Halbzeit für Rot-GrünMit der Mobilitätswende in Brühl geht es nur langsam voran

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Blick auf den Schulhof der Gesamtschule. Die Gebäude werden zum Teil von grünen Bäumen verdeckt. Zwei Schüler und zwei Spaziergänger mit ihren Hunden laufen vorbei.

Die bestehende Brühler Gesamtschule könnte ein Pendant erhalten. Die Schaffung einer zweiten Gesamtschule gilt als höchst umstritten.

Halbzeitbilanz in Brühl: Die zweite Gesamtschule ist politisch umstritten – der Bau der neuen Feuerwache nimmt Fahrt auf.

Im Brühler Stadtrat vollzog sich nach der Kommunalwahl ein Wandel. Die Grünen-Fraktion suchte nach der Zeit im schwarz-grünen Bündnis den Schulterschluss mit der SPD. Die neue, sachlich ausgetragene politische Auseinandersetzung der beiden einstigen Partner fällt auch deshalb nicht schwer, weil die Grünen-Fraktion zum überwiegenden Teil aus neuen Gesichtern besteht.

Und diese neuen Ratsleute um Fraktionschefin Simone Holderried und ihren Vize Daniel Buncic erkannten nach der Wahl recht schnell, dass die inhaltlichen Übereinstimmungen mit der SPD die mit den Christdemokraten übertreffen. Rechnerisch wären beide Bündnisse mehrheitsfähig gewesen.

Koalitionsvertrag – auch der Brühler Bürgermeister (SPD) unterzeichnete

Noch vor dem offiziellen Beginn der Zusammenarbeit beerdigten beide Fraktionen Seite an Seite die Pläne für den Ausbau der Bundeshochschule. Der „Heider Bergsee Campus“ wurde nicht genehmigt, um die Frischluftzufuhr der Innenstadt zu gewährleisten und ein Stück unverbaute Landschaft zu erhalten.

Einige Wochen später dokumentierte Rot-Grün dann die gemeinsamen Ziele in einem „Koalitionsvertrag“. Auch SPD-Bürgermeister Dieter Freytag unterzeichnete das Papier.

Brühl: keine Erweiterung des Phantasialands unter Rot-Grün

Die Zeiten, in denen Schwarz-Grün „gegen den Bürgermeister regierte“, waren damit vorbei. Zu den Eckpunkten im Kontrakt zählt ein Veto gegen alle Bestrebungen des Phantasialands, sein Areal zu erweitern.

Auch wenn das Land NRW mit einem Vertrag die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen zum Ausbau geschaffen hat, auch wenn CDU und FDP nicht müde werden, die wirtschaftliche Bedeutung des Freizeitparks zu betonen: Rot-Grün in diesem Punkt Wort gehalten. Ein Sinneswandel ist nicht absehbar.

Großprojekt Brühler Feuerwehrwache in Angriff genommen

Weniger greifbar sind die Ergebnisse in puncto Klima- und Ressourcenschutz. Die Idee, mehr Grün in der Stadt zu schaffen, die Mobilitätswende voranzutreiben und vermehrt alternative Energie zu erzeugen, findet nur langsam den Weg von der Theorie in die Praxis.

Eine gewichtige Weichenstellung nahm Rot-Grün dann gemeinsam mit der CDU vor: Der Bau der neuen, möglicherweise 100 Millionen Euro teuren Feuerwache hat Fahrt aufgenommen.

Neben zwei Ratsleuten der Grünen kommen die verbliebenen Kritiker des Großprojekts aus Reihen der FDP und Piraten.

Erste Vorboten im Konflikt um eine autofreie Innenstadt

Konfliktpotenzial zwischen Rot-Grün auf der einen und CDU sowie FDP auf der anderen Seite bieten insbesondere zwei Felder: die Verkehrs- und Schulpolitik.

Die für den Spätsommer beschlossene mehrwöchige Nutzung des Belvedere-Parkplatzes für Veranstaltungen halten Sozialdemokraten und Grüne für ein wichtiges Experiment, CDU und FDP sehen den Autofahrer benachteiligt und den Einzelhandel gefährdet. Es sind wohl die Vorboten des Konflikts um eine weitgehend autofreie Innenstadt.

In der Schulpolitik sind die Fronten ebenfalls klar erkennbar. Während das rot-grüne Bündnis seine Sympathien für den Bau einer zweiten Gesamtschule nicht verhehlt, üben FDP und CDU deutliche Kritik. Sie wollen das dreigliedrige Schulsystems in der Stadt erhalten. Vor einigen Wochen überreichte der vor rund einem Jahr zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählte André Hess eine Unterschriftensammlung an Bürgermeister Freytag, um die zweite Gesamtschule zu verhindern.

Dass die Übergabe im Rat stattfand, wo Hess bislang keinen Sitz hat, dürfte mancher in doppelter Hinsicht als Vorgeschmack auf den nächsten Wahlkampf empfunden haben.


Nur noch vier Fraktionen im Rat

Aus sechs Fraktionen im Brühler Rat in den ersten Monaten nach der Wahl sind inzwischen vier geworden. Hintergrund ist der Parteiwechsel zweier Ratsherren. So wollte der für die Linke gewählte Eckhard Riedel den Umgang seiner Partei mit dem Ukrainekrieg nicht mehr mittragen und verließ die Linke. Damit platzte auch die Zwei-Mann-Fraktion mit dem Piraten-Ratsherrn Harry Hupp. Inzwischen hat sich Riedel der Partei Volt angeschlossen.

Ebenfalls Geschichte ist die AfD-Fraktion. Nur noch der bisherige Fraktionschef Jobst Schmidt gehört der Partei an. Sein bisheriger Stellvertreter Markus Hausmann hat zum 1. Februar dieses Jahres die Fraktion verlassen.

Hausmann ist nun Mitglied des neuen „Bündnis Deutschland“. Der AfD warf Hausmann „Unprofessionalität, Desorganisation und Opportunismus“ vor.

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