Kommentierende AnalyseSeltsamer Schulterschluss beim Glasfaserausbau in Rösrath

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Gelbe Glasfaserkabel liegen in einem Verteilerkasten.

In Rösrath soll der Glasfaserausbau weitergehen. (Symbolbild)

Die Rösrather Wählergemeinschaft ZLR und CDU-Politiker machen beim Glasfaserausbau gemeinsame Sache. Unser Autor meint, das ist überraschend.

Beim Glasfaserausbau in den Rösrather Ortsteilen Hoffnungsthal und Lüghausen steht eine Entscheidung an: In den nächsten zweieinhalb Wochen klärt sich, ob die Deutsche Glasfaser ihr dort geplantes Ausbauprojekt durchführt. Abhängig ist das vom Ergebnis der Vorvermarktung, die laut Unternehmen „letztmalig“ bis zum 13. Februar verlängert ist.

Bis dahin sollen 33 Prozent der Haushalte im Ausbaugebiet zusagen, einen Glasfaservertrag abzuschließen – erst ab dieser Schwelle sei das Projekt rentabel, so die Deutsche Glasfaser. Bis jetzt ist aber nur eine Quote von 23 Prozent erreicht.

Dementsprechend liegt es nahe, dass nun die Kommunalpolitik Bürgerinnen und Bürger aufruft, sich jetzt für einen Glasfaservertrag zu entscheiden. Denn die schnelle Datenübertragung macht die Stadt zukunftsfähig, für Betriebe und Privatleute.

Stadt Rösrath geht nicht an die Öffentlichkeit

Überraschend ist vor diesem Hintergrund allerdings, dass nicht die Stadt oder der gesamte Stadtrat an die Öffentlichkeit geht und die Teilnahme an dem Projekt empfiehlt. Stattdessen melden sich nur die Wählergemeinschaft ZLR und CDU-Politiker Uwe Pakendorf, Vorsitzender im Zukunftsausschuss des Kreistags, mit einem gemeinsamen Aufruf zu Wort.

Dass sie sich für den Glasfaserausbau einsetzen, ist erwartbar – dass sie das ohne weitere politische Partner tun, ist dagegen bemerkenswert. Laut Pakendorf, der die von ihm und dem ZLR-Vorsitzenden Giselher Dick unterzeichnete Pressemitteilung verschickt hat, ging die Initiative von der kleinen Gruppierung ZLR aus.

Er habe den Vorstoß „gerne“ unterstützt, weil es „um ein wichtiges Anliegen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger“ in Hoffnungsthal und Lüghausen gehe. Daniel Jaeckel von ZLR sei auf ihn zugekommen, weil er sich „auch schon in der Vergangenheit für den Breitbandausbau auf Kreisebene“ eingesetzt habe, so der CDU-Politiker.

Es ist sehr bedauerlich, dass bei einem solchen Thema nicht der Schulterschluss mit allen Parteien gesucht wurde.
Markus Plagge, Fraktionschef der Grünen in Rösrath

Natürlich könnten dem durchschnittlichen Beobachter der politischen Szene in Rösrath auch andere Stimmen einfallen, die den Glasfaserausbau unterstützen – zum Beispiel Markus Plagge, Vorsitzender im Zukunftsausschuss des Stadtrats und Fraktionschef der Grünen.

Doch Plagge teilt auf Anfrage mit, er sei „nicht um Unterstützung gebeten“ worden „und augenscheinlich die anderen Parteien auch nicht“. Er äußert auch seine Meinung dazu: „Es ist sehr bedauerlich, dass bei einem solchen Thema nicht der Schulterschluss mit allen Parteien gesucht wurde, denn ich bin überzeugt, dass alle diesen Aufruf mitgetragen hätten.“

Doch bei einem Appell aller politischen Kräfte wäre die Initiative der 2020 erstmals mit 4,3 Prozent der Stimmen in den Stadtrat gewählten Gruppe ZLR natürlich weniger aufgefallen. Und der unerwartete gemeinsame Vorstoß mit dem bekannten CDU-Politiker Pakendorf lässt sich tatsächlich als PR-Coup betrachten – jedenfalls aus Sicht der Wählergemeinschaft ZLR, die zwar klein, aber sehr rührig und bei vielen Themen aktiv ist.

So wirkt der Einsatz in Sachen Glasfaser ein wenig wie ein Einsatz in eigener Sache. Das mag zu mehr Wählerstimmen bei der nächsten Kommunalwahl beitragen. Der Zusammenarbeit mit anderen Kräften, etwa mit den Grünen oder der SPD, dient ein solcher Solo-Auftritt dagegen wohl nicht. Dabei ist sie für gelingende politische Initiativen weiter nötig. Und auch die CDU Rösrath wird angesichts des Vorgehens ihres früheren Vorsitzenden Pakendorf möglicherweise die Augen reiben.

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