Sommertour der RedaktionDas Ende der begehbaren Welt – Von Kürten nach Odenthal

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Blütenpracht am Wildblumenweg in Neschen.

Rhein-Berg – Vergangene Woche dauerte es nur Minuten, bis ganze Täler unter Wasser standen. Das Tal, das uns bei dieser vierten Etappe der Redaktionssommertour begleitet, wurde im Laufe von mehreren Jahren kontrolliert geflutet – und markiert heute an vielen Stellen das Ende der begehbaren Welt mitten im Herzen von Rhein-Berg. Mit interessanten Grenzerfahrungen...

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Die Etappe: Von Kürten-Weiden nach Odenthal-Altenberg

Es nieselt, als wir uns von der St.-Anna-Kapelle in Kürten-Weiden auf den Weg machen. Michelle Filter von der Reitschule Evelyn Biesenbach ist gerade mit dem Ausmisten der Pferdeställe beschäftigt. Seit dieser Woche läuft das Ferienprogramm auf dem Hof, Kinder können Ponyreiten, Reitunterricht nehmen oder Reitabzeichen machen.

Gefährdete Tier- Und Pflanzenarten an der Talsperre

Rund 15 Ponys und 13 Großpferde sind auf dem Hof und seinen Koppeln. Das polnische Kaltblut Lukas ist eines von ihnen. Ein gutmütiges Tier, das auch für therapeutisches Reiten eingesetzt wird und mit seinen 20 Jahren schon aufs Rentenalter zugeht, wie die Pferdepflegerin lächelnd erzählt, bevor sie uns bei der Rückkehr unbedingt noch den Weidener Imbiss ans Herz legt: „Vor allem am Wochenende ist da immer was los“, sagt sie.

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Pferdepflegerin Michelle Filter mit Kaltblut Lukas an der Reitschule von Evelyn Biesenbach.

Auf vom Regen ausgewaschenen Wegen geht es hinunter in den Wald. Irgendwo da unten muss die Große Dhünn-Talsperre sein. Zu sehen bekommen wir sie erstmal nicht, denn der zumeist dicht bewaldete Streifen der Schutzzone 1 darf nicht betreten werden – wegen des Gewässerschutzes und weil sich in der Abgeschiedenheit seit dem Bau der Talsperre (1975 – 1985) zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten angesiedelt haben.

Trennung des Dhünntals nach Konfession

Von einer Anhöhe aus ist sie dann doch zu sehen: Deutschlands zweitgrößte reine Trinkwassertalsperre (nach der Rappbodetalsperre im Harz), auch der verheerende Starkregen konnte sie jüngst nicht zum Überlaufen bringen. Zurzeit ist das 81 Millionen Kubikmeter fassende Wasserreservoir, das seinen Namen von einem seiner Hauptzuflüsse, der Großen Dhünn, hat, zu gut 70 Prozent gefüllt. Ein „Landschaftssofa“ auf der Anhöhe lädt bei schönem Wetter zum Verweilen ein.

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Kennen das Tal noch ohne Wasser: Maria und Albert Ortmann.

Eine Infotafel des Strukturförderprogramms Regionale 2010 erinnert daran, dass Menschen früher gerne zur Sommerfrische ins Tal der Dhünn kamen. Zahlreiche Orte wurden abgetragen, bevor das Wasser ab 1984 aufgestaut wurde. 210 Dhünntalbewohner mussten umziehen.

Dabei zeigte sich eine zuvor durchs Tal verlaufene Grenze zwischen den eher evangelisch geprägten Orten nördlich des Tals und den vorwiegend katholisch geprägten Dörfern im Süden. Zahlreiche evangelische Talbewohner zogen in Gebiete nördlich der Talsperre, viele katholische Zeitgenossen in den Süden.

„Zwei-Seen-Blick“ auf dem Weg nach Viersbach

Ein paar Wanderminuten weiter endet eine zweispurige Straße abrupt an einem großen Tor. Maria und Albert Ortmann, die mit ihrem Hund Ben vorbeikommen, erinnern sich noch gut, dass sie einst nach Königsspitze im heute gefluteten Tal führte. Heute wohnen die beiden ein paar hundert Meter weiter oberhalb an der Anfang der 80er Jahre zur Sackgasse gewordenen Straße. Dass der benachbarte Hof vor einigen Jahren den markanten Namen „Kotzberg“ erhielt, störte sie nicht weiter. „Unsere Adresse ist weiterhin Königsspitzer Straße“, sagt sie.

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Eingefleischte Wanderer aus GL: (v.l.)  Marianne Busch, Maggy Becker, Ingolf Schallenberg und Dietmar Becker.

Weiter geht’s nach Richerzhagen. Von der Kuppe an der Straße nach Viersbach sind gleich zwei Teile der Talsperre zu sehen: ein eindrucksvoller „Zwei-Seen-Blick“. Ein paar hundert Meter weiter stapfen Marianne Busch, Maggy und Dietmar Becker sowie Ingolf Schallenberg den Berg hinauf.

Borkenkäferschäden rund um die Dhünn-Talsperre

Werner Gries aus Leverkusen ist schon ein paar hundert Meter voraus. Jeden Donnerstag treffen sie sich mit Gleichgesinnten aus Bergisch Gladbach und Leverkusen zu einer Wanderung mit anschließender Einkehr. An diesem Tag geht’s auf dem Dhünnhochflächenweg D6 zum Landgasthof Dhünntal. „Leider haben immer weniger Lokale unter der Woche mittags noch auf“, bedauern die Wanderer.

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Nur für Wanderer: Holzbrücke über einem Talsperrenzufluss.

Im nächsten Tal ist ein Tor zur Schutzzone doch tatsächlich geöffnet. Aber nur einen Moment, bis Leo Gruhn mit seinem Schlepper samt Rückekarre hindurchgefahren ist. Der 61-jährige Mitarbeiter des Wupperverbands transportiert die gefällten Stämme von nach Käferbefall abgestorbenen Fichten zu einem Sammelplatz.

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Maschinenführer Leo Gruhn vom Wupperverband transportiert mit seinem Schlepper Baumstämme zum Sammelplatz.

50 Festmeter schafft er so am Tag. Und seine Kollegen etwas oberhalb am Hang Richtung Neschen sorgen mit der Säge bereits für Nachschub. Der Borkenkäfer hat auch rund um die Dhünn-Talsperre ganze Arbeit geleistet.

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Nützlicher scheinen da die Kleinlebewesen, die sich am Ortseingang von Neschen auf den Blüten des Wildblumenwegs tummeln. Wildbienen, Hummeln und andere Insekten. Ein tolles Projekt der Dorfgemeinschaft Oberodenthal.

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Die Reporter auf dieser Etappe: Guido Wagner und Claus Boelen-Theile.

Nach einer Rast im Café Heuserin Scheuren folgen wir nun dem Bergischen Weg bergab Richtung Altenberg, vorbei an den Resten der Spezarder Mühle im Pfengstbachtal. Der Bach, den die Mönche der Zisterzienserabtei Altenberg einst zähmten, trug mit dazu bei, dass die frühere Klosterkirche beim jüngsten Starkregen im Wasser stand. Aber das ist eine andere Geschichte.

Am nächsten Wochenende geht es auf der fünften Sommertour-Etappe von Odenthal-Altenberg nach Bergisch Gladbach.

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