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Flutkatastrophe144 Paten hegen und pflegen ihre Rebstöcke im Rebengarten in Erftstadt

4 min
Ein Mann kniet vor einem Rebstock. Er lächelt in die Kamera.

Ein Rebstock für Professor Dr. Ingo Froböse.

Die Rotarier, Initiatoren des Projekt, wollen einen Ort schaffen, an dem Zuversicht verströmt wird und wo neues Leben wachsen kann.

„Ich kann einfach nicht anders“, sagte Günter Ott. Als Rotarier ist es ja quasi Teil seiner DNA, anderen Menschen zu helfen. Und alleine steht er damit nicht. Vielen Clubkollegen der Rotarier Köln Ville war es eine Herzensangelegenheit zu helfen, als sie das Elend der vielen Menschen nach der Flut im Juli 2021 in Erftstadt und speziell im Stadtteil Blessem gesehen hatten.

Erftstadt: Zuversicht verströmen und das Leben feiern

Allerdings war es ihnen zu wenig, einfach nur Geld zu überweisen. Ihre Hilfe sollte tiefer gehen. Die Rotarier wollten, dass dort, wo die Flut Ängste, Verzweiflung und Zerstörung gebracht hatte, künftig Zuversicht verströmt und das Leben gefeiert wird, wo Freundschaften entstehen und neues Leben wachsen kann. „Und dann war plötzlich die Idee vom Rebengarten hier am Rand des ehemaligen Abgrunds“, so Ott.

Drei Jahre sind seitdem vergangen. In Sichtweite türmen sich noch die hohen Erdhügel, die beim Umbau und der Schließung des ehemaligen nahen Kiesabbaus entstanden sind. In ein paar Jahren wird die Grube wohl bis zum Rand geschlossen und das komplette Gelände landschaftlich völlig neu und naturnah gestaltet sein. „Dann wird rein äußerlich wahrscheinlich nur noch unsere Stele hier im Rebengarten an die Flut erinnern“, sagte Ott.

Die Saat ist aufgegangen
Günter Ott, Rotarier

Wie viele Stunden er bereits in dieses Stückchen Land und in das damit verbundene Projekt des Rebengarten im Burggarten von Burg Blessem investiert hat, bleibt alleine sein Geheimnis. Doch voller Stolz verkündete er: „Die Saat ist aufgegangen.“ Die Idee, die unterschiedlichen Menschen, Sponsoren, Ehrenamtler und Rebstock-Paten auch emotional und mit Blick nach vorne an das Projekt zu binden, sei hundertprozentig gelungen.

„Aktuell haben wir schon 144 Paten“, bilanzierte Ott. Das sei einfach fantastisch. Sollten bald alle 180 Rebstöcke einen Paten haben, könne der Rebengarten sogar noch vergrößert werden. Für jeden Paten hatte Ott ein kleines Geschenk angefertigt – eine Tafel aus Schiefer, die er selber mit seinem Sandstrahlgerät für jeden Paten mit Vor- und Zunamen beschriftet hatte.

Dieser Rebengarten hier ist einfach eine ganz tolle Sache
Professor Dr. Ingo Froböse, Sportwissenschaftler

Ott war es auch, der die Kürbissuppe für die vielen Gäste am Samstag zubereitet und mitgebracht und den Zwiebelkuchen noch am Samstagmorgen frisch für das Fest am Mittag gebacken hatte. Und mit einem kleinen Schluck Wein von der Ahr wurde dann auf die neuen Paten, den Rebengarten, die Rotarier und auf das Blessemer Bürgerforum angestoßen.

„Dieser Rebengarten hier ist einfach eine ganz tolle Sache“, lobte auch Rebstock-Pate Professor Dr. Ingo Froböse. Der Sportwissenschaftler und Buchautor ist auch Rotarier. Das Ereignis der Flut habe ihn veranlasst, so nah seiner Heimat sehr viel deutlicher hinzusehen. „Hier helfen zu können, ist mir einfach ein Anliegen – das ist mir wichtig“, erklärte er.

Erftstadt: Ein Namensschild für jeden Rebstock

So dachte auch Christoph Hack aus Hürth. Als Rotarier, aber auch als Mensch, der ja mitbekommen hatte, wie schlimm die Flut die Menschen in Erftstadt erwischt hatte, wollte auch er helfen. Sie alle freuten sich über das aus Schiefer angefertigte kleine Namensschild. Kaum, dass Ott den Paten gedankt und mit Hiltrud und Armin Beuscher auch den 100. Paten geehrt hatte, schwärmten alle Paten aus, um sich im Rebengarten jeweils einen eigenen Rebstock auszusuchen und mit ihrem Namensschild zu kennzeichnen.

„Der passt“, meinte Froböse, als er einen aus seiner Sicht besonders kräftigen Rebstock entdeckte. „Er hat zwei etwa gleich große Äste - einer ist für meine Frau Bianca und einer für mich“, sagte er. Auch Martina Stupp-Goßlau und ihr Mann Reinhard hatten schnell einen passenden Rebstock ausgesucht. Sie finden es richtig interessant, dass Weinanbau jetzt auch in Erftstadt möglich ist.

Ob der Wein allerdings auch schmeckt, wird sich erst im kommenden Jahr herausstellen, wenn der erste Wein aus Blessem vielleicht sogar schon im Spätherbst probiert werden kann. Bis dahin wird der Vorsitzende des Bürgerforums Blessem Karl Berger ein Auge oder zwei auf den Rebengarten halten und ihn weiterhin hegen und pflegen.

„Ich bin sehr froh, dass so viele Menschen Spaß an diesem Projekt haben“, sagte er. Er selber gehe richtig darin auf. „Dieser Weinberg ist längst mein Hobby“, verriet er. Derweil sind bereits weitere Aktionen am Rebengarten für das Jahr 2026 geplant. „Im Frühsommer wollen wir zu einem gesunden Abend einladen“, verriet Froböse. Dabei gehe es auch um ein gutes Essen.