefragt.

Auf dem Schreibtisch liegen noch Akten und persönliche Schreibutensilien, an den Wänden hängen Familienfotos. Wären da nicht die Kunststoffboxen auf dem Boden hinter dem Schreibtisch, die sich langsam mit persönlichen Dingen füllen, würde nichts darauf hindeuten, dass Robert Lennerts sein Büro im Rathaus schon in wenigen Tagen räumt.

Zehn Jahre, zwei Amtsperioden lang, hat er von hier aus die Odenthaler Fäden in der Hand gehalten und die Geschicke des Ortes mitbestimmt, die meiste Zeit davon im Krisenmodus: Flüchtlingskrise, Coronakrise, Jahrhunderthochwasser, neue Flüchtlingskrise, Cyberattacke (nicht nur auf das Odenthaler Rathaus), Finanzkrise – langweilig waren die Jahre eher nicht.

Eine hauchdünne Mehrheit reichte dem Quereinsteiger 2015 zum Sieg

Das alles war noch nicht absehbar, als Lennerts 2015 mit der hauchdünnen Mehrheit von sieben Stimmen als Parteiloser überraschend von den Odenthalern und Odenthalerinnen zum Bürgermeister gewählt wurde. Sieben Stimmen, aber kaum Verwaltungserfahrung, das brachte der Quereinsteiger ins Rathaus mit.

Eine Schar von Menschen bejubelt einen Mann in einem Anzug, der in einem Saal steht und lacht

Überraschungserfolg: Eine hauchdünne Mehrheit von sieben Stimmen brachte den Quereinsteiger Robert Lennerts  2015 als Chef ins Rathaus.

Nach dem Freudentaumel des Wahlabends kam der Respekt vor der Aufgabe. „Da hatte ich dann schon etwas Bammel“, gibt Lennerts zu, der zuvor als Polizeibeamter und als Dozent tätig war. „Als Einzelbewerber, ohne Partei im Rücken, stehst Du dann plötzlich schon etwas alleine da.“ Manch einer habe vielleicht gedacht: „Da kommt so eine Pappnase“, lacht er mit Blick auf seine vielfältigen Aktivitäten in Vereinen, als Sänger, im Karneval.

Ein Mann mit weißem Hemd singt in ein Mikrofon.

Robert Lennerts ist auf vielen Bühnen aktiv: Hier als Sänger in der Band der damaligen Bürgermeister in Rhein-Berg.

Die erste, große Herausforderung war die Flüchtlingskrise

Es kam allerdings auch ein Macher. Einer, der sich nicht scheute, in der kurz darauf auch über Odenthal hereinbrechenden Flüchtlingskrise Verantwortung zu übernehmen: In dieser Ausnahmesituation die Kräfte zu bündeln, Politik und Verwaltung, Vereine, Ehrenamtliche an einen Tisch zu holen, das gelang.

Klare Linie zeigte Lennerts auch bei der zweiten Flüchtlingswelle mit seiner Weigerung, erneut Turnhallen zu belegen. Dann trete er zurück, hatte er entschlossen verkündet und damit bundesweit mediale Aufmerksamkeit erregt. „Im Schulterschluss mit vielen“ Krisen bewältigt, den sozialen Frieden bewahrt zu haben, das erfülle ihn „mit Dankbarkeit und auch einem gewissen Stolz“, sagt er.

Es gab auch politische Rückschläge

Aber es gab auch Rückschläge, besonders in seiner zweiten Amtszeit. Die finanzielle Situation der Kommune verschlechterte sich dramatisch, die Pläne für die städtebauliche Entwicklung, auch für zusätzliche Baugebiete und mehr Gewerbeflächen fanden keine politische Mehrheit, um Verkauf und Entwicklung der Ponywiese wurde mit harten Bandagen gekämpft, da war er „kurz davor, hinzuschmeißen“.

Das Projekt an der Altenberger-Dom-Straße doch noch in letzter Minute mit der absoluten CDU-Mehrheit vor der 2020 anstehenden Kommunalwahl durchgesetzt zu haben, sieht Lennerts heute noch als richtig an. Alles andere hätte die Gemeinde schwer geschädigt, meint er. In der Politik hat ihm das mancher nie verziehen, die Odenthaler Bürger allerdings kreideten es ihm nicht an: In die zweite Amtszeit wurde er mit 73 Prozent der Stimmen gewählt.

Der selbstbestimmte Abgang ist dem Bürgermeister wichtig

Der selbstbestimmte Abgang war ihm wichtig, eine erneute Kandidatur für den Chefsessel im Rathaus hatte er schon im Sommer 2024 abgelehnt. So ganz lassen von der Politik kann er aber nicht. Als direkt gewählter Abgeordneter zieht der Parteilose mit CDU-Fraktionsanschluss in den neuen Gemeinderat ein, wechselt quasi die Seiten, von der Verwaltungsbank ins Plenum.

Etwas von seiner Erfahrung möchte er in die politische Arbeit einfließen lassen, hofft auf einfachere Mehrheitsbildungen als zuletzt. „Denn einiges, was die Politik nur verschoben, aber nicht gelöst hat, wird uns wieder auf die Füße fallen“, ist er sich sicher. Dazu zählt er unter anderem die Flüchtlingsunterbringung, zudem die schwierige Situation auf dem Schulcampus. Die Weigerung der Politik, die Grundschule vorübergehend nach Neschen auszulagern, kompliziere die Bauarbeiten.

Lennerts wird als Parteiloser weiter im Gemeinderat vertreten sein

Vor allem aber appelliert Lennerts an die Verantwortung der demokratischen Parteien, die einzige AfD-Stimme im Rat nicht zum Zünglein an der Waage werden zu lassen. Lennerts politischer Kompass war da immer sehr deutlich.

Und dann ist da noch - bei aller Sicherheit auf dem repräsentativen Parkett - die Heimatverbundenheit des Odenthalers: „Ich möchte für meinen Ort präsent sein“, sagt er und meint damit in erster Linie Eikamp, wo er seine Wurzeln hat, wo seine Eltern einen Bauernhof betrieben, den die Familie heute als Geflügelhof weiter führt, wo er fast jeden mit Namen kenne. Das erde ihn.

In Odenthal kann ein Bürgermeister nicht in der Anonymität untertauchen

Diese Intimität, die andere vielleicht als erdrückend empfinden würden, schätzt er. Anders als in der Großstadt kann ein Bürgermeister in Odenthal kaum in der Anonymität untertauchen, hier bleibt kein Gang zum Supermarkt unbemerkt, wird jeder Kneipenbesuch registriert und nicht selten für Gespräche, Bitten oder auch Kritik genutzt.

Vier Menschen stehen hinter der Theke einer Metzgerei.

Lennerts stammt von einem Hof in Eikamp. Landwirtschaftliche Produkte vertreibt auch sein Sohn mit Feinkost Lennerts direkt am Rathaus.

Der Bürgermeister findet das gut. Nur so bekomme man ein Gefühl für die Stimmungslage in der Bürgerschaft, meint Lennerts, der stolz darauf, dass das Rathaus sich als Dienstleistungsbehörde verstehe und der selbst auch nie versuchte, seine Wohnadresse oder Handynummer geheim zu halten. Wer menschenscheu sei, dürfe dieses Amt nicht anstreben, meint der Bürgermeister: „Wenn Du die Bühne nicht suchst, nicht gerne in der ersten Reihe stehst, dann ist das nichts. Das musst Du abkönnen und wollen.“

Einige Baustellen sind noch nicht abgearbeitet

Für einige Projekte reicht die Amtszeit des Bürgermeisters nun nicht mehr, um das Einweihungsband zu zerschneiden: Das Dhünntalstadion wartet noch auf die Tartanbahn, die St. Engelbertstraße ist Großbaustelle, von der Toilettenanlage Altenberg steht erst die Bodenplatte und das Schulzentrum mit der flutgeschädigten Grundschule wird ohnehin noch viele Jahre benötigen.

Eine Frau im Hosenanzug überreicht einem Mann im Anzug eine Urkunde. Dahinter der Altenberger Dom.

Finanzielle Unterstützung für die Aufwertung Altenbergs: Bauministerin Ina Scharrenbach kam 2020 mit einem Scheck.

Beim „Prinzenblick“ hinunter auf Altenberg, der an diesem Morgen zum Bürgermeisterblick wird, sieht Lennerts aber auch einen seiner größten Erfolge mit internationaler Strahlkraft: die Auszeichnung des Ortes mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel, Ergebnis einer systematischen Aufwertung des ehemaligen Klostergeländes rund um den Altenberger Dom.

Vom Bürgermeister zur Prinzenwürde

In Kürze erwartet den Noch-Bürgermeister eine Standeserhöhung: Nun darf er sein, was er als Odenthaler Repräsentant nicht für angemessen hielt: Prinz im Eikamper Dreigestirn. In dieser Funktion wird er sich wohl schon im Februar den Schlüssel zum Rathaus von Amtsnachfolgerin Laura Lundberg zurückholen, wenn auch nur bis Aschermittwoch.

Und auch dann sei nicht alles vorbei, sagt der 51-Jährige lächelnd: Er werde als freier Dozent an einer privaten Schule in Köln tätig sein, an der auch angehende Verwaltungsfachangestellte ausgebildet würden. Zudem werde er sich im Eventmanagement selbstständig machen: „Feier-Mission“ - Auftrag und Firmenname zugleich.