KlimawandelGeschädigte Baumriesen machen in Brühl Platz für den Wald der Zukunft

Lesezeit 4 Minuten
Zu sehen ist ein Waldarbeiter mit einer Motorsäge.

Eine alte Pappel wird im Villewald bei Brühl gefällt. So entsteht Platz für einen neuen Mischwald.

Die rasante Vermehrung des Borkenkäfers durch die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre sei der Tod der Fichten gewesen.

„Der Wald freut sich“, sagt Stephan Schütte. Und wenn der Wald sich freue, dann sei auch er froh. Schütte ist Chef des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft, und seine Freude steht im direkten Zusammenhang mit dem Regen der vergangenen Wochen und Monate. „So viel Wasser hatte unser Wald nicht mehr seit 2018“, sagt er. Endlich seien die oberen Bodenschichten bis in eine Tiefe von bis zu drei Metern wieder gut gefüllt. Der Waldboden sei wie ein Schwamm. „Jetzt ist dieser Schwamm sogar so voll, dass das Wasser bereits in den Grundwasserspeicher abfließen kann.“

Der gut mit Wasser gefüllte Waldboden biete auch eine ideale Ausgangslage fürs Frühjahr und das beginnende Wachstum der Bäume und der Waldpflanzen. „Unser Wald braucht den Wechsel von Hoch- und Tiefdruckgebieten, von Regen und Sonne“, erklärt der Fachmann. Schütte erinnert an die Fichten. Kaum einer dieser Nadelbäume stehe jetzt noch im Villewald. Die rasante Vermehrung des Borkenkäfers durch die Hitze und Trockenheit der letzten Jahre sei der Tod der Fichten gewesen. Alle mussten raus. Das Holz sei als Bauholz vermarktet worden.

Fichten sind weitgehend verschwunden

Weil allerdings aufgrund der Menge an Fichten-Hölzern die Sägewerke in Deutschland keine Kapazitäten mehr hatten, seien auch große Mengen nach China exportiert worden. Die meisten Flächen, auf denen die Fichten einst standen, seien inzwischen wieder aufgeforstet, durch gezielt gepflanzte heimische Laubbäume und durch eine natürliche Verjüngung. „Diese neue Generation junger Laubbäume wird mit dem Klimawandel besser zurechtkommen als die alte Baumgeneration“, erklärt Schütte.

Alles zum Thema Klimawandel

Grundvoraussetzung sei, dass die Pariser Klimaziele von 1,5 Grad Temperaturanstieg nicht überschritten werden. Doch nicht nur Regen und Sonne im Wechsel sorgen für einen gesunden und grünen Wald. Regelmäßig muss der Wald auch durchforstet werden – so wie zurzeit am Heider Bergsee und unterhalb des Brühler Wasserturms.

Laut schreit die Motorsäge auf: „Achtung“, ruft der Forstarbeiter. Dann knackt es, und im nächsten Augenblick geht wieder ein Baumriese zu Boden. Einzeln und von Hand wird der Wald zurzeit am südlichen Ufer des Heider Bergsees bis zum Schluchtsee durchforstet. Schon jetzt liegen etliche dicke und dünne Stämme im Hang. Mit einem Forwarder werden sie in den kommenden Tagen über eine Seilwinde von den Hängen gezogen.

Dazu muss ab Montag auch der Wanderweg entlang des Südufers bis zum Schluchtsee für etwa zwei Wochen gesperrt werden. „Die Umleitung erfolgt über die Treppe hinter der Campingplatzanlage und ist ausgeschildert“, berichtet Revierförster Uwe Fandler. Er bittet die Waldbesucher um Verständnis. Denn dort, wo der Wald jetzt wegen Baumfällarbeiten gesperrt ist, kann es gefährlich werden. Kommende Woche kommen nämlich auch die großen Holzerntemaschinen zum Einsatz. Bisher sei der Waldboden in der Hanglage vom Regen viel zu weich dafür gewesen.

Brühl: Jeder vierte Baum wird gefällt

Fandler schätzt, dass durchschnittlich jeder vierte Baum dem Wald entnommen werden muss. Denn nur so bekämen die aktuell weiß markierten Zukunftsbäume den Raum und Platz, um sicher und gesund weiter wachsen zu können. „Sie sind die Bäume der Zukunft“, erklärt er. Durch die Entnahme ihrer Bedränger werde das Kronen- und Wurzelwachstum der Zukunftsbäume gefördert und es gelange mehr Licht an den Waldboden, was sich positiv auf die Vielfalt von Fauna und Flora auswirke.

Dann deutet er auf die Ahornbäume, die aussehen, als seien ihre Rinde verbrannt. „Die Bäume sind krank, sie haben die Rußrindenkrankheit“, erklärt der Revierförster. Es handele sich um einen aus Amerika eingeschleppten, sehr aggressiven Pilz, der die Rinde der Bäume zerstört und den Baum absterben lässt. „Das Holz ist Müll und nicht einmal mehr als Brennholz zu gebrauchen“, erklärt Fandler. Die Sporen des Pilzes könnten sogar allergische und asthmatische Reaktionen auslösen. „Diese Bäume können nur mit Maschinen oder aber bei Regen gefällt werden“, erklärt er.

Morsch und alt ist auch der Pappelwald hinter dem Fasanenweiher und unterhalb der Maigler-Wiese. „Die Pappeln zählen noch zur ersten Generation der Bäume, die hier nach dem Ende des Braunkohleabbaus gepflanzt wurden“, berichtet Fandler. Dort werde der Wald umgebaut. „In den nächsten Jahren entsteht hier ein Mischwald mit Stieleichen, Winterlinden, Kirschen, Esskastanien und Hainbuchen.“ Die regelmäßige Durchforstung und Pflege des Waldes diene auch der Rohstoffgewinnung.

Zu sehen ist der Förster neben einem mächtigen Baum.

Revierförster Uwe Fandler bei einem der Zukunftsbäume. Sie sind mit einem weißen Strich markiert. Damit sie sich entfalten und wachsen können, brauchen sie Platz.

Wie Schütte erläutert, benötigt jeder Bürger in Deutschland pro Jahr etwa 1,2 Kubikmeter Holz in Form von Papier, Möbeln, als Baumaterial und in vielen anderen Produkten. Ohne eine forstliche Nutzung der Wälder in Deutschland müsste dieses Holz auf den globalen Märkten gekauft werden. Ein Verzicht auf Holznutzung in den eigenen Wäldern würde daher zu einem weiteren Druck auf die Nutzung der Wälder etwa in den Tropen führen. „Dies kann niemand wollen“, so Schütte.

Das meiste Holz aus dem Villewald ist hochwertig und auf dem Markt sehr gefragt. „Aus unseren Eichen werden sogar Möbel gemacht“, berichtet Fandler. Aus den anderen Hölzern entstünden Paletten, Kisten und Leimplatten, ein Teil gehe in die Papierindustrie, und nur der Rest findet als Brennholz Verwendung.

KStA abonnieren