Yannick Steinbach (SPD/Fors-Park) und Giselher Dick (Grüne/ZLR) kamen in der ersten Runde der Bürgermeisterwahl auf Platz eins und zwei. Nächsten Sonntag, 28. September, folgt die Stichwahl.
StichwahlDie Bürgermeisterkandidaten für Rösrath im direkten Streitgespräch

Im Endspurt im Bürgermeisterrennen in Rösrath: Giselher Dick (links), Yannick Steinbach.
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Der Wahlkampf geht in die Endphase. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Giselher Dick: Die Bürgerinnen und Bürger sind politisch total interessiert und bereit, über Politik zu sprechen. Das ist Demokratie. Ich freue mich auch, dass es ein fairer Wahlkampf war.
Yannick Steinbach: Es war spannend, noch mehr Menschen kennenzulernen als bisher in meinen 32 Jahren in Rösrath. Ich habe im Wahlkampf an Haustüren mit 1500 Menschen gesprochen. Da sind mir neue Perspektiven begegnet, etwa zur Elternbeitragssatzung. Austausch lohnt sich immer.
Dick: Seit 15 Jahren lebe ich in Rösrath, es ist für meine Familie und mich unser Zuhause geworden. Seit vielen Wochen bin ich täglich bei den Bürgern in Haustürgesprächen aktiv und lerne diese Stadt auch von anderen Wahrnehmungen kennen.
Sie haben aber auch unangenehme Erfahrungen gemacht, Herr Steinbach.
Steinbach: Ja, aber das bringt mich nicht davon ab, mich für unsere Heimat einzusetzen. Ich bin überzeugt, dass die Menschen inzwischen erkannt haben, was das Ziel der Angriffe war.
Sie beide haben erkennbar unterschiedliche Profile. Wofür stehen Sie?
Steinbach: Ich stehe dafür, den Charakter unserer Heimat zu bewahren. Dabei ist mir Bürgerbeteiligung wichtig, auch Online-Präsenz. Es geht nicht darum, den Ort umzukrempeln, sondern konkrete Aufgaben abzuwickeln. Umerziehungsstrategien gehören nicht zu meinen Schwerpunkten.
Was meinen Sie damit?
Steinbach: Ich denke zum Beispiel an die Nachhaltigkeitsstrategie, da gab es zum Beispiel die Forderung, überwiegend vegane Speisen in Schul-Mensen anzubieten. Das soll den Eltern überlassen bleiben, finde ich. Deshalb war ich auch gegen diese Strategie.
Dick: Ziel ist, dass die Menschen sagen: „Ich lebe gern in Rösrath.“ Mir geht es darum, konkrete Probleme lösen und nicht irgendwelche ideologische Gefechte führen. Ich wünsche mir Bürgerbeteiligung in Zukunftswerkstätten, die Bürgerinnen und Bürger mit Ratsmitgliedern zusammenbringen. Ich bin bekannt dafür, dass ich Tempo 30 in den Ortszentren befürworte. Das ist kein Selbstzweck, es geht darum, dass die Sicherheit steigt und die Lärmbelastung sinkt. Ich bin absolut ein Mann der Mitte, ich stehe für Selbstverantwortung und Selbstbestimmung. Und für ein vielfältiges, offenes, tolerantes Rösrath, das im Kern so bleibt, wie es ist, aber in der Lage ist, sich aktuellen Herausforderungen zu stellen. Ein Beispiel ist die Frage, wie es uns gelingt, attraktiv für Gewerbetreibende zu werden.

Yannick Steinbach betont seine "Heimatliebe" für Rösrath.
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Die Umsetzung Ihrer Ziele hängt vor allem vom Stadtrat ab. Sehen Sie eine Mehrheit für Ihre Politik?
Dick: Nötig sind Kompromisse. Ich stehe in engem Austausch mit CDU, SPD, Fors-Park, FDP, mit den Grünen sowieso, künftig auch mit der Linken. Ich setze auf viel Dialog und harte Arbeit. Ich sehe zum Beispiel große Übereinstimmungen zwischen dem eigenen Wahlprogramm und dem der SPD. Im Stadtrat ist es wie bei Tarifverhandlungen: Man streitet sich intensiv und kommt mit einem guten Ergebnis raus. Ich bin überzeugt, dass das gelingen wird.
Aber zum Beispiel bei Ihrer Forderung nach Tempo 30 in den Ortszentren sehe ich keine Mehrheit.
Dick: Tempo 30 ist kein Fetisch. Wenn die Mehrheit das nicht für nötig hält, dann ist das so. Die Diskussion darüber wird fast schon wie ein Kulturkampf gesehen, dabei steht Tempo 30 zum Beispiel auch im Programm der SPD.
Und Sie, Herr Steinbach, sehen Sie im Stadtrat Mehrheiten für Ihre Politik?
Steinbach: Absolut. Es gibt inzwischen ein funktionierendes Bündnis zwischen CDU, SPD und Fors-Park. Es geht um die Verstetigung der gemeinsam gefundenen Linie bei unserem Antrag zur Kitabeitrags-Satzung. Grüne und ZLR, die sich zum Beispiel für Mobilitätsmanager und Nachhaltigkeitsmanager einsetzen, sind in der Minderheit.
Dick: Es gab mitnichten ein offizielles Bündnis von CDU, SPD und Fors-Park. Wie groß die Nähe ist oder eben nicht, lässt sich daran ablesen, dass die CDU keine Wahlempfehlung für die Stichwahl gibt. Die FDP auch nicht. Beide Parteien sind neutral. Von einem Bündnis zu sprechen, ist gewagt.
Steinbach: Ich mache das an der inhaltlichen Linie fest.
Dick: Zum Beispiel bei dem Gesamtkonzept für Hoffnungsthal liegen Sie und die CDU meilenweit auseinander.
Im Hauptausschuss gab es aber eine Einigung darauf, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten.
Dick: Es gab zuvor einen anderen Antrag von SPD und Fors-Park. Glücklicherweise hat sich der Antrag der CDU durchgesetzt.
Steinbach: Dass ich das Grundstück an der Bergischen Landstraße als Feuerwehr-Standort bevorzuge, bleibt so. Ein Politiker darf auch mal was wollen. Das spricht aber nicht gegen den Auftrag an einen Stadtplaner, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten.

Giselher Dick stellt seine Fachkompetenz heraus.
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Die Spielräume für Ihre Politik hängen auch von der Haushaltssituation ab. Welche Perspektive sehen Sie?
Steinbach: Ich stehe weiter dafür, dass wir auf Rücklagen zurückgreifen, solange es geht, um eine Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes möglichst lange zu vermeiden. Nötig sind auch Sparmaßnahmen, zum Beispiel der dauerhafte Verzicht auf zurzeit gesperrte Stellen wie Klima- und Nachhaltigkeitsmanager. Auf längere Sicht funktioniert eine Verbesserung der Haushaltssituation nur durch neu zugezogenes Gewerbe, nötig ist eine Entwicklung des Gewerbegebiets Rambrücken durch die Stadt. Auch bei Haus Stade muss die Ansiedlung von weiterem Gewerbe gelingen – durch eine Änderung des Regionalplans.
Dick: In der angespannten Haushaltssituation ist der Königsweg, dass wir die Einnahmen aus der Gewerbesteuer erhöhen. Um die Gewerbeflächen in Rambrücken zu entwickeln, ist es wichtig, dass wir einen Plan haben. Ich hätte dort gerne Handwerker und IT-Unternehmen – Unternehmen, die viele Menschen beschäftigen. Natürlich sollten wir dort Grundstücke verkaufen, wenn es nötig ist. Ich sehe auch noch einen weiteren Silberstreif am Horizont – nämlich, dass die Kommunen vom Infrastrukturpaket des Bundes unkompliziert profitieren können. Ich gehe aber auch davon aus, dass wir um Sparmaßnahmen nicht herumkommen. Ob wir zwei Stellen für Klima- und für Nachhaltigkeitsmanagement brauchen, werde ich prüfen. Nötig ist aber Know-how in der Verwaltung, um Fördergelder zu erschließen. Da liegen große Chancen für uns. Ansonsten will ich nur Stellen nachbesetzen, die für die Auftragserfüllung notwendig sind.
Steinbach: Ich finde, Sie tun den Mitarbeitern der Verwaltung Unrecht: Diese betonen, dass sie selbstverständlich die Akquise von Fördermitteln prüfen. Bei Klima- und Nachhaltigkeitsmanager geht es nicht nur um Fördermittel. Grüne und ZLR fordern in ihren Wahlprogrammen beide Stellen.
Dick: Als Bürgermeister muss ich Politik für alle Menschen machen. Da kann es sein, dass ich hier und da von Wahlprogrammen abweiche.
Was ist Ihre Motivation, Bürgermeister zu werden?
Steinbach: Pure Heimatliebe. Auch die Erfahrungen aus der letzten Wahlperiode, in der ich Projekte so intensiv begleitet habe, treiben mich an. Außerdem hat mir mein näheres Umfeld den Auftrag gegeben, Bürgermeister zu werden: In meinem Heimatwahlbezirk habe ich bei der Bürgermeisterwahl 55 Prozent der Stimmen erreicht.
Dick: Ich habe im ersten Wahlgang eine Zustimmung über ganz Rösrath hinweg bekommen. Wenn man sich die einzelnen 19 Wahlbezirke und ihre Ergebnisse anschaut, erkennt man deutlich, dass Fors-Park seinen Wahlerfolg nur lokal über die vier Wahlbezirke in Forsbach holen konnte.
Welche Qualifikation können Sie einbringen?
Steinbach: Wenn der Bürgermeister nicht nur verwalten soll, muss er politisch steuern. Als Fraktionsvorsitzender habe ich es immer wieder geschafft, das Geschehen der Stadt mit Anträgen zu leiten. So war es oft mein Antrag, der die Debatte vorangebracht hat. Dagegen hatten wir von der Verwaltung wenig politische Steuerung. Ich habe auch bereits mein Fachwissen in Sachen Verwaltung eingebracht: Durch meinen zehnseitigen Änderungsantrag zum Haushalt 2025 haben wir eine vorzeitige Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes auf 1250 Prozent vermeiden können. Ich habe auch angeregt, die Container für die Grundschule in Forsbach auf der Wiese und nicht auf dem Schulhof aufzustellen. Ich habe den klaren Willen, die Wünsche der Bevölkerung umzusetzen. Dafür will ich Wege finden.
Dick: Was muss ein Bürgermeister können? Er muss gut zusammenarbeiten mit dem Rat und die 250 Beschäftigten der Verwaltung motivieren können. Er muss stressresistent sein, sich an der Wirklichkeit orientieren und praktische Lösungen finden, die sich am Alltag der Menschen orientieren. Was bringe ich mit? Ich habe zwei Studienabschlüsse als Volljurist und als Gesundheitsökonom, seit etwa 25 Jahren habe ich Führungserfahrung als leitender Angestellter und Mitglied von Krankenhausleitungen, in einem Corona-Krisenstab und als Abteilungsleiter in einem Landesministerium. Derzeit arbeite ich eng zusammen mit Landesministerien, Bezirksregierung und Kommunen. In verschiedenen Führungsfunktionen gelingt es mir, meine Mitarbeiter mitzunehmen und zu motivieren. Mir wird große Umsetzungsstärke nachgesagt.
Und wie lässt sich Ihr Führungsstil beschreiben, Herr Steinbach?
Steinbach: Ein Vorbild zu sein und dadurch zu führen, ist eines der prägenden Modelle für mich. Ich führe seit fünf Jahren die Stadtratsfraktion Fors-Park, da haben wir konstant an einem Strang gezogen. Ich bin auch offen dafür, was andere zu sagen haben. Ich bin beratungsfähig, aber auch extrem entscheidungsstark.
Sehen Sie sich als Einzelkämpfer oder eher als Teamplayer?
Steinbach: Wenn man mit fünf Geschwistern aufgewachsen ist wie ich, wird einem der Teamplayer von klein auf eingehaucht.
Dick: Ich begegne Mitarbeitern immer auf Augenhöhe. Wo es nötig ist, unterstütze ich meine Leute. Wichtig ist mir ein produktiver Prozess des gemeinsamen Denkens. Meine Mitarbeiter arbeiten in der Regel gerne mit mir, ich kann Entscheidungen gut vermitteln.
Herr Steinbach, Sie sind über 20 Jahre jünger als Herr Dick und konnten nicht 25 Jahre Führungserfahrung sammeln. Wie können Sie Bedenken gegen sich, die daraus resultieren, zerstreuen?
Steinbach: Diese Erfahrung habe ich in der Tat nicht, das liegt in der Natur der Sache. Viele Menschen sehen mich dennoch als Ansprechpartner für ihre Belange und stellen fest, dass ich Lösungen finde. Meine Fraktion habe ich als Vorsitzender allerdings fünf Jahre erfolgreich geführt, keine Fraktion hat bei der Wahl so viel zugelegt wie wir. Gerade diejenigen, die jetzt über Jahre mit mir zusammengearbeitet haben, unterstützen mich. Auf die kann ich mich auch im Amt verlassen.