BergheimBürgerwindpark auf Glessener Höhe könnte 39.000 Stromkunden versorgen

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Mitglieder der Initiative „Glessen autark“ vor einem Feld, auf dem ein Windkraftprojekt realisiert werden soll.

René Klerx, Jutta Nett, Peter Pütz, Anne Keller, Rolf Brunkhorst, Detlef Werner und Heinrich Kuberski (v.l.) vor der Glessener Höhe, auf der sie ein großes Windkraftprojekt realisieren wollen.

Die Bürgerinitiative „Glessen autark“ setzt sich für einen Windpark auf der Glessener Höhe ein. So sehen die Pläne aus.

Das Pfarrheim platzte aus allen Nähten: Die Bürgerinitiative „Glessen autark“ setzt sich für die Einrichtung eines Bürgerwindparks auf der Glessener Höhe ein und hatte eine Informationsveranstaltung organisiert. Ziel ist es, einen Großteil der benötigten Energie selbst zu erzeugen und so unabhängig vom Strompreis zu werden.

Der Strom aus drei großen Windrädern am süd-westlichen Rand des landwirtschaftlich genutzten Plateaus käme nicht nur den Bürgern zugute, die sich finanziell an dem Projekt beteiligen, sondern allen Glessenern und weiteren Bergheimer Stadtteilen.

„Glessen autark“: Gedanke reift seit 2019

39.000 Stromkunden könnten versorgt werden, hat die Initiative ausgerechnet. Das Team um Rolf Brunkhorst, Dr. Peter Pütz, Dr. Detlef Werner, Jutta Nett, Anne Keller, René Klerx und Heinrich Kuberski hatte mit mehr Gegenwind gerechnet, es gab jedoch trotz kritischer Fragen vorwiegend Unterstützung. „Das ist kein Einfall, der ein paar versponnenen Ü50ern beim Wein gekommen ist“, stellte Betriebswirtin Jutta Nett klar.

Die Idee stammt von Rolf Brunkhorst und Peter Pütz, die nach eigenen Projekten mit Solartechnik und Windkraft „erfahrene Veteranen“ sind. Der Diplomingenieur aus Norddeutschland und der Landwirt wohnen mit Aussicht auf die „windtechnisch ideal gelegene“ Glessener Höhe. Seit Anfang 2019 reift der Gedanke bei den Nachbarn, auf der „Kippe“ Windräder zu errichten.

Windpark in Glessen: Einsparung von 900.000 Tonnen CO2

Weil sich ein solch großes Projekt damals wegen diverser Widerstände als schwer realisierbar erwies, versuchte es die Initiative zunächst mit einer kleinen Lösung: Der Einführung von Solartechnik auf Dächern und anderen geeigneten Flächen in Glessen und Umgebung. „Die Beratung erfolgt als rein ehrenamtliche Tätigkeit, ohne dass irgendwelche wirtschaftlichen Interessen dahinterstehen“, versichert Brunkhorst. Rund 100 Photovoltaikanlagen sind realisiert – ein Engagement, das 2020 mit dem Klimaschutzpreis der Stadt belohnt wurde.

Die Anlagen erzeugen eine Million Kilowatt Strom, wodurch 900.000 Tonnen CO2 eingespart werden können. „Wir versuchen, die benötigten Komponenten wie Montagematerial, PV-Module, Wechselrichter und Batterien durch Sammelbestellung im Großhandel durch Mengenrabatte günstiger zu bekommen. „Glessen autark“ hilft auch dabei, Handwerker zu vermitteln. Jeder Bauherr weiß, wie schwierig ist“, sagt Brunkhorst.

Zurückgeworfen durch die Materialknappheit während der Pandemie, sieht sich die Initiative jetzt wieder im Aufwind, die Warteliste der Interessenten wird länger. „Die Zeiten haben sich geändert“, hob Ortsbürgermeisterin Anne Keller hervor. Der Ausstieg aus Atomstrom und Kohle ist beschlossene Sache, die Länder müssen zwei Prozent ihrer Fläche zur Produktion erneuerbarer Energien bereitstellen. Die Glessener Höhe zählt bisher noch nicht zu den vier ausgewiesenen Bergheimer Vorranggebieten, eignet sich laut Physiker Detlef Werner aber „hervorragend als Standort von Windrädern.

Alle Gegebenheiten seien vorhanden

Die Kippe ist ein wahrer Schatz, den wir heben können – drei etwa 160 Meter hohe Windräder mit einem Flügeldurchmesser von 175 Metern würden reichen, um 51 Millionen Kilowatt zu erzeugen“. Es drohe weder eine „Verspargelung der Landschaft“, noch Gefahren für Vögel oder Menschen durch Infraschall, Verwirbelung oder Verschattung. Auch der Abstand von mindestens 1000 Metern zu den Häusern sei gegeben. Als „nächster logischer Schritt“ ist eine Änderung des Flächennutzungsplans nötig, die die Initiatoren jetzt mit einem Bürgerantrag an den Stadtrat vorantreiben wollen.

Nach der Planungsphase und dem Einholen der erforderlichen Gutachten zur Realisierbarkeit beginnt die zweite Phase, die Gründung einer Betreibergesellschaft. Als Direktvermarkter ist eine Kooperation mit den Stadtwerken Erft vorgesehen. Die Projektkosten werden mit 30 Millionen veranschlagt, wobei 20 Prozent als Eigenkapital bereitgestellt werden müssten, der Rest würde finanziert. Vorgefühlt haben die Glessener auch schon beim Besitzer der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Der habe bereits zugestimmt, seine Felder als Standort für die Windräder zu verpachten. „Die Dauer zur Realisierung wird vier bis fünf Jahre betragen“, schätzt Rolf Brunkhorst.

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