Vierbeinige HelferAssistenzhunde erleichtern vielen Menschen in Rhein-Berg den Alltag

Lesezeit 4 Minuten
Assistenzhunde-Training: Lotte übt in Bensberg mit ihrem Hund Felipe, wie er sie beruhigen kann. Die junge Frau ist Autistin.

Training mit Felipe: Besitzerin Lotte gibt dem Hund ein Leckerli, wenn er sich in kritischen Situationen auf ihren Schoß legt und sie beruhigt.

Helfer mit Schlappohren und Pfoten - Katharina und Heiko Küsters haben in Overath bilden Assistenzhunde für viele Aufgaben aus. 

 Lotte sitzt auf einer Bank am Hotel Malerwinkel in Bensberg. Ihr Hund Felipe macht einen Satz, legt sich mit dem Oberkörper auf ihren Schoß und leckt ihre Hände. Ein Verhalten, auf das die meisten Hundebesitzer mit „Aus“ oder „Runter“ reagieren würden, den Hund wegschubsen und ihn tadeln. Doch Lotte streichelt ihren Vierbeiner und gibt ihm Leckerlis.

Lotte ist Autistin und hat häufig mit Reizüberflutung zu kämpfen, die sie verstört und verängstigt. „Felipe beruhigt mich, holt mich da raus, oder er bringt mich in eine dunkle Ecke, wo meine Anspannung dann nachlässt.“ Das Gewicht des Hundes auf ihrem Schoß beruhigt die junge Frau, und wenn er ihr die Hände leckt, holt er sie aus dem dissoziativen Zustand heraus.

Trainingsgruppe übt Alltagssituationen

Deswegen trägt der Retriever auch eine Decke, die ihn als Assistenzhund ausweist, ebenso wie die anderen Hunde, die an diesem Vormittag in Bensberg mit ihren Haltern unterwegs sind. Denn die Gruppe, die sich hier zusammengefunden hat, ist eine Trainingsgruppe von „Helfende Pfoten“ aus Overath, der gemeinnützigen GmbH von Katharina und Heiko Küsters.

Seit 17 Jahren trainiert das Ehepaar Hunde der unterschiedlichsten Rassen als vierbeinige Helfer für Menschen mit unterschiedlichen Erkrankungen. „Eigentlich war das reiner Zufall“, schildert Katharina Küsters, „vor 17 Jahren hatten wir den ersten Hund, und er konnte einer Freundin helfen, die an einem Gehirntumor litt.“

Staatlich zertifizierte Trainer

Inzwischen sind die Küsters staatlich zertifizierte Trainer für Assistenzhunde und bilden die Vierbeiner für eine Vielzahl von Aufgaben aus: Die Assistenzhunde unterstützen „ihre“ Menschen bei Mobilitätseinschränkungen, bei psychosozialen Beeinträchtigungen, bei Autismus, posttraumatischen Belastungsstörungen oder Down-Syndrom.

Sie können wittern, wenn es ihrem Menschen schlecht geht, können Medikamente herbeibringen, zeigen an, wenn bei einem Diabetiker der Blutzuckerspiegel in bedrohliche Höhen geht oder ein epileptischer Anfall droht. Gelten Hunde ja bereits allgemein als „bester Freund des Menschen“, sind die ausgebildeten Assistenzhunde weit mehr: Sie geben ihren Menschen Sicherheit, ermöglichen ihnen, Einkaufen zu gehen oder ein Café zu besuchen, geben Sicherheit bei Kreislaufproblemen oder Panikattacken.

Jahrelanges Training für die Hunde

All das haben die besonderen Vierbeiner in einem jahrelangen Training gelernt. Meist verbringen die Assistenzhunde von „Helfende Pfoten“ ihre ersten eineinhalb Lebensjahre in einer der drei Patenfamilien der gemeinnützigen GmbH, wo sie bereits auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werden und eine „Grundausbildung“ bekommen. Das eigentliche Training für die Assistenzhunde dauert rund drei Jahre, etwa 5000 Stunden.

Katharina und Heiko Küsters bieten ihr Training für Menschen und ihre Assistenzhunde nicht nur im Raum Overath und Rhein-Berg an, sie reisen durch ganz Deutschland und arbeiten mit Menschen und Hunden in Kleingruppen. „Vor Corona hatten wir in Overath ein großes Trainingszentrum mit Gelände und Halle“, berichtet Heiko Küsters, der im Hauptberuf Handwerksmeister und Sachverständiger für Haus- und Gebäudetechnik ist. „Das haben wir aufgegeben, zugunsten von Intensivtrainings vor Ort, in denen wir Hunde und ihre Halter täglich etwa vier bis fünf Stunden schulen.“

Sicherheit in Alltagssituationen

Die gGmbH ist zudem noch auf der Sucher nach einem Trainer, der Hunde für Gehörlose ausbilden kann. Derweil geht es in Bensberg weiter mit dem Training von Mensch und Tier, das Ehepaar Küsters erklärt den Menschen am einen Ende der Leine genau, wie sie das richtige Verhalten ihres Hundes hervorrufen können und macht mit ihnen viele praktische Übungen.

Monika, die mit ihrem kleinen Hund Demi am Training teilnimmt, ist mehr als froh, dass sie das Tier im Alltag unterstützt: „Ich habe Kreislaufprobleme und manchmal Panikattacken. Demi ist da eine große Hilfe, dank ihr kann ich einfach mal in die Stadt gehen und ein Café gehen, ohne Angst zu haben.“

Training an belebten Orten

Katharina Küsters berichtet, dass sie mit den Betroffenen und deren Hunden aus der Region an unterschiedlichen Orten trainieren. Die kleinen Gruppen unter der Regie von „Helfende Pfoten“ sind außer in Bensberg beispielsweise in den Köln-Arkaden, in Siegburg oder Sankt Augustin unterwegs, denn die Vierbeiner müssen sich in Alltagssituationen bewähren, wenn es unruhig ist und viele Menschen unterwegs sind.

 Prüfung nach drei Jahren Training für Assistenzhunde

Insgesamt dauert die Ausbildung zum Assistenzhund etwa drei Jahre, und es folgt eine Prüfung, die den Vierbeiner dann zum staatlich geprüften Assistenzhund macht. Doch auch nach dieser Ausbildung kommen viele der erkrankten Menschen mit ihren Hunden regelmäßig wieder zu Trainings, um die Fähigkeiten des Tieres, in kritischen Situationen zu helfen, weiter zu verbessern.

Das Team von „Helfende Pfoten“ bittet deswegen auf seiner Homepage auch um Spenden für die Ausbildung der Tiere, denn nicht immer können sich die Menschen, die einen solchen Hund brauchten, auch die teure Ausbildung leisten. Lottes Mutter Tina ist inzwischen restlos begeistert: „Erst war ich skeptisch, wollte keinen Hund im Haushalt und erst recht keinen mit einer so teuren Ausbildung. Aber er hilft Lotte so sehr, und das beruhigt auch mich. Wenn Lotte mit Felipe unterwegs ist, muss ich mir keine Sorgen machen, er passt zuverlässig auf sie auf.“ 

KStA abonnieren