Politische InitiativeCDU und Grüne wollen Kreisdirektor in Rhein-Berg abschaffen

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Das rheinisch-bergische Kreishaus steht in der Abendsonne vor blauem Himmel.

Es rumort in der Politik hinter den Mauern des Kreishauses. Die Mehrheitskoalition bereitet sich offenbar auf die nächste Wahl 2025 vor.

Es geht um Einfluss, Macht und um die Änderung eines kompletten Systems im Bergisch Gladbacher Kreishaus. Einer bleibt dabei auf der Strecke.

Es rumort hinter den Kulissen des Kreishauses. Die Kreistagsmehrheit von CDU und Grünen plant, noch in diesem Jahr per Hauptsatzungsbeschluss die Struktur der Kreisverwaltung nachhaltig zu verändern – und das Amt des Kreisdirektors abzuschaffen.

Als Hintergrund nennen Vertreter aus beiden Fraktionen die Forderung nach mehr Mitspracherecht der Grünen in der Verwaltungsspitze. Und Grünen-Fraktionschefin Ursula Ehren macht auch keinen Hehl daraus: „Die Repräsentanz in den führenden Verwaltungspositionen bildet nicht mehr das Wahlergebnis ab, seitdem wir bei der vergangenen Wahl unsere Sitze im Kreistag von neun auf 17 Mandate ausgebaut haben.“ Derzeit haben Landrat und Kreisdirektor ein CDU-Parteibuch, haben die Grünen nur in der Riege der Dezernenten mit der engagierten Umwelt- und Verkehrsdezernentin Elke Reichert ein Parteimitglied in der Führungsetage der Kreisverwaltung.

Statt Kreisdirektor soll's künftig einen Allgemeinen Vertreter geben

Allerdings ist das Kräfteverhältnis offenbar nicht der einzige Grund, warum das Amt des Kreisdirektors, nach Auslaufen der Amtszeit von Dr. Erik Werdel Ende Mai nächsten Jahres nicht mehr wiederbesetzt werden soll. „Wir haben ein Unwohlsein dabei, diese Stelle noch einmal für acht Jahre zu besetzen“, sagt Ehren.

Stattdessen soll der Landrat künftig einen Allgemeiner Vertreter erhalten, der vom Kreistag gewählt, bei wechselnden Mehrheiten aber ohne Abwarten einer festgelegten Amtszeit ausgetauscht werden kann.

Warum? „Wir wollen das alle nicht mehr erleben, dass es so ein Desaster gibt wie vor zwei Jahren“, sagt ein Grüner hinter vorgehaltener Hand und spielt damit auf die Auseinandersetzung zwischen dem Landrat und dem Kreisdirektor als Leiter des Krisenstabs in einer Hochphase der Corona-Pandemie an.

Landrat Santelmann will bald sagen, ob er 2025 erneut kandidiert

Zur Erinnerung: Damals war Landrat Stephan Santelmann (CDU) zunächst dem Krisenstab mit Lockerungsentscheidungen im Schulterschluss mit Bürgermeistern in die Arbeit gegrätscht, hatte dann das Krisenmanagement selbst übernommen und war dabei unter anderem durch fehlenden Überblick über die Infektionslage gewaltig ins Schlingern geraten – noch bevor er schließlich selbst an Corona erkrankte, ausfiel und am Ende der Krisenstab wieder übernahm.

Ausgerechnet dessen Leiter Erik Werdel dürfte die von Schwarz-Grün geplante Abschaffung seines Amtes in der Kreisverwaltung nun auf die Füße fallen. Er müsste nämlich, um zumindest seine Pensionsansprüche aus dem Amt zu sichern, für eine dritte Amtszeit kandidieren. Wozu er auch zur Verfügung stünde, wie er auf Nachfrage mitteilte.

Wenn die schwarz-grüne Kreistagsmehrheit allerdings die Abschaffung des Kreisdirektor-Postens im Dezember durchbekäme, könnte sich Werdel gar nicht mehr bewerben – und müsste sich einen neuen Job suchen.

Die Änderung hat überhaupt nichts mit der Person von Herrn Dr. Werdel zu tun.
Ursula Ehren, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag

Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Ehren betont unterdessen, dass die geplante Änderung „überhaupt nichts mit der Person von Herrn Dr. Werdel“ zu tun habe, der sich insbesondere während der Corona-Pandemie   große Verdienste um das Krisenmanagement im Kreis erworben habe. „Gerade deshalb haben wir uns die Entscheidung auch extrem schwer gemacht“, so Ehren, „auch wenn wir sie grundsätzlich für sinnvoll halten.“

Rhein-Bergs Kreisdirektor Dr. Erik Werdel sitzt am Schreibtisch in seinem Büro.

Müsste gehen, wenn die Pläne von CDU und Grünen durchkommen: Kreisdirektor Dr. Erik Werdel (CDU).

Warum auch die CDU das Amt des Kreisdirektors, das einst unter dem damaligen CDU-Fraktionschef Holger Müller in der Hauptsatzung verankert worden war, aufgibt, erklärt der heutige CDU-Fraktionschef Johannes Dünner so: „Ein ,Langläufer' wie der Kreisdirektor, der auf acht Jahre gewählt wird, macht in der Praxis keinen großen Unterschied zu einem Allgemeinen Vertreter des Landrats.“

Holger Müller hatte sich für einen  Kreisdirektor-Posten eingesetzt

Der mittlerweile verstorbene Holger Müller hatte das seinerzeit bei der Verankerung des Kreisdirektors als Vertreter des hauptamtlichen, in direkter Wahl von den Bürgerinnen und Bürgern im Kreis gewählten Landrats noch anders gesehen.

Der CDU-Politiker hatte nach eigenem Bekunden für den Fall vorbauen wollen, dass der Landrat oder die Landrätin im Rheinisch-Bergischen Kreis mal nicht aus den Reihen der CDU sein könnte. Für den Fall hätte man mit dem auf acht Jahre gewählten Kreisdirektor immer noch eine gewichtige Position in der Kreisverwaltungsspitze inne.

Heutiger CDU-Fraktionschef sieht „Langläufer“ als Nachteil

Dünner sieht genau das jetzt offenbar als Nachteil: „Das ist ja, als wenn man auf Bundesebene den Vize-Kanzler für 2,5 Amtszeiten wählen würde.“ Dabei verwehrt er sich gegen den öffentlichen Eindruck, dies könnte auf Druck des grünen Koalitionspartner erfolgt sein.

In den unteren Kreishausetagen schauen diejenigen, die von den Plänen der Mehrheitskoalition bereits Wind bekommen haben – offenbar bislang nur wenige – mit Sorge auf das neue Konstrukt. „Für uns wäre es eine Katastrophe, wenn Kreisdirektor Werdel ginge“, sagt eine Mitarbeiterin.

Und an der Spitze? Landrat Stephan Santelmann (CDU) hatte nach dem Desaster im Krisenmanagement bislang wie berichtet bei jeder Nachfrage nach einer erneuten Kandidatur erklärt, dazu werde er sich später äußern.

Landrat Stephan Santelmann steht vor einem bunten Bild im Kreishaus.

Will voraussichtlich Anfang 2024 sagen, ob 2025 noch einmal antritt: Landrat Stephan Santelmann (CDU)

Bei der jetzigen erneuten Nachfrage der Redaktion ließ er erklären: Er werde sich „voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres“ äußern. Dann wäre – wenn alles nach dem schwarz-grünen Plan läuft – die Hauptsatzung geändert und der Kreisdirektor ab Mai abgeschafft.


Wer Allgemeiner Vertreter werden könnte

Kommen die Pläne von Grünen und CDU, den Posten des bisherigen Kreisdirektors durch einen Allgemeinen Vertreter des Landrats zu ersetzen, durch, hätten die Grünen nicht die Chance, den neuen Posten des Allgemeinen Vertreters direkt aus der Dezernentenriege zu besetzen. Denn der Allgemeine Vertreter muss laut Vorschriften ein „Leitender hauptamtlicher Beamter“ beziehungsweise eine „Leitende hauptamtliche Beamtin“ sein. Die einzige grüne Dezernentin in der Kreisverwaltung, Elke Reichert, ist aber Angestellte und nicht verbeamtet. Von der CDU wird unterdessen derzeit ein anderer Kandidat fürs Amt des Allgemeinen Vertreters in Stellung gebracht: Zurzeit wird das sogenannte Querschnittsdezernat umgebildet, wobei zukünftig Markus Fischer (CDU) die „personellen und organisatorischen Angelegenheiten“ übernehmen soll. Fischer wäre damit ein heißer Kandidat für den neuen Posten des Allgemeinen Vertreters des Landrats. (wg)

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