Die Meinung von Dennis Vlaminck über das Aus für La Musica
La Musica Rhein-ErftMan kann niemanden zu seinem Glück zwingen

Die Musikschule La Musica ist nach 57 Jahren Geschichte.
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Sie wird also jetzt zu Grabe getragen, die Musikschule „La Musica“, im Alter von 57 Jahren. Vier von fünf Kommunen wollten nicht mehr. Dann ist es auch Zeit, den Solidarverbund aufzulösen und Abschied zu nehmen. Denn ohne Solidarität funktioniert er nun mal nicht. Zu seinem Glück zwingen sollte man niemanden. Das ist die traurige Erkenntnis einer Woche, in denen die Stadträte in Bedburg, Kerpen und Pulheim ihre ablehnende Haltung bekräftigten. Zu jeder Beerdigung gehört die Erinnerung daran, was verloren gegangen ist und wie es früher einmal war. Diese Trauerrede müssen sich auch die Totengräber der Musikschule gefallen lassen. Bedburg wollte schon länger nicht mehr, in Kerpen gehörte die Kritik an der Musikschule bereits seit Jahrzehnten zur politischen Tradition, Elsdorf wollte sich zuletzt gar nicht mehr mit dem Thema befassen, und Pulheim zeigte in den letzten Stunden erstaunliche Kühle im Umgang mit der siechenden La Musica. Kondolenzbekundungen? Fehlanzeige.
Stattdessen fragte einer der Kerpener Vertreter in der Auflösungsversammlung des Zweckverbands gar, ob es im Personal der Musikschule denn nicht ein paar Probeverträge gebe, die man schon mal kündigen könne, um Geld zu sparen. Pietätloser geht es kurz vor Weihnachten kaum am offenen Grab. Was verloren geht? Ein unfassbar breit aufgestellter Musikunterricht, ein in fast sechs Jahrzehnten gewachsenes Netzwerk mit musikalischer Kompetenz, große und kleine Ensembles, in denen jeder Anfänger seine ersten Gehversuche in einem Orchester machen konnte.
Big Band, Saxofon-Ensemble, Klarinetten-Ensemble, Querflöten-Ensemble, das große Orchester oder das Blechbläser-Ensemble, all die vielen Konzerte vor stolzen Eltern, Großeltern und Freunden – das ist Geschichte, passé, Vergangenheit. Lohnt es sich wirklich, den Klecks Geld zu sparen? Lohnt es sich wirklich, auf eine Investition in musikalische Bildung und Musikschulangebote in Kitas und Schulen zu verzichten? Ist es wirklich denkbar, mit weniger Geld ein adäquates Angebot in Eigenregie oder in Kooperation mit einer anderen Kommune auf die Beine zu stellen? Ist es wirklich eine Option, gerade den weniger gut betuchten Familien die Chance auf eine günstige musikalische Ausbildung ihres Nachwuchses zu nehmen? Das glauben die Politiker in den unwilligen Kommunen offenbar. Und wenn sie es nicht glauben, ist es ihnen offenkundig egal. Privater Musikunterricht kann niemals das Konstrukt einer kommunenübergreifenden Musikschule auffangen und ersetzen. Klavier-, Gitarren- oder Schlagzeugunterricht mag auf dem freien Markt noch kein Problem sein. Das ist Standard. Aber wer künftig Horn, Klarinette, Oboe, Tuba oder Cello lernen will, wird sich umschauen müssen. Und wer in einem Ensemble spielen will, erst recht. Davon gibt es nicht viele, und schon gar nicht solche, die Anfänger an das Spiel im Orchester heranführen wollen.
Um im Bild des Trauerfalls zu bleiben: Die Stadt Bergheim bietet der Musikschule ein würdiges Hospiz. Mit Wertschätzung bis zum Ende und einer ordentlichen Nachlassverwaltung. Mehr noch. Die Stadt Bergheim will das Erbe bewahren und mit einer eigenen, städtischen Musikschule einen Nachfolger in die Welt setzen. Das Kind soll auch den Namen „La Musica“ tragen. Was den anderen Kommunen an Kultur-Mut fehlt, macht Bergheim wett. Dafür gebührt Politik und Verwaltung Respekt. Niemand erwartet, dass diese kleine „La Musica“ die große ersetzt. Aber wer weiß? Vielleicht erkennt der ein oder andere Bergheimer Nachbar den Wert dieser jungen Institution, und sie wächst zu neuer beachtlicher Größe.

